Willy Holzwarth (links) hat die Bäckerei „Der obere Beck“ 1983 von seinem Vater Albert übernommen. Foto: Werner Kuhnle

Auch mit über 70 Jahren ist der Inhaber der Bäckerei „Der obere Beck“ Willy Holzwarth noch jeden Tag im Betrieb. Er liebt seinen Beruf, um die Zukunft macht er sich aber große Sorgen.

Er habe schon manchmal geflucht, wenn er damals als Lehrling um halb vier Uhr morgens habe aufstehen müssen, sagt Bäcker Willy Holzwarth mit einem Schmunzeln. Trotzdem hat er seine Berufswahl nie bereut. Die Bäckerei, das ist auch mit über 70 Jahren noch sein Leben. Er liebt den Duft von frischem Gebäck, noch immer ist er täglich im Betrieb. Holzwarth hat klare Vorstellungen, wie eine gute Brezel schmecken muss. „Die Brezel hat für die Schwaben eine ähnliche Bedeutung wie das Baguette für den Franzosen. Da muss einfach alles stimmen“, sagt er.

Vor mehr als 40 Jahren hat er die Bäckerei „Der obere Beck“ in Erdmannhausen von seinem Vater Albert übernommen. Gegründet wurde sie bereits im Jahr 1912 von einem Großonkel. Aus einem kleinen Laden sind inzwischen elf Filialen im ganzen Landkreis Ludwigsburg geworden. Während die alte Backstube in der Marbacher Straße in Erdmannhausen gerade einmal 40 Quadratmeter hatte, wird in dem 1986 errichteten Neubau in der Robert-Bosch-Straße auf 120 Quadratmetern gebacken. 15 000 Kleingebäcke werden hier jeden Tag gefertigt. Ein mittelgroßer Familienbetrieb.

Noch immer gibt es tausende solcher Betriebe in Deutschland. Doch es werden immer weniger. Um 3,8 Prozent ist die Anzahl der Handwerksbetriebe deutschlandweit im vergangenen Jahr gesunken, teilt der Zentralverband des deutschen Bäckerhandwerks mit. Derzeit gibt es in Deutschland noch etwas mehr als 9200 Handwerksbetriebe. Vor zehn Jahren waren es noch insgesamt 12 600 – knapp 3400 mehr als aktuell. Im Kreis Ludwigsburg gibt es derzeit insgesamt noch 35 Bäckereifilialen. Es ist aber ungewiss, wie lange noch. Denn eigentlich würde Holzwarth gerne langsam die Geschäfte an einen Nachfolger übergeben – doch der ist nicht in Sicht.

Personalnot bedroht Handwerksbetriebe

Die Gründe dafür, dass es immer weniger Bäcker gibt, sind vielfältig. Seit Jahren fordert der Zentralverband von der Bundesregierung einen Abbau der Bürokratie und die notwendige Planungs- und Investitionssicherheit, welche Energieträger langfristig genutzt werden können. Das größte Problem sei aber der fehlende Nachwuchs und der Personalmangel, so Holzwarth.

Um acht Prozent ging dem Zentralverband zufolge die Anzahl der Auszubildenden im vergangenen Jahr zurück. 3962 Lehrlingen ließen sich 2023 zum Bäcker ausbilden, 5901 als Fachverkäufer. Die Bundesregierung müsse den Fachkräftemangel weiterhin mit Priorität behandeln, die duale Ausbildung attraktiver machen und die Berufsorientierung an den Schulen weiter verbessern, fordert der Verband deshalb. Des Weiteren müssten mehr bezahlbare Wohnangebote entstehen: Überall im Land gebe es Studentenwohnheime, während man Azubi-Wohnheime nach wie vor vergeblich suche.

Früher wurden die Brezeln per Hand geformt, heute macht das eine Maschine Foto: Stefanie Schlecht

„Am schwierigsten ist es, geeignete Verkäuferinnen und Verkäufer zu finden. Aber es gibt auch kaum noch Bewerbungen als Bäckerin oder Bäcker und für Lehrstellen“, sagt Holzwarth. Dabei legt er seinen Beruf jungen Menschen ans Herz, auch wenn es manchmal hart sei, früh aufzustehen. Noch sein Vater habe körperlich sehr harte Arbeiten machen müssen, die heute von Geräten und Maschinen übernommen würden. „Bäcker ist ein sinnstiftender Beruf, er trägt zum Traditionserhalt und zur Vielfalt im Land bei“, sagt Holzwarth.

Bäcker beklagt geringe Wertschätzung fürs Handwerk

Doch was unterscheidet überhaupt einen Handwerksbetrieb von industrieller Fertigung? Weil in der industriellen Produktion die Entwicklung des Brotes künstlich verkürzt werde, sei ein industriell hergestelltes Brot auch schlechter zu verdauen, argumentiert Holzwarth. Während er den Teig einen Tag liegenlasse, werde er in der industriellen Produktion sofort weiterverarbeitet. Zudem passe er seine Rezepte immer wieder an, der Austausch mit den Kunden ist ihm wichtig. „Der Geschmack verändert sich, früher war der Kuchen beispielsweise deutlich süßer“, sagt Holzwarth.

Der Großteil seiner Kunden sind Stammkunden. Seit Jahren beobachtet Holzwarth allerdings, dass die Wertschätzung für seinen Beruf abnimmt. Erst kürzlich hat er eine böse E-Mail bekommen, weil seine Brötchen nun fünf Cent mehr kosten. Dabei habe er durchaus Verständnis für Menschen mit wenig Geld. „Einigen Menschen ist ihr Auto aber wichtiger als ihre Ernährung“, sagt er. Ein Trend, den der Meisterbäcker seit Jahren mit Sorge beobachtet. Denn längst haben sich mächtige Player in den Brotmarkt eingeschlichen: Discounter, deren Backautomaten auf Knopfdruck Brote ausspucken. Mit Kampfangeboten drücken sie die Preise und bringen Bäckereien wie „Der obere Beck“ in Bedrängnis.

Angehende Bäcker dürfte das wenig zur Selbstständigkeit ermuntern. Bleibt die Frage, wie es weitergeht mit Erdmannhausens größtem Bäckereibetrieb. „Ich mache erst einmal weiter. Allein meiner Mitarbeiter zuliebe, die zum Teil seit Jahrzehnten da sind“, sagt Holzwarth. Vorgestellt hat er sich seinen Lebensabend aber anders.

Ausbildung zum Bäcker/zur Bäckerin

Dauer
Die meisten Bäckereien bilden auch Lehrlinge aus. Im Normalfall legen die Auszubildenden die Abschlussprüfung nach drei Jahren ab. Wer bereits Erfahrungen in dem Beruf gesammelt und die allgemeine Hochschulreife oder Fachabitur hat, kann die Ausbildung verkürzen.

Voraussetzungen
 Für die Ausbildung zum Bäcker gibt es keine gesetzlich festgelegten Voraussetzungen. Die meisten Lehrlinge haben einen Hauptschulabschluss. Außerdem benötigt man eine Belehrung und Bescheinigung des Gesundheitsamtes, dass man mit Lebensmitteln arbeiten darf.

Gehalt
 Als Auszubildender kann man während des ersten Ausbildungsjahres je nach Bundesland mit einem Gehalt von 680 Euro bis 930 Euro rechnen. Im zweiten Ausbildungsjahr liegt die Vergütung bei 755 Euro bis 1070 Euro, im dritten bei 885 Euro Euro bis 1246 Euro.