Der Zweckverband Stadtbahn hält am Plan einer Station vor der MHP-Arena in Ludwigsburg fest. Foto: Zweckverband Stadtbahn

Am Samstag haben Landrat und Stadtbahn-Chef für das Megaprojekt geworben – mit Wirkung. Die Stadtbahn steht und fällt mit dem Votum in Ludwigsburg. Dort scheint sich etwas zu bewegen.

In den vergangenen Wochen sah es für die Stadtbahn Ludwigsburg (Lucie) nicht gut aus – es droht das Ende der Planungen. Doch nach einer entscheidenden Informationsveranstaltung mit rund 100 Gemeinde- und Kreisräten am Samstag scheint wieder Bewegung in das Projekt zu kommen.

 

Landrat Dietmar Allgaier und Stadtbahn-Chef Michael Ilk stellten die Ergebnisse einer positiven Kosten-Nutzen-Analyse vor, beantworteten Fragen und reagierten auf Sorgen. „Die nächsten Generationen profitieren von unserem Mut heute“, betonte Allgaier. Seine Worte scheinen selbst einige Skeptiker erreicht zu haben. Andere bleiben kritisch. Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick:

1. Die Stadtbahn lohnt sich

Die große Neuigkeit des Tages war die positive Kosten-Nutzen-Analyse. Das Gutachten bewertet, ob die Stadtbahn einen gesamtwirtschaftlichen Nutzen hat und damit förderfähig ist. Analysiert wurden unter anderem die erwarteten Fahrgastzahlen, mögliche Einsparungen bei Auto- und Busverkehr, Unfallkosten und CO2-Emissionen. All diese Werte wurden den Investitionskosten gegenübergestellt. Das Ergebnis: Die Bilanz für alle Trassenvarianten fällt positiv aus.

2. Besonders eine Variante lohnt sich

Bei der Reaktivierung der Bahnstrecke von Markgröningen zum Ludwigsburger Bahnhof rückt eine Variante in den Mittelpunkt, die bislang kaum Beachtung fand. Der sogenannte „Stellwerk“-Vorschlag sieht vor, dass die Bahn kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof – auf Höhe des Buckels Asperger Straße – auf die Schlachthofstraße abbiegt. Diese Variante erreicht mit einem Kosten-Nutzen-Faktor von 1,6 den besten Wert.

Die bislang heiß diskutierte Trasse durch die Weststadt entlang der Rundsporthalle erzielt 1,3 Punkte, die direkte Einfahrt in den Bahnhof lediglich 1,1 Punkte. Diese scheinbar simpelste Trasse hat nämlich Nachteile: Der Viertelstundentakt kann nicht eingehalten werden, somit werden weniger Fahrgäste transportiert – zudem ist die Barrierefreiheit nicht gegeben.

Stadtbahn-Chef Michael Ilk weist immer wieder auf die Schwächen einer direkten Einfahrt in den Bahnhof hin. Foto: Simon Granville

3. Sicherheit bei Förderungen

Die Finanzierung ist eines der größten Sorgenfelder. Ein Vertreter des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg stellte klar: Für die Reaktivierung der Strecke Markgröningen–Ludwigsburg sind über 90 Prozent Förderung durch Bund und Land sicher. Auch der Betrieb dieses Streckenabschnitts könnte ab 2031 wohl mindestens zu zwei Dritteln vom Land bezuschusst werden. Diese Zusage sorgte bei mehreren Kommunalpolitikern für Erleichterung. Besonders Vertreter aus Ludwigsburg äußerten sich positiv darüber, dass die Zuschüsse offenbar gesichert sind.

4. Signale für Verbleib in Zweckverband

Mitte November entscheiden die Ludwigsburger Stadträte, ob die Stadt im Zweckverband bleibt oder aussteigt – und damit die gesamte Planung beendet. Nach der Veranstaltung war bei vielen Ratsmitgliedern Zuversicht spürbar.

Mehrere Skeptiker, darunter Hans-Peter Peifer (Freie Wähler) und Margit Liepins (SPD), ließen erkennen, dass die neuen Informationen ihre Haltung positiv beeinflusst haben. Laut Grünen-Fraktionsvorsitzender Verena Alexander steht eine Mehrheit ihrer Stadträte zum Projekt. Auch Oberbürgermeister Matthias Knecht sprach von „guten Signalen“ – eine bemerkenswerte Aussage, nachdem er in den vergangenen Wochen mehrfach ein mögliches Aus der Stadtbahn ins Spiel gebracht hatte.

Matthias Knecht will in der Frage Stadtbahn Klarheit schaffen. Foto: Simon Granville

Kritisch äußerte sich lediglich Klaus Herrmann (CDU). Er lobte zwar die Veranstaltung, dennoch seien ihm weiterhin viele Details unklar – beispielsweise die Höhe der Betriebskosten und ob die Deutsche Bahn nicht selbst die alten Gleise mit ihren Zügen befahren könnte. Herrmann befürchtet im November einen Beschluss zugunsten der Stadtbahn „ins Blaue“ – was er dann nicht mittragen könne.

5. Entscheidender Beschlussvorschlag der Stadt

Alle Augen richten sich nun auf OB Knecht und die Ludwigsburger Stadtverwaltung. Er kündigte an, dass die Stadt am Dienstag einen Beschlussvorschlag zur Stadtbahn vorlegen wird, der dann mit Anträgen der Freien Wähler, FDP und AfD am Mittwoch diskutiert und im November beschlossen wird. Dieser Vorschlag könnte richtungsweisend für viele Stadträte sein.

Während schon bekannt ist, dass die drei Fraktionen einen Ausstieg aus dem Zweckverband anstreben, ist der Inhalt des städtischen Vorschlags aber noch unbekannt. Am Samstag verriet Knecht noch nicht, in welche Richtung es gehen könnte. Nur so viel: „Er wird der notwendigen Klarheit und der Bedeutung dieses Zukunftsprojektes gerecht werden.“

6. Zwei Mehrheiten deuten sich an

Die Abstimmung im Ludwigsburger Gemeinderat im November ist richtungsweisend. Im Hintergrund zeichnet sich ein zweigeteiltes Bild ab: Für die Reaktivierung der bestehenden Bahntrasse gibt es seit Samstag eine wachsende Zahl an Befürwortern – ob es für eine Mehrheit bis Mitte November reicht, ist ungewiss. Für die Weiterführung der Stadtbahn vom Ludwigsburger Bahnhof nach Oßweil und Pattonville fehlt hingegen derzeit klar eine Mehrheit. Diese Entscheidung wird wohl in die Zukunft verschoben. Damit wächst die Gefahr, dass das Zukunftsprojekt Stadtbahn zur Bummelbahn verkommt.

Auch die von Allgaier und Ilk in den Fokus gerückte „Stellwerk“-Variante überzeugt nicht alle. Viele Stadträte bevorzugen weiterhin die direkte Einfahrt in den Bahnhof – trotz der bekannten Nachteile bei Fahrplanstabilität und Barrierefreiheit.