Spielt in Stuttgart: die neue Vorabendserie "Dr. Klein" mit Christine Urspruch in der Hauptrolle Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

„Dr. Klein“ werde das Fernsehen nicht neu erfinden, meint Schauspieler Simon Licht, „aber wir sind damit auf einem verdammt guten Weg“. Ob es eine zweite Staffel der neuen Weißkittel-Serie im ZDF gibt, wird die Quote weisen. So oder so: Licht ist in Stuttgart gerade omnipräsent.

Stuttgart - Oh, wie einfallsreich sind ZDF-Autoren! Da muss man erst draufkommen, war mein erster Gedanke: Die Kinderärztin in der neuen Serie aus Stuttgart heißt ganz überraschend Dr. Klein. Hätte man für die kleinwüchsige und großartige Christine Urspruch, die sie spielt, nicht ein bisschen kreativer sein können?

Konsequenterweise müsste der Chefarzt Professor Schwuchtel heißen (Miroslav Nemec gibt den homosexuellen Klinikchef), der Oberarzt (alias Simon Licht) Dr. Macho und die Pflegerin Schwester Fett. Die Protagonisten stecken tief in der Klischeefalle drin. So turbulent geht es in der „Rosenstein-Klinik“ zu, deren Drehort das Bürgerhospital war, dass man aber eines nach dem ersten Auftritt der 1,32 Meter großen Ärztin festhalten kann: Die Serie „Dr. Klein“ ist besser als die Namensgebung.

Um es in aller Freundschaft zu sagen: Diese Produktion sticht heraus aus deutschen TV-Doktorspielen. Es ist die schrägste Versuchung, seit Professor Brinkmann in der „Schwarzwaldklinik“ nicht mehr wiederholt wird.

Doch wird das Publikum den „Mut“, von dem Christine Urspruch spricht, honorieren? Die Verantwortlich scheinen ihrer Sache nicht ganz sicher zu sein. Die Kulissen im Bürgerhospital wurden ausgeräumt, alles ist zwischengelagert. Denn jetzt beginnt das bange Warten, ob die OP, der Einschnitt auf dem Sendeplatz von „Der Landarzt“ und „Forsthaus Falkenau“, gelingt. Entziehen die Zuschauer der Kinderärztin mit Wegzappen rasch die Approbation?

Das ZDF hatte die als bieder eingestuften Heimat-Klassiker, die freitags um 19.25 Uhr liefen, rausgeworfen, um „mit frechem Stoff“ den Marktanteil bei den Jungen zu verbessern. Es ist eine wichtige Zeit. Es läuft Werbung. Nur wenn Quote und Zielgruppe stimmen, werden die zwölf fertigen Folgen fortgesetzt. Optional ist alles vorbereitet: Wird „Dr. Klein“ ein Erfolg, kann im März 2015 weitergedreht werden. Wir drücken die Daumen! Christine Urspruch ist eine Sympathieträgerin und in der neuen Serie noch mehr sie selbst als im „Tatort“.

In der ersten Szene fährt sie mit ihrem Auto durch den Schwabtunnel in den Westen rein, beobachtet aus der Luft. Während eines Fußball-WM-Spiels der Deutschen hatte man den Tunnel gesperrt, um mit der Drohnenkamera zu filmen. Die Gags und das Spiel mit Klischees hangeln sich um ernste, zum Teil traurige Geschichten herum. Es wird operiert, die Kamera wackelt dramatisch. Aus dem Off ertönt die Stimme von Dr. Klein, der man ein bisschen viel Pathos ins Drehbuch geschrieben hat. Sie muss Dinge sagen wie: „Leben kann Drama oder Komödie sein, im besten Falle beides. Machen Überraschungen das Stück, das Leben heißt, nicht erst interessant?“

Politisch unkorrekt, heißt es beim ZDF, will die neue Serie sein. Doch ist sie es wirklich? Homos sind die Guten, Heteros die Bösen. Der Arzt Dr. Lang, den Simon Licht stark spielt, ist dieser fiese Hetero, karrieregeil, intolerant, unsensibel. Im wahren Leben ist der Hannoveraner Licht 48 Jahre alt, mit der 25-jährigen Schauspielerin Theresa Krentzlin liiert und kaum noch aus Stuttgart wegzubekommen.

Für Sat 1 steht er hier seit Montag vor der Kamera für „Verliebt, verlobt, vertauscht“. Gleichzeitig haben in der Komödie im Marquardt die Proben für das schwäbische Erfolgsstück „Laible und Frisch“ begonnen, in dem Simon Licht, wie in der gleichnamigen SWR-Serie, den norddeutschen Großbäcker, einen Kotzbrocken, spielt. Premiere ist am 13. November.

Dass Sat 1 zu den Schwaben kommt, liegt an 300 000  Euro, die das Land zuschießt. Der einstige Staatsminister Christoph Palmer hatte die Kooperation 2003 eingefädelt, damit die Privaten Stuttgart nicht auslassen und hiesigen Filmschaffenden Arbeit geben. Inzwischen fragt man sich: Hat ein werbefinanzierter Sender mit seichtem Stoff so viel öffentliches Geld verdient? Sollte man nicht lieber damit den Nachwuchs fördern?

In der Komödie „Verliebt, verlobt, vertauscht“ geht es um ein Paar, das beim Ringtauschen von einem magischen Bannstrahl getroffen wird. Die beiden tauschen ihre Körper. Der Mann lebt fortan im Frauenkörper, die Frau im Männerkörper. Ist wohl auch so ein Stück, das Leben heißt. Wir sollten uns aber nicht täuschen lassen: Vom Umtausch ist unser Leben ausgeschlossen.