Bei der Protestfahrt im Februar hat die Taxibranche in Waiblingen ihrem Ärger gehörig Luft gemacht. Foto: Gottfried / Stoppel

Die wegen laxer Kontrollen kritisierte Behörde verhängt teilweise fünfstellige Strafgebühren. Sieben Unternehmen aus dem Kreis sind betroffen.

Nach massiven Protesten der Taxibranche gegen die unliebsame Konkurrenz über Smartphone-Apps greift das Landratsamt in Waiblingen jetzt durch. Gegen sich nicht an die Regularien haltende Mietwagen-Unternehmen mit dem Uber-Dienst wurden in den vergangenen Wochen insgesamt 368 Bußgelder verhängt, ein Novum im seit Jahren tobenden Streit in der Fuhrpark-Szene.

 

Die Höhe der vom Amt für den öffentlichen Nahverkehr ausgesprochenen Strafgebühren liegt laut einer Mitteilung der Aufsichtsbehörde in einzelnen Fällen bei bis zu 10 000 Euro. „Ein fairer Wettbewerb ist uns wichtig. Deshalb sind wir den bei uns eingereichten Beschwerden bewusst und konsequent nachgegangen“, sagt Rems-Murr-Landrat Richard Sigel.

„Jeder zweite Uber-Fahrdienst verstößt gegen Vorschriften"

Die Zahlen zeigen, dass sich jeder zweite Fuhrbetrieb mit der Uber-App nicht an die Bestimmungen fürs Transportgewerbe gehalten hat. An Rems und Murr sind dem Waiblinger Landratsamt insgesamt 13 Unternehmen bekannt, die mit dem Internet-Dienstleister zusammenarbeiten. Im Einsatz haben die Betriebe insgesamt 41 Fahrzeuge, eine auffällige Ballung ist in Fellbach und Waiblingen zu erkennen – in unmittelbarer Nähe zur Stuttgarter Stadtgrenze lohnt sich das Chauffeurgeschäft offenbar mehr als auf dem flachen Land.

Mit Verstößen ertappt hat das Waiblinger Landratsamt exakt sieben der 13 Fahrdienst-Betriebe – das Mindest-Bußgeld beginnt bei 500 Euro und reicht bei einem chronischen Hang zu Verfehlungen bis in den fünfstelligen Bereich. Allerdings ist offen, ob im Rems-Murr-Kreis nicht noch weitere Uber-Piloten unterwegs sind – gemeldet werden muss eine Kooperation mit der Smartphone-App dem Landratsamt nicht. Und: Auch eine Deckelung der Mietwagen-Lizenzen ist an Rems und Murr nicht möglich. Da keine Kommune die 100 000-Einwohner-Marke überschreitet, haben Möchtegern-Chauffeure einen Freifahrtschein.

Auslöser für die Proteste der Taxi-Lobby gegen die unliebsame Konkurrenz sind vor allem Verstöße gegen die Rückkehrpflicht. Während reguläre Taxifahrer nur im Ort ihres Betriebssitzes auf Kundschaft warten dürfen, sind Mietwagen verpflichtet, nur auf Bestellung zu fahren. Nach der Auftragstour muss es zurück in die eigene Fahrzeughalle gehen – zumindest, wenn sich der Uber-Pilot an die Vorschriften hält.

In der Praxis aber, so beklagt das Chauffeurgewerbe, lungern die schwarzen Schafe der Mietwagenbranche auch ohne konkreten Fahrauftrag nahezu permanent in der Landeshauptstadt herum. „Die warten dann an Stellen mit viel Publikumsverkehr oder blockieren die für uns reservierten Plätze etwa am Stuttgarter Bahnhof“, sagt Iordanis Georgiadis, der Vorsitzende des Taxiverbands Stuttgart.

Mit 300 Fahrzeugen in Waiblingen striktere Kontrollen gefordert

Ihrem Unmut über die laxe Kontrolle der Konkurrenz hat die Taxi-Branche erst Anfang Februar gehörig Luft gemacht. Bei einer Sternfahrt durch Waiblingen rollten knapp 300 Fahrzeuge mit Warnblinkern und Protestplakaten durch die Bahnhofstraße zum Landratsamt, der Behörde wurde mit einem Pfeifkonzert und Buhrufen vorgeworfen, bei der Aufsicht über die Mietwagenfirmen schlicht untätig zu sein. „Uber könnte gar keine Fahrten anbieten, wenn nicht gegen die ganzen Bestimmungen verstoßen würde“, hieß es bei der Protestkundgebung.

Der Eindruck, dass der Streit ums Kuchenstück im Landratsamt eher nachrangig behandelt wird, kommt nicht von ungefähr. Seit dem Start von Uber in der Region Stuttgart im November 2019 hat der Rems-Murr-Kreis gerade mal vier Bußgelder in Höhe von jeweils 100 Euro gegen die oft deutlich günstiger fahrende Konkurrenz verhängt.

Das sieht nach der jetzigen Kontroll-Offensive deutlich anders aus. Seit die Taxibranche bei ihrer Protestfahrt auf die Hupe gedrückt hat, sind Bußgeldverfahren im Volumen von mehr als 33 000 Euro gegen die sieben Unternehmen eingeleitet worden. „Wir werden konsequent am Ball bleiben“, verspricht Landrat Richard Sigel – wohl wissend, dass es mit einem auch juristisch rechtssicheren Nachweis in der Praxis schwierig werden kann.

„Wie will ich als Behörde denn kontrollieren, ob einer nur kurz auf die Toilette geht, sich einen Fleischkäswecken holt oder vielleicht doch auf den nächsten Fahrgast wartet“, sagt der Chef der Kreisverwaltung zur Frage nach der Umsetzbarkeit. Das Landratsamt macht auch kein Geheimnis daraus, dass es bei den 368 jetzt verhängten Bußgeldern sozusagen Amtshilfe aus der Taxibranche gab. Bei der Protestfahrt im Februar hatte Cheflobbyist Georgiadis dem überraschten Landrat einen dicken Ordner in die Hand gedrückt – die von Taxifahrern gesammelten und teilweise mit Screenshots und Handyfotos dokumentierten Verstöße von Uber-Fahrern gegen die Auflagen.