Gänse gab es einst auch in Backnang. Foto: dpa

Im Zeichen der Gans steht die altwürttembergische Stadt Backnang nicht nur am Martingstag.

Stuttgart - Im Zeichen der Gans steht die altwürttembergische Stadt Backnang nicht nur am Martinstag. Gänsemarkt und Gänsebrunnen weisen auf den Gänsekrieg zurück, der zwischen 1606 und 1612 die Gemeinde aus dem Gleichgewicht brachte. Vor 400 Jahren bereits wurde der Beweis dafür erbracht, dass in Wahrheit die Frauen das starke Geschlecht sind.

 

Die Frauen mussten sich damals schwerer Angriffe auf eine ihrer Erwerbsquellen erwehren. In Backnang nämlich hielten nicht wenige Gänse: Den Ärmeren ersetzte das Federvieh gar die Ziege, die Kuh des kleinen Mannes. Ihnen war „die gebratene Gans eine gute Gabe Gottes“. Und die Federn des gerupften Vogels sorgten für ein einträgliches Geschäft, wollten die weichen Daunendecken der bessergestellten Herrschaften doch gefüllt sein. Sein Futter suchte sich das schnatternde Federvieh selbst, wenn es durch Straßen und Gassen hinaus auf die Felder getrieben wurde, darauf regelrecht gemästet in Zeiten nach der Ernte, wenn es reichlich Körner gab.

Nicht selten freilich hatte dies nachbarlichen Zwist zur Folge. Die Besitzer oder Pächter der Felder sahen es nicht gern, wenn andrer Leute Federvieh dem eigenen die besten Brocken vor dem Schnabel wegschnappte. So häuften sich in Backnang die Klagen über die vielen Gänse in der Stadt, die in Gärten und Feldern großen Schaden anrichteten.

Bürgermeister, Gericht und Rat zogen die Notbremse und verboten zum Schutz des inneren Friedens 1606 die Gänsehaltung gänzlich. Hart traf das die armen Frauen. Wohin sich wenden in der Not? An den Herzog im nahen Stuttgart! An ihn persönlich adressierten einige Backnangerinnen, die beim Gedanken an die eigene Zukunft eine Gänsehaut überlief, einen Brief und baten ihn eindringlich, das Verbot der Gänsehaltung in seiner Amtsstadt aufzuheben.

Rasch reagierte Herzog Johann Friedrich und erteilte dem Magistrat seine Weisung zur Schlichtung des Streits. Doch schien sein Schreiben – wie bei Politikern nicht selten – der Auslegung bedürftig und nach jeder Richtung offen. Derweil die Frauen die Auffassung vertraten, der Herzog teile ihren Standpunkt, beharrten Bürgermeister und Rat auf dem von ihnen erteilten Verbot: Die Gänse blieben aus der Stadt verbannt.

Der Bürgermeister beschimpfte gar „das widerspenstige und halsstarrige Weibervolk“, zog die Gänse ein und ließ Rädelsführerinnen vorübergehend einsperren. Das bedeutete Krieg. Bis ins Jahr 1612 tobte er zwischen „Radelsführerinnen“ und Ratsherren. Der unheilvolle Zwist endete, als der Herzog sich einschaltete und seine eigene Entscheidung auslegte – nunmehr in unmissverständlicher Klarheit. Er erließ die „Backnanger Gänseordnung“, die das Halten des Federviehs in der Stadt erlaubte. Die Frauen brauchten die Gänse nicht vor der Zeit zu schlachten. Ruhe und Frieden konnten wieder einkehren. Bis auf weiteres. Schlimmeres stand ja bevor: der Dreißigjährige Krieg, der Württemberg beinah in den Totalruin führte. Der schwäbische Spruch des Wochenendes kommt von Leserin Margit Gimint. Er lautet: „,S’Haus verliert nix‘, sagt Muader und zieht’s Kenderstrempfle außem Sauerkraut.“ Schreiben Sie uns: Zentralredaktion, Postfach 10 44 52, 70039 Stuttgart, Stichwort: Schwäbisch, Fax: 07 11 / 72 05 - 73 09; E-Mail: land@stn.zgs.de