Ameisen stehen im Vordergrund der Ausstellung von Edgar Braig in Althütte. Und außerdem sind auch Werke von Helmut Braig zu sehen. Foto: Chris Lederer

Ein Waldhaus, zwei Künstler, ein filmischer Ameisenkrieg: Eine Sonderausstellung in Althütte widmet sich den Künstlern Edgar und Helmut Braig.

Der Münsinger Künstler Edgar Braig hat sich auf Spurensuche begeben – und ist dabei auf ein Haus gestoßen, das mehr ist als ein Wohnort: ein Lebenswerk aus Beton, Farbe und Erinnerung. Tief versteckt im Wald bei Althütte (Rems-Murr-Kreis) lebte dort jahrzehntelang sein Verwandter Helmut Braig. Ohne Strom, ohne fließend Wasser – dafür mit Wandmalereien, geheimen Türen, unterirdischen Kammern und Dutzenden Skulpturen.

 

Aus dieser biografischen Nähe und künstlerischen Faszination ist nun eine Doppelausstellung entstanden, in der Edgar Braig das Ergebnis seiner Recherche zeigt: eine raumgreifende Installation, in der Helmuts Kunst und seine eigene in einen generationenübergreifenden Dialog treten.

Trickfilm „Der Ameisenkrieg“ wird gezeigt

Helmut Braig, 1923 in Allmendingen geboren, 2013 in Giengen an der Brenz gestorben, war Maler, Bildhauer, Grafiker, Filmemacher und Buchautor. Sein Werk folgt dem Geist des Surrealismus – mit ausgeprägtem Hang zur freien Form und zum Experiment. 1963 wurde er mit dem Film „Der Ameisenkrieg“ bekannt: dem weltweit ersten Puppentrickfilm, der nicht im üblichen Stop-Motion-Verfahren, sondern im Realgang gedreht wurde. Er selbst bezeichnete sich nicht als Grafiker, Maler, Bildhauer, Filmemacher oder Autor – sondern schlicht als „Experimentator“.

In der Ausstellung sind auch verschiedene Kunstobjekte von Helmut Braig zu sehen. Foto: Chris Lederer

Auch Edgar Braig versteht sich als Erzähler mit vielen Ausdrucksformen. Er schöpft aus einem reichen Fundus und einer überbordenden Bildsprache: Wesen, Figuren und ihre Geschichten aus der Kindheit, große Schaukästen mit surrealen Szenarien, exotisch anmutende Materialcollagen. In der Sonderausstellung „Im Unterholz der schönen Künste“ begegnen sich beide – vielschichtig, poetisch und doch eigenständig.

Spurensuche nach dem Künstler Helmut Braig

Was lange wie eine Familienlegende erschien, wurde für Edgar Braig zur konkreten Auseinandersetzung. „Ich habe mich auf die Suche gemacht“, sagt er – nach den Wurzeln und Werken seines „Onkels“, wie er ihn nennt. Tatsächlich waren die beiden nur entfernt verwandt, aber die familiäre Nähe, das Staunen des Kindes vor dem Älteren, war prägend. Er sichtete den Nachlass und stieß dabei auch auf das legendäre Waldhaus bei Althütte, in dem Helmut Braig zusammen mit seiner Frau Lilo zeitweise lebte: abgeschieden von der Welt, inmitten selbst geschaffener Kunst.

Im Dokumentarfilm „Waldleben“, der im Rahmen der Ausstellung gezeigt wird, beschreibt Helmut Braig diesen Ort so: „Abseits jeder Ansiedlung entfaltet sich ein besonderes Lebensgefühl. Wertmaßstäbe der sogenannten zivilisierten Gesellschaft schrumpfen zur Bedeutungslosigkeit zusammen. Hier wächst Kunst aus der Natur – und Natur und Mensch werden zur Kunst. Es ist ein Luxus, ohne Luxus zu leben.“

Auch Stofftier-Designer bei Steiff

Edgar Braig, knapp 70, erinnert sich noch gut an frühe Einflüsse: Als vierjähriger Bub stand er stundenlang vor dem Spielwarengeschäft „Rein“ in Ehingen, wo Helmut Braig für die Firma Steiff Dioramen entwarf – kleine bewegte Welten mit Dörfern, Landschaften und Stofftieren. Diese Form des erzählerischen Gestaltens nimmt er in seinen eigenen Arbeiten auf und überführt sie in neue Zusammenhänge. In der Ausstellung begegnen sich Stoff, Skizze, Objekt und Erinnerung. Die Ameise – als Tier, Motiv und Denkfigur – zieht sich dabei wie ein roter Faden durch die Werke.

Vilefältige Kunstwerke und Filme

Gezeigt werden im Heimatmuseum Althütte nicht nur Objekte und Installationen, sondern auch zwei seiner Trickfilme und eine Dokumentation über Helmut Braig. Das originale Waldhaus ist heute nicht öffentlich zugänglich. Die Ausstellung aber öffnet ein Fenster in diese verborgene Welt – und in zwei künstlerische Lebensläufe, die mehr verbindet als nur ein Name.

Sonderausstellung

Vernissage
Die Ausstellung im Anna-Haag-Geburtshaus, Rathausplatz 3, in 71566 Althütte, dauert noch bis zum 13. Juli. Öffnungszeiten sind sonntags von 13.30 Uhr bis 16.30 Uhr.