Der Konzern streicht allein in Deutschland 13.000 zusätzliche Stellen, vor allem in der Region Stuttgart. Viele von ihnen dürften Abfindungsangebote erhalten. Wie geht man damit um?
Mit dem massiven Programm, durch das Bosch 13.000 zusätzliche Stellen einsparen will, dürften viele Beschäftigte einen sogenannten Aufhebungsvertrag vorgelegt bekommen. Dies ist aus Sicht des Unternehmens eine Möglichkeit, sich gegen die Zahlung einer Abfindung rechtssicher von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu trennen – solange diese zustimmen.
Für die Beschäftigten gibt es dabei einiges zu beachten, wie der Stuttgarter Arbeitsrechts-Experte Frank Hahn kürzlich im „Auto-Talk“ unserer Zeitung erläuterte. Regel Nummer eins ist demnach, nicht vorschnell zu entscheiden und zu unterschreiben, sondern sich die notwendige Bedenkzeit zu nehmen. Zwar zahlen Unternehmen für Beschäftigte, die sich zu viel Zeit lassen, oft eine höhere Abfindung – doch die Zeit für eine gründliche Überlegung sollte sein.
Zu dieser Überlegung gehört laut Hahn auch die Frage, was geschieht, wenn man den Aufhebungsvertrag nicht unterschreibt. Zwar sei die Unterschrift freiwillig, doch wer nicht unterschreibt, müsse immer noch die Möglichkeit ins Kalkül ziehen, dass das Unternehmen dann tatsächlich eine betriebsbedingte Kündigung ausspricht. Eine realistische Einschätzung, ob das Unternehmen eine Trennung vom jeweiligen Mitarbeiter anstrebt, sei hilfreich.
Auch die steuerliche Situation sollten Bosch-Beschäftigte beachten
In Betracht gezogen werden müsse auch die steuerliche Situation, denn bei den Abfindungssummen handle es sich um Bruttobeträge, die versteuert werden müssen. Auch ist mit einer Sperrfrist beim Arbeitslosengeld von zwölf Wochen zu rechnen, und der Zeitpunkt der Auszahlung kann unter steuerlichen Aspekten ebenfalls eine Bedeutung entfalten.
Bei Bosch laufen zwar riesige Programme zum Stellenabbau, doch die Mitarbeiter der Kfz-Sparte Mobility sind bis Ende 2027 vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt, manche auch noch länger – nach Auslaufen der entsprechenden Betriebsvereinbarung könnte das Unternehmen rechtlich auch Kündigungen aussprechen.
Unternehmen wollen Kündigungen möglichst vermeiden
Dies ist aus Sicht des Unternehmens aber kompliziert, weil dabei die sogenannte Sozialauswahl angewendet werden muss und sozial schutzbedürftige Beschäftigte, die lange dabei sind, ein höheres Alter oder Unterhaltspflichten gegenüber Kindern haben, besonders geschützt werden sollen, ebenso wie Behinderte oder Mitglieder des Betriebsrats. Daher hat das Unternehmen ein erhebliches Interesse, auf ein freiwilliges Ausscheiden hinzuwirken, das rechtliche Auseinandersetzungen um die komplizierte Sozialauswahl vermeidet.
Arbeitsgerichte sprechen nach Hahns Aussagen in der Regel Abfindungen in der Höhe von einem halben bis einem, manchmal auch vom 1,5 Bruttomonatsgehältern pro Jahr der Beschäftigung zu.
Schließt Bosch ganze Bereiche, wird es schwieriger
Besonders schwierig ist die rechtliche Lage für Beschäftigte, deren Bereich komplett geschlossen wird – das gilt bei Bosch für die Produktion von Verbindungstechnik in Waiblingen. Dort sollen die Arbeitsplätze aller Beschäftigten wegfallen, für die es dadurch rechtlich schwieriger wird, sich gegen eine Kündigung zu wehren. Denn wenn alle Arbeitsplätze eines Teils eines Betriebs entfallen, ist – je nach konkreter vertraglicher Situation – eine Sozialauswahl nicht mehr möglich.
https://youtu.be/_Tp90tFhxTk?feature=sharedDie Alternative, eine Abfindung zu verweigern und auf den Erhalt des Arbeitsplatzes zu bestehen, ist dann schwieriger zu verwirklichen. Welche Regeln im konkreten Fall gelten, hängt aber immer auch von der individuellen Situation ab – etwa davon, wo und wie Beschäftigte laut ihrem Arbeitsvertrag eingesetzt werden können.