Mohamed „Momo“ Kaval wollte nie ein Gangster sein – und landet doch hinter Gittern. Foto: ARD Degeto/Pantaleon Films GmbH//Mirza Odabasi

In der ARD-Gangsterserie „Asbest“ hat Kida Khodr Ramadan erstmals Regie geführt. Kurz bevor „Testo“, die nächste Serie des Stars aus „4 Blocks“, startet, ist „Asbest“ auch bei Netflix verfügbar - und hat dort sogar schon die Charts angeführt.

Mohamed „Momo“ Kaval (Koder Alian) steht kurz davor, einen Vertrag bei Hertha BSC zu unterschreiben. Der 19-Jährige plant die ganz normale Fußballprofi-Karriere. „Bundesliga, nie wieder Sorgen“, sagt er zu seiner Mutter (Jasmin Tabatabai) und zählt auf, was er ihr fortan alles kaufen wird.

Doch es kommt anders in der ARD-Produktion „Asbest“, dem Serien-Regiedebüt des bekannten Schauspielers Kida Khodr Ramadan. Momo ist Teil der Kavals, eines kriminellen Berliner Familienclans. Der Anführer ist sein Onkel Amal (Stipe Erceg). Gegen seinen Willen wird Momo von seinen Cousins in einen Raubüberfall verwickelt und schließlich zu einer neunjährigen Haftstrafe verurteilt, für ein Verbrechen, das er nicht begangen hat. „Mein Name ist Mohamed ‚Momo‘ Kaval, ich wollte nie ein Gangster sein“, sagt er am Ende der ersten Folge, und dann fällt die Tür seiner winzigen Zelle mit einem lauten Knall ins Schloss.

Momo hält sich im Knast an die Fußballmannschaft

Die fünfteilige Serie basiert auf den Memoiren von Gerhard Mewes, eines ehemaligen Sozialarbeiters, der 36 Jahre lang die Knastmannschaft der Hamburger Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel trainierte. Grundlage für die Figur von Momo ist ein ehemaliger Fußballprofi, der im Gefängnis mit Drogenhandel in Berührung kam, bei den Knastkickern Halt fand und heute resozialisiert ist. Katja Eichinger hat die Geschichte aufgespürt, die Filmrechte optioniert und die Serie koproduziert.

Auch Momo hält sich im Gefängnis an die Fußballmannschaft. Der Plan: ein bisschen kicken, Gespräche mit der Anstaltstherapeutin (Nicolette Krebitz) führen und hoffen, ein paar Jahre weniger absitzen zu müssen.

Doch ziemlich schnell wird er mit der dort herrschenden Knasthierarchie konfrontiert und der unausweichlichen Frage, auf welcher Seite er stehen möchte – auch zu seinem eigenen Schutz. Mit roher Gewalt buhlen verschiedene Seiten um den Neuankömmling. Onkel Amal will ihn für seine Drogengeschäfte im Gefängnis gewinnen, genauso der Clubbesitzer Henry (Wotan Wilke Möhring), und dann sucht noch ein weiterer Insasse Momos Nähe – der „Kurde“, gespielt von Regisseur Ramadan selbst. Dass auch JVA-Beamte beim Drogenhandel mitspielen oder zumindest nicht so genau hinschauen, versteht sich von selbst. Nicht zum Gangster zu werden ist für Momo hinter Gittern, so scheint es, um einiges schwieriger als davor.

Mit Gangsterserien aus dem Clan-Milieu kennt sich Ramadan aus. In der grandiosen Serie „4 Blocks“ hat er Clanboss Ali „Toni“ Hamady gespielt. Das Niveau dieser preisgekrönten Serie erreicht „Asbest“ nicht. An manchen Stellen wirken die Schauspieler allzu aufgesetzt. Auch wenn Ramadan eine illustre Runde für sein Seriendebüt gewinnen konnte. Selbst kleine Nebenrollen sind prominent besetzt. Unter anderen haben Frederick Lau und Sabin Tambrea kurze Auftritte. Detlev Buck spielt charmant einen, wie er selbst behauptet, „politischen Gefangenen“, der durch die Anstalt schlurft und etwas Ruhe in die Ballung toxischer Männlichkeit bringt.

Einblick in den Ursprung der Wut

Der Hauptdarsteller Koder Alian allerdings war bisher unter dem Namen Xidir als Rapper bekannt und gibt in „Asbest“ sein Schauspieldebüt. Mit ihrem schauspielerischen Talent kann aber vor allem eine andere Entdeckung Ramadans brillieren: Lulu Hacke, die Momos Freundin Daniela spielt.

Das Ende der ersten Staffel legt nahe, dass Ramadan eine weitere plant. Interessant wäre es, die Entwicklung Momos weiter zu verfolgen – und vielleicht sogar noch mehr Einblick zu bekommen in die Ursachen der Wut, die einige Mitglieder der Kaval-Familie in sich tragen.

Asbest: Alle fünf Episoden sind verfügbar bei Netflix und in der ARD Mediathek. "Testo", die neue Serie von Kida Khodr Ramadan ist ab 2. Februar in der ARD Mediathek verfügbar.