Die Kornwestheimer Idee wird Frust statt Integration verursachen. Foto: dpa/Stratenschulte

Die Stadtverwaltung in Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg) will Geflüchtete zur gemeinnützigen Arbeit verpflichten. Was gut gemeint ist, verfehlt nicht nur sein Ziel, sondern sendet auch ein brandgefährliches Signal. Ein Kommentar.

Die Beweggründe der Stadt Kornwestheim mögen gut gemeint sein und die gesetzlichen Bestimmungen geben es her, die Konsequenzen und die Botschaft sind jedoch verheerend. Oberbürgermeister Nico Lauxmann will im Rahmen einer Demokratie-Kampagne Geflüchtete dazu verpflichten, für 80 Cent die Stunde gemeinnützige Arbeit zu verrichten. Dieser Vorstoß verhindert Integration, anstatt diese zu befördern – und verbreitet gefährliche Botschaften.

 

1. Freiwillig unfreiwillig

Wer Freiwilligenarbeit verordnet, hat das Prinzip nicht verstanden. Dass ausgerechnet schutzsuchenden Menschen eine „freiwillige Pflicht“ auferlegt werden soll, entbehrt nicht nur der Logik, sondern wirkt wie ein Rückgriff in autoritäre Zeiten. Auch die Bezahlung von unter einem Euro grenzt an Demütigung.

2. Frust statt Motivation

Die Idee, dass ein derartiger Arbeitszwang zu besserer Integration führt, ist illusorisch. Die Geflüchteten werden die Ungleichbehandlung erkennen und diese zu Recht als diskriminierend empfinden. Statt Zugehörigkeit zu fördern, wird durch solche Maßnahmen Entfremdung, Widerstand und Frustration produziert. Integration basiert auf Teilhabe – nicht auf Druck.

3. Erst einmal Zugang zum geregelten Arbeitsmarkt

Regelrecht zynisch wirkt der Vorstoß im Lichte der Realität: Geflüchteten wird in Deutschland seit Jahren der Zugang zum regulären Arbeitsmarkt erschwert – durch restriktive Aufenthaltsregelungen, Arbeitsverbote, bürokratische Hürden und die oft undurchsichtige Praxis von Ausländerbehörden. Wer keinen Rahmen schafft, Menschen in anständige Arbeit zu bringen, kann sie auch nicht zu unbezahlten Tätigkeiten drängen. Das ist schlicht nicht fair und zudem ein Verlust für unsere Sozialsysteme und den Arbeitsmarkt. Integration gelingt nicht durch Pflichtdienste, sondern durch echte Perspektiven.

4. Narrativ der faulen Flüchtlinge

Das größte Problem der Kornwestheimer Idee ist jedoch die darin schlummernde, subtile Botschaft. Denn wer Menschen zur Arbeit zwingen muss, hat es offensichtlich mit notorischen Faulpelzen zu tun. Dieses Stereotyp des Sozialsystem aussaugenden Migranten verbreitet sich sowieso schon seit Jahren vom rechten Rand in die Mitte der Gesellschaft. Eine Stadtverwaltung muss dieser vorverurteilenden Erzählung nicht auch noch extra Futter geben.

Denn die wenigsten Geflüchteten sind Totalverweigerer. Vielen wird durch bürokratische Hürden der Zugang in den geregelten Arbeitsmarkt verwehrt, teilweise sind die sprachlichen Anforderungen erst nach Jahren zu erfüllen. Andere haben nicht genug Hilfe, andere sind gesundheitlich nicht in der Lage zu arbeiten. Ein Pauschalurteil wird ihnen nicht gerecht.

Das Rathaus sollte seinen Plan nochmal überdenken.