Dieses von der RMS Titanic Inc. veröffentlichte Bild zeigt den Bug der Titanic mit einem großen Teil der fehlenden Decksreling, der in diesem Sommer von einem Unternehmen mit Bergungsrechten an der Wrackstelle bei seiner ersten Expedition seit vielen Jahren fotografiert wurde. Foto: Uncredited/RMS Titanic Inc./AP/dpa

Der Mythos „Titanic“ ist 39 Jahre nach dem Fund des Schiffswracks ungebrochen. Doch die jüngste Tauchexpedition zeigt: Auch in seinem Meeresgrab ist der Luxusliner nicht unverwüstlich. Schon bald wird das Wrack komplett verschwunden sein. Bakterien zerfressen den in 3821 Meter Tiefe liegenden Stahlkoloss.

Die „Titanic“ verfällt unaufhaltsam in ihrem Meeresgrab. Deutlich sichtbar ist das am Bug des Schiffes, wie Fotos und Videoaufnahmen von der jüngsten Tauch-Expedition zum Wrack im Nordatlantik zeigen.

Großer Teil des Bugs hat sich gelöst

Die vordere Spitze des 1912 gesunkenen Luxusliners ist durch James Camerons Schiffsdrama „Titanic“ schon ikonisch verewigt worden. Millionen Zuschauer kennen das rührige Bild von Rose (Kate Winslet) und Jack (Leonardo DiCaprio) mit ausgestreckten Armen am Bug des Schiffes vorn am Geländer des Ozeanriesen. Dort klafft nun auf der Backbordseite des Schiffs ein großes Loch.

Der Bug habe mittlerweile einen rund viereinhalb Meter langen Teil seiner Reling eingebüßt, der nun auf dem Meeresboden liege, erklärte das Unternehmen RMS Titanic, Besitzer des wohl berühmtesten Schiffswracks der Welt, in einem X-Post.

Am 15. April gegen 2.20 Uhr sank die Titanic, nachdem sie am 14. April um 23.40 Uhr im Nordatlantik – etwa 300 Seemeilen südöstlich von Neufundland – einen Eisberg gerammt hatte. 1514 der über 2200 an Bord befindlichen Menschen kamen dabei ums Leben. Foto: dpa

Drastische Veränderung ist unübersehbar

Jahrzehntelang sei er ein Zeugnis für die Widerstandsfähigkeit der „Titanic“ gewesen. Die drastische Veränderung auf den Bildern erinnere daran, dass das Schiff tatsächlich zerfalle. „Nach 112 Jahren auf dem Grund des Nordatlantiks fordert die feindliche Ozeanumgebung ihren Tribut“, bilanziert das Unternehmen.

Bei der Expedition im Juli und August - der ersten des Unternehmens seit 2010 - wurden demnach mehr als zwei Millionen Fotos des Wracks gemacht.

Southampton: Dieses Bild vom 10. April 1912 zeigt die Titanic zu Beginn ihrer Jungfernfahrt. Foto: Uncredited/AP/dpa

„Titanic“-Untergang bekannteste Katastrophe der Seefahrt

Der Untergang der Titanic ist die wohl bekannteste Katastrophe der Seefahrt. Am 10. April 1912 fuhr der als unsinkbar geltende Luxusliner auf seiner Jungfernfahrt vom britischen Southampton nach New York.

Am 15. April gegen 2.20 Uhr sank die Titanic, nachdem sie am 14. April um 23.40 Uhr im Nordatlantik – etwa 300 Seemeilen südöstlich von Neufundland – einen Eisberg gerammt hatte. 1514 der mehr als 2200 Menschen an Bord kamen dabei ums Leben. Das Unglück zog in die Geschichtsbücher ein – und später auch in die Drehbücher Hollywoods.

Am 15. April gegen 2.20 Uhr sank die Titanic, nachdem sie am 14. April um 23.40 Uhr im Nordatlantik – etwa 300 Seemeilen südöstlich von Neufundland – einen Eisberg gerammt hatte. Foto: epa/dpa/PA

1985 wiederentdeckt

Am 1. September 1985 hatte der US-Ozeanograf Robert Ballard zusammen mit seinem französischen Kollegen Jean-Louis Michel das Wrack des legendären Schiffes südöstlich der kanadischen Provinz Neufundland in 3821 Metern Meerestiefegeortet.

Ein Jahr nach der Entdeckung tauchte er hinab.„Es war ein unglaubliches Erlebnis“, schilderte er später seine damaligen Eindrücke. „Wir haben alles sorgfältig fotografiert und ein komplettes Mosaik des Schiffes erstellt.“

Trümmerfeld ist für Meeresforscher eine Schatzgrube

Das Trümmerfeld am Ort der tragischen Katastrophe ist für Forscher aber auch eine Schatzgrube. Bei der Expedition wurden nach Angaben von „RMS Titanic“ zahllose Artefakte ausfindig gemacht, die in künftigen Missionen gehoben werden sollen.

Darunter befindet sich ein Kleinod, dessen Wiederentdeckung auf dem Meeresboden die Forscher regelrecht beglückte: Es handelt sich um eine rund 60 Zentimeter hohe Bronze-Statue der römischen Göttin Diana, die einst auf dem Kaminsims einer Erste-Klasse-Lounge thronte.

Das Bild zeigt die Bronzestatue „Diana von Versaille“ der „Titanic“, die in diesem Sommer von einem Unternehmen mit Bergungsrechten an der Wrackstelle bei seiner ersten Expedition seit vielen Jahren fotografiert wurde. Foto: Uncredited/RMS Titanic Inc./AP/dpa

Die Kabine sei beim Sinken des Schiffes aufgebrochen und die Statue herausgespült worden, heißt es in einer Mitteilung. Am letzten Tag des jüngsten Tauchgangs sei sie in dem Trümmerfeld gesichtet und fotografiert worden. Jetzt seien Dianas „wunderschöne und filigrane“ Details erstmals seit 112 Jahren wieder zu sehen.

Bakterien und Seegang setzen dem Wrack zu

Der langsame Zerfall des Wracks bereitet den Forschern schon länger Sorge. Starker Seegang und bakterieller Eisenfraß machen dem Koloss zu schaffen. Schon in 15 bis 20 Jahren könnten die Überreste komplett verschwunden sein, schätzen Wissenschaftler des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts (AWI) für Polar- und Meeresforschung.

Forscher entdeckten vor einigen Jahren in den Rostflocken eine Bakterienart, die nach ihrem Fundort „Halomonas titanicae“ genannt wurde. In der kalten Tiefsee müssten die Schiffsüberreste geschützt sein. Tatsächlich aber zersetzen die Mikroben trotz der Kälte die Schiffswände. Sie tragen dabei nicht langsam Millimeter für Millimeter die Oberfläche ab, sondern verursachen Lochfraß. Dadurch wird das Wrack instabil und fällt irgendwann zusammen.

Auch den Grund für die Zersetzung des Unesco-Weltkulturerbes kennen die Wissenschaftler. Die Bakterien entziehen dem Eisen Elektronen als Energiequelle, um wachsen zu können. Sie leben also direkt vom Metall.

Hochauflösende 3D-Aufnahme des Wracks der Titanic in 3821 Meter Tiefe. Foto: AFP/BBC/Atlantic Productions/Magellan

Zerfall der Schiffsreste ist unabwendbar

Anfang der 90er Jahre hatte sich das Unternehmen die Rechte an der Verwaltung der Wrackstelle gesichert, seitdem organisierte es mehrere Expeditionen. Bislang wurden dabei vor allem technische Gerätschaften, Schmuck, Münzen und andere Erinnerungsstücke geborgen. Sie wurden restauriert und zum Teil ausgestellt.

Trotz aller Bemühungen: Der Zerfall des Wracks sei unabwendbar, schreibt das Unternehmen. Das bestärke die Forscherinnen und Forscher jedoch bloß in ihrer Mission, die Zeugnisse der Vergangenheit zu dokumentieren und zu erhalten, bevor es zu spät ist.