Kräne stellen und bauen würden viele gern in Stuttgart, doch bis die Genehmigung erteilt wird, dauert es oft sehr lange. Foto: IMAGO/Arnulf Hettrich/IMAGO/Arnulf Hettrich

Wer in Stuttgart bauen und mehr Wohnraum schaffen will, muss zu viel Geduld aufbringen und extra Kosten einplanen, weil es im Baurechtsamt hakt und digitalisierte Akten kaum auffindbar sind. Verbesserungsvorschläge kommen – reichlich spät, kommentiert unsere Autorin.

Ein erstes Lebenszeichen vom Stuttgarter Baurechtsamt nach fünf Monaten und sieben Tagen, obwohl die Behörde den Bauantrag laut Landesbauordnung schon nach zehn Tagen auf Vollständigkeit zu überprüfen gehabt hätte. Zwei Jahre und fünf Tage Warten auf die Genehmigung eines Bauantrages. Solche Vorgänge kosten eine Bauherrschaft in Stuttgart schon mal 80 000 Euro extra. Sie muss deutlich länger als geplant Miete und schon den Kredit bezahlen beispielsweise. Und auch Baumaterial wird in der Regel eher teurer als günstiger mit der Zeit.

 

Andere Bauwillige warten eineinhalb Jahre, 13 Monate, bis sie beispielsweise ein Haus sanieren und dadurch zusätzlichen Wohnraum schaffen können. So engagiert die Angestellten im seit Jahren unterbesetzten Stuttgarter Baurechtsamt ihren Dienst tun – Bauherrschaften, Investorenfirmen, Architekturbüros brauchen zu viel Geduld beim Warten auf Erteilung von Bauanträgen in Stuttgart.

Digitalisierte Akten im Baurechtsamt können nicht gefunden werden

Anders als früher gibt es auch nicht mehr einen wöchentlichen Tag der offenen Tür, wo Antragsteller ohne Terminvereinbarung vorsprechen können, um Probleme und Fragen im persönlichen Gespräch rascher zu klären als es über E-Mail-Verkehr möglich wäre.

Dass die Zustände unhaltbar sind, und das seit Jahren, ist ja selbst den Verantwortlichen klar, allen voran dem zuständigen Baubürgermeister Peter Pätzold. Es hapere an zu vielen, unter anderem an zu vielen, zum Teil einander widersprechenden Vorschriften und daran, dass Personal fehle – oder rasch wieder kündige. Problem erkannt, Gefahr nicht wirklich gebannt. Verantwortung sieht anders aus.

Nun kam ein neuerlicher, verstörender Verzögerungsgrund ans Licht: „Die Übersicht bei digitalisierten Altakten ist nicht gegeben, da sämtliche Dokumente als PDFs abgelegt wurden, von denen nur ein sehr geringer Anteil mit einem Namen versehen wurde, der auf den Inhalt des PDFs schließen lässt.“

Um digitalisierte Bauakten zu finden, müssen zuweilen hunderte dieser Dokumente einzeln geöffnet werden, bis das Gesuchte gefunden ist. Immerhin als Slogan taugte der Vorgang: „Wir können alles außer Digitalisierung“. Doch ernsthaft: Wie viel Zeit und Geld der Bauherrschaft auf diese Weise verloren geht, wie frustrierend das für engagierte Angestellte im Amt sein muss, das grenzt an einen Skandal.

Nichts an den Problemen, das sich nicht beheben ließe. Regeln sind nicht in Beton gegossen, Menschen können eingestellt werden. In Stuttgart kann an drei Institutionen Architektur studiert werden. Wegen der Baukrise suchen die Architekturbüros auch nicht mehr so viel Nachwuchs, es müsste also qualifiziertes Personal zu bekommen sein.

Nun heißt es, nachdem ein Jahr lang extern untersucht wurde, woran es hakt, es sei Besserung in Sicht. „17 Optimierungsmaßnahmen“ werden versprochen, um die Zeit bis zur Erteilung eines Bauantrages „signifikant“ zu verkürzen. „Der Gemeinderat unterstützt das Ziel, die notwendigen Maßnahmen einzuleiten“. Schön zu hören. Bis dahin aber – vermutlich bis 2026 – müssen private und öffentliche Bauherren, Planer weiter Langmut beweisen.