Die Pläne sehen vor, dass das Neubaugebiet an den Ortsrand angrenzt. Die Streuobstreihe soll erhalten bleiben. Foto: Stefanie Schlecht

Eine Bürgerinitiative in Steinenbronn möchte verhindern, dass die Gemeinde am Ortsrand ein Stück Natur mit Häusern zubaut. Rund 800 Unterschriften dagegen gibt es. Der Bürgermeister Ronny Habakuk hingegen betont den dringenden Bedarf an neuem Wohnraum.

Mehr Wohnraum schaffen oder Natur erhalten? Über diesen Zwiespalt ist in Steinenbronn eine Diskussion entbrannt – die sogar zur Gründung einer Bürgerinitiative geführt hat. Ende November hat Achim Lotter, der mit seiner Familie in Steinenbronn wohnt, mit einigen Mitstreitern „Steinenbronn – Balance für Natur und Leben“ gegründet. Sie wollen verhindern, dass am Ortsrand Wiesen Wohnungen weichen müssen.

 

Konkret geht es um das Baugebiet Gubser II, das sich gen Westen an Dornröschen-, Rotkäppchen- und Schneewittchenweg anschließt. Seit dem Jahr 2016 wurde über die Bebauung dieses Bereichs immer wieder im Gemeinderat diskutiert und schließlich entschieden, das Gebiet als künftige Wohnbaufläche in den Flächennutzungsplan 2030 aufzunehmen. Ende 2021 wurde dem Gemeinderat ein erster städtebaulicher Entwurf präsentiert, der vorsieht, das Gebiet abschnittsweise zu bebauen. Vorerst geht es nur um eine Bebauung westlich des Dornröschenwegs, Gubser II Nord.

Im April dieses Jahres kam das Bauvorhaben erneut auf die Tagesordnung des Gemeinderats: Das Gremium beschloss die Aufstellung des Bebauungsplanes. Bürger hatten im August und September die Gelegenheit, Stellung zu nehmen. Auch Achim Lotter teilte der Verwaltung seine Einwände mit – und er startete eine Petition gegen das Bauvorhaben, die inzwischen knapp 800 Personen unterzeichnet haben.

Bürger: Keine intakte Natur zubauen

Etwa 50 von ihnen haben sich der jüngst gegründeten Bürgerinitiative angeschlossen. Ihnen geht es zum einen um den Erhalt der Natur. Das Gebiet sei ein vielgenutztes Naherholungsgebiet, sagt Lotter. Anwohner würden dort spazieren gehen, Kinder im Winter Schlitten fahren und im Herbst Drachen steigen lassen. „Das ist intakte Natur. Es wäre ewig schade, sich so was zu verbauen“, sagt der 54-Jährige.

Was ihn besonders stört: Es gehe der Gemeinde darum, mit dem Verkauf des Baugebiets Gewinne zu erzielen, um damit die viele Millionen Euro teure Sanierung der maroden Straße Sonnenhalde sowie ein Feuerwehrgerätehaus zu finanzieren. Im Protokoll der Gemeinderatssitzung Ende November heißt es: „Wichtig ist, dass die Planungen für Maurer IV und Gubser II voranschreiten, sodass es zu einer gewinnbringenden Vermarktung der Grundstücke kommt und Erlöse in den Haushalt zurückfließen.“ Und weiter: „Beide Projekte sind ohne eine gewinnbringende Vermarktung der Flächen im Gubser II und Maurer IV nicht realisierbar.“

So sieht der Plan aus. Foto: Gemeinde

Daher rühre wohl die Dringlichkeit, das Bauprojekt voranzutreiben, vermutet Lotter. „Die Gemeinde versucht, ihr Tafelsilber zu verkaufen. Wir sagen: Wenn die Gemeinde Geld braucht, muss sie anders vorgehen, zum Beispiel Kosten sparen.“

Gegenüber unserer Zeitung widerspricht Bürgermeister Habakuk diesem Vorwurf: „Dass die Gemeinde das Gebiet nur aufgrund finanzieller Gründe entwickelt, entspricht nicht der Wahrheit.“ Vielmehr bestehe in Steinenbronn eine anhaltend hohe Nachfrage nach Wohnraum sowohl für Familien als auch für Senioren. Mit der Entwicklung des ersten Abschnitts solle der kurzfristige Bedarf der Gemeinde gedeckt werden. Weitere Abschnitte seien erst mittel- und langfristig vorgesehen. „Auch die nachwachsende Generation muss die Chance haben, in Steinenbronn wohnen und einen Haushalt gründen zu können“, sagt Habakuk. „Wir haben eine ellenlange Interessentenliste.“

Sorge vor dichter Bebauung und mehr Verkehr

Ein weiterer Vorwurf der Bürgerinitiative ist, es seien vier Mehrfamilienkomplexe von zwölf Metern Höhe mit Platz für bis zu 100 Bewohner geplant. „Diese Mehrfamilienhäuser passen nicht in die Dorfstruktur von Steinenbronn. Außerdem ist die Infrastruktur dafür nicht geeignet“, sagt Lotter. Der zusätzlich anfallende Verkehr sei undenkbar. „200 Autos mehr, das passt nicht, es ist jetzt schon jeden Morgen und Abend Stau.“ Auch sei das bestehende Entwässerungsnetz für das Neubaugebiet nicht ausreichend. Das Gebiet sei bekannt für seine feuchten Böden und Wasserquellen, die bereits heute den Nachbargrundstücken Probleme bereiteten.

Der Bürgermeister weist auch diese Kritik zurück. Was gebaut werde, sei noch völlig offen. Dem Gemeinderat sei einstmals wichtig gewesen, Wohnraum für einen Querschnitt der Bevölkerung zu schaffen. „Wenn der Gemeinderat beschließt, er möchte keine Mehrfamilienhäuser, dann werde ich das umsetzen“, sagt Habakuk. Die Entwässerung sei vorab untersucht worden – mit dem Ergebnis, dass sowohl Regen- als auch Schmutzwasser im ersten Bauabschnitt über den Bestand ableitbar sei. Eine weitreichende und kostspielige neue äußere Erschließung sei nicht erforderlich. An einem Verkehrskonzept werde aktuell gearbeitet. Den Vorschlag der Bürgerinitiative, im Inneren des Ortes zu bauen statt außen, unterstützt Habakuk grundsätzlich. Allerdings seien die Möglichkeiten begrenzt, da sich Baulücken und Leerstände in Privateigentum befänden. Sie zu aktivieren sei schwer umsetzbar.

Termin Bei der nächsten Sitzung des Steinenbronner Gemeinderats am Dienstag, 17. Dezember, steht das Baugebiet erneut auf der Tagesordnung. Dann werden die eingegangenen Stellungnahmen der Bürger behandelt.