Der X1 auf seiner Busspur an der Cannstatter Straße Foto: /Lichtgut/Max Kovalenko

Fahrgastmangel und Baustellen – Stuttgarts erste Expressbuslinie von Bad Cannstatt in die Innenstadt fährt heute ein letztes Mal. Danach steht sie vorerst still. Das sind die Gründe.

Eine Ära ist es nicht, die da zu Ende geht. Dafür währte die Existenz des X1 schlicht zu kurz. Im Herbst 2018 drehte der von Anfang an umstrittene Expressbus zum ersten Mal seine Runde zwischen Bad Cannstatt und der Innenstadt. Am Freitagabend geht er zum letzten Mal auf Fahrt. Vorerst, wie man bei den Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) ausdrücklich betont. Die Linie werde nicht eingestellt, sondern unterbrochen. Es dürfen aber Zweifel angemeldet werden, ob die Verbindung jemals zurückkehrt.

Busse im Geparden-Design

Am Marketing hat der überschaubare Erfolg des Schnellbusses nicht gelegen. Die Fahrzeuge, die von Bad Cannstatt kommend eine Runde über den City-Ring drehten, ehe sie wieder das andere Neckarufer ansteuerten, bekamen zu Beginn eine rasante Geparden-Beklebung. „Mit einem Katzensprung in die Innenstadt“ lautete der sinnige Werbeslogan.

Und auch sonst blieb nichts unversucht, dem Experiment zum Durchbruch zu verhelfen. In der Cannstatter Straße war fortan eine der Fahrspuren ausschließlich den Sprintern unter den Stadtbussen vorbehalten, nebst ausgeklügelter Ampeltechnik, auf dass sich die eiligen Gefährte auf der einen Spur nicht in die Quere kommen würden. Knapp 2,7 Millionen Euro hat diese Rückbaumaßnahme für den Autoverkehr gekostet. Der damalige Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) erkannte bei der Jungfernfahrt in dem Konzept „ein sensationelles Modell auch für die anderen Busverkehre der Zukunft in dieser Stadt“.

Wenig Platz in den Stadtbahnen

Zwei Gründe gab es für den Rathaus-Chef, auf den X1 zu setzen. Da war zum einen die hohe Schadstoffbelastung am Neckartor. Mit einer Fahrspur weniger dort und einem höheren Anteil an Nutzern des Nahverkehrs sollte sich die Lage entspannen. Die Einrichtung der Busverbindung schaffte es als Maßnahme zur Verbesserung der Luftqualität in den Luftreinhalteplan für die Landeshauptstadt. Zum anderen waren die auf der Relation Bad Cannstatt-Innenstadt verkehrenden Stadtbahnen der Linie U1 notorisch voll. Mehr Kapazität auf der Schiene, durch ein Anhängen einer zweiten Stadtbahngarnitur wie auf vielen anderen Linien längst praktiziert, scheiterte an zu kurzen Bahnsteigen und dem sehr langen Zeitraum zum Ausbau der Haltestellen dafür.

Kaum Zeitgewinn im Expressbus

Das Problem von Anfang an: Der Expressbus war gar nicht so schnell, wie es sein Name vermuten ließ. Im Vergleich zur Stadtbahn brauchte er in die Innenstadt gerade einmal eine Minute weniger, wobei die Stadtbahn unterwegs deutlich häufiger die Gelegenheit zum Ein- und Ausstieg bot.

Dies alles rief auch die Landespolitik auf den Plan. Der Stuttgarter Landtagsabgeordnete Friedrich Haag (FDP) kam 2021 nach Antworten von Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) auf Fragen nach dem Erfolg des X1 zum Schluss: „Diese Buslinie ist weder effizient noch effektiv, nur teuer.“ Es folgte eine Debatte im Verkehrsausschuss des Landtages. Es war nicht diese Kritik, die schließlich dazu führte, dass der anfängliche Fünf-Minuten-Takt zunächst ausgedünnt wurde, sondern die Erkenntnis, dass der X1 nicht auf die erhoffte Nachfrage stieß. Folgerichtig verkehrte der Bus in einem zweiten Schritt nur noch werktags in den morgendlichen und spätnachmittäglichen Spitzenstunden.

Baustelle ist dem X1 im Weg

Dass er der X1 nun aus den Fahrplantabellen verschwindet, wird offiziell mit der Baustellensituation in der Cannstatter Straße, also an der Stelle mit der eigens eingerichteten Busspur, begründet, die ihre Schatten vorauswirft. Dort muss das Tiefbauamt einen großen Abwasserkanal neu bauen, was temporär auf Kosten der Fahrspuren geht.

Die Einsatzzeiten des X1 und die Bedienung der Haltestellen entlang des City-Rings übernimmt nun, nach dem Fahrplanwechsel an diesem Wochenende, die dann neu eingerichtete Buslinie 47. Statt aus der Innenstadt nach Bad Cannstatt fährt sie nach der Innenstadtschleife durch den Wagenburgtunnel in den Stuttgarter Osten.

Wer noch mal echtes X-1-Gefühl erleben will: Die letzte Fahrt beginnt am Freitag um 18.46 Uhr am Hauptbahnhof. Ciao, X1.