Auch die letzte Filiale des Unternehmens an der Heusteigstraße 35 wird nun geschlossen. Foto: Lea Germey (z)

Schock im Heusteigviertel: Die Traditionsbäckerei Hafendörfer schließt Ende Oktober ihre Türen. Wir haben nachgefragt, warum.

Nach 127 Jahren ist Schluss! Die Bäckerei Hafendörfer schließt auch das Stammhaus im Heusteigviertel. Am 31. Oktober geht eine lange Familientradition zu Ende.

 

„Liebe Kundinnen und Kunden, nach vielen wundervollen Jahren voller duftender Backwaren, herzlicher Begegnungen und gemeinsamer Morgenrituale ist es nun an der Zeit, Abschied zu nehmen“, steht auf einem Plakat an der Tür der Bäckerei und Konditorei. „Jeder Plausch über den Tresen, jedes Lächeln beim Brötchenkauf und jedes liebe Wort hat den Heusteigbäck zu einem besonderen Ort gemacht. Er war für uns nie nur ein Arbeitsplatz – er war ein Zuhause.“

Seit 2003 führen Falk und sein Bruder Dirk Hafendörfer die Bäckerei, die ihr Ururgroßvater Wilhelm 1898 in Stuttgart gegründet hatte. Die Brüder betrieben zeitweise fünf Filialen in der Stadt – unter anderem an der Königstraße 14 und Werastraße 141. „Momentan versuchen wir, eine vernünftige Betriebsgröße zu finden, um die Überlebensfähigkeit zu sichern“, erklärte Falk Hafendörfer im März 2022 gegenüber unserer Zeitung. Der Plan damals: Das Geschäft langsam herunterfahren, den Gegebenheiten anpassen und möglichst viele Arbeitsplätze sichern. Da lag der Betrieb des Café Chamäleon in der Eberhardstraße schon in den letzten Zügen. „Normalerweise wächst man“, sagte der Bäcker damals über die übliche Unternehmensentwicklung in seiner Branche. Aber seine Bäckerei müsste sich erst einmal gesund schrumpfen, bevor neue Projekte angepackt werden könnten.

Morgens um 1 Uhr aufstehen und arbeiten?

Knapp dreieinhalb Jahre später ist nichts mehr übrig vom Unternehmen. Die Gründe? 2022 nannte Falk Hafendörfer noch die Auswirkungen des Lockdowns, den Fachkräftemangel und die steigenden Kosten als ausschlaggebende Faktoren, sich zu verschlanken. „Unser Beruf ist nahezu aussterbend“, sagte er damals. Heute heißt es auf Nachfrage: „Das ist alles ganz unspektakulär, keine große Sache. Es war unsere Entscheidung, aufzuhören. Und das ganz ohne Frust“, betont Falk Hafendörfer. Seit Anfang des Jahres seien die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter informiert.

Ein Bild aus besseren Tagen: Bäcker Falk Hafendörfer in seiner Backstube. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Falk Hafendörfer möchte sich nun erst einmal Zeit nehmen, um sich zu überlegen, wie es konkret weitergehen soll: „Ich möchte mich neu ausrichten.“ Er brauche jetzt mit Ende 40 einen Tapetenwechsel. Zunächst einmal steht Ausspannen auf dem Programm. Ein Buch lesen, Sport, Kultur, Familie, Freunde, Reisen: Das sind ab November zunächst die Prioritäten.

Wer mag es ihm verdenken? Jeden Tag gegen 1 Uhr morgens aufstehen. Auch sonntags wird gebacken. Und nach einem langen Arbeitstag geht es dann um 18 Uhr wieder ins Bett. Diesen Tagesablauf muss man wollen.