Bäcker Ralf Herrmann mit seinen Berlinern, die wegen der Faschingsfiguren für Aufregung sorgen Foto: Florian Dürr

Die Heilbronner Bäckerei Herrmann erhält Post von der Antidiskriminierungsstelle wegen stereotyper Faschingsfiguren auf Berlinern. Wie der Bäcker und seine Kunden darauf reagieren.

In der Heilbronner Bäckerei Herrmann verstehen sie die Welt nicht mehr. „Hier geht der Punk ab wegen so einem Blödsinn, ich finde das lächerlich“, beschwert sich eine Verkäuferin, während sie ein neues Blech voller Berliner in die Auslage schiebt.

Kunden haben kein Verständnis für den Diskriminierungsvorwurf

Um genau jene dreht sich die große Aufregung. Einige der Berliner verziert die Bäckerei mit kleinen Figuren, die passend zur Fasnet verschiedene Kostüme darstellen sollen. Ein Cowboy mit Sheriffstern zum Beispiel. Oder Schwarze und indigene Menschen. Letztere haben eine Kundin dazu veranlasst, ein Foto davon zu machen und es an die Heilbronner Antidiskriminierungsstelle (Adi.hn) zu schicken. Wenig später erreichte die Bäckerei Herrmann ein Brief der Adi.hn. Der Vorwurf: Die Bäckerei reproduziere mit solchen Figuren rassistische Stereotype, die „nichts mit der realen Lebenswelt von Schwarzen und indigenen Menschen zu tun“ hätten.

Um diese bunten Süßgebäcke geht es. Foto: Florian Dürr

Die Antidiskriminierungsstelle würde sich „freuen, wenn Sie das Dekorationsmaterial diskriminierungssensibel abändern“. Doch Bäcker Ralf Herrmann denkt gar nicht daran. „Das ist lächerlich, ich werde nichts daran ändern“, sagt der Geschäftsführer. Die Berliner dekoriere er schon jahrelang mit diesen Figuren. „Ich bin nicht rassistisch“, sagt er. Herrmann findet es gut, dass es die Antidiskriminierungsstelle in Heilbronn gibt. „Die hat ihre Daseinsberechtigung, weil wir Diskriminierung bekämpfen müssen“, sagt er. Doch man solle sich nicht an solchen Faschingsfiguren aufhalten.

Die Berliner seien so begehrt, dass sie eine Zeit lang sogar ausverkauft waren. „Die Kinder waren scharf auf die Figuren“, erzählt eine Verkäuferin. Bei den Kunden stößt der Hinweis der Antidiskriminierungsstelle auf wenig Verständnis: „Das ist lachhaft, wie wenn wir nichts Wichtigeres zu tun hätten“, sagt ein Kunde, der regelmäßig in der Bäckerei einkauft. Auch die Kundin nach ihm meint: „Das ist Fasching, das ist lustig, da muss man sich nicht rechtfertigen.“

Keine Konsequenzen für Bäcker Herrmann

Die Antidiskriminierungsstelle hat als Reaktion auf ihren Brief an Herrmann einen regelrechten Shitstorm erfahren. Der Brief sei in rechten Telegram-Gruppen verbreitet, die Fotos und Namen der Mitarbeiter seien veröffentlicht worden. Wegen der ständigen Beleidigungen gehe niemand mehr ans Telefon. Mit der Polizei stehe man in Kontakt, berichtet Mirjam Sperrfechter, die Geschäftsführerin des Stadt- und Kreisjugendrings Heilbronn, der Träger der Adi.hn ist.

„Es kursiert das Wort Abmahnung, aber das können wir gar nicht“, sagt Sperrfechter. „Wir geben nur einen Hinweis, dass diese Faschingsfiguren indigene Menschen und Schwarze verletzen.“

Die Antidiskriminierungsstelle, von denen es in Baden-Württemberg insgesamt acht gibt, sei nur ihrem Auftrag nachgekommen, die Bevölkerung zu sensibilisieren, sagt Sperrfechter. Wenn Bäcker Herrmann wie angekündigt weiterhin die Berliner mit den Figuren verkaufe, habe das keine Konsequenzen.

Mehr als hundert Mails hat Herrmann inzwischen aus ganz Deutschland erhalten, viele positive Nachrichten seien es gewesen, dass er sich nicht unterkriegen lassen solle, berichtet er. Als Bäcker habe er andere Probleme wie etwa die Suche nach Fachkräften. Dieses Argument lässt die Antidiskriminierungsstelle nicht gelten: „Es ist vielleicht nicht das vordringlichste Problem, aber es gibt immer ein anderes, wichtigeres“, sagt Sperrfechter. Sie habe Verständnis für die Kundin, die das Foto von den Berlinern direkt an sie geschickt und nicht erst mit dem Bäcker gesprochen hat: „Mag man in so eine Konfrontation gehen, wenn man immer schlechte Erfahrungen macht?“

Ein Gespräch zwischen Herrmann und der Antidiskriminierungsstelle hat es noch nicht gegeben. „Wir haben ihm in dem Brief ein Angebot gemacht“, sagt Sperrfechter. Herrmann erwartet, dass die Adi.hn auf ihn zukomme. „Wir können da normal diskutieren, jeder hat seine Meinung“, sagt er. Dieser Einstellung stimmt auch Sperrfechter zu. Die Chancen auf ein klärendes Gespräch stehen also gut.