Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Umweltministerin Thekla Walker wollen nicht nach Walheim kommen. Die Klärschlammverbrennung gehe die Landesregierung nichts an.
Seit Jahren tobt der Streit um die geplante Klärschlammverbrennungsanlage der EnBW auf dem Gelände des ehemaligen Kohlekraftwerks in Walheim. Eine Bürgerinitiative befürchtet durch die 180 000 Tonnen nassen Klärschlamms, die jährlich angeliefert werden sollen, und dessen Verbrennung samt Trocknung eine hohe Umweltbelastung. Auch die Bürgermeister der Kommunen Walheim, Gemmrigheim, Besigheim und Kirchheim am Neckar haben sich gemeinsam gegen die Anlage ausgesprochen.
Angesichts dieses breiten Widerstands in Walheim hatte der CDU-Landtagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Bietigheim-Bissingen, Tobias Vogt, am 16. Januar sowohl Ministerpräsident Winfried Kretschmann als auch die Umweltministerin Thekla Walter angeschrieben und sie zu einem Vor-Ort-Termin eingeladen, um sich persönlich ein Bild zu machen. Nun hat die Umweltministerin geantwortet – auch stellvertretend für den Ministerpräsidenten.
Laut Walker ist das Ganze eine Sache zwischen EnBW und RP
Auf drei Seiten erklärt sie, dass und warum die Landesregierung für die Entscheidung für oder gegen eine Klärschlammanlage nicht zuständig sei und ein Vor-Ort-Termin deshalb nicht sinnvoll.
Punkt eins: Im Raum Heilbronn/Hohenlohe würden viele Kommunen auf die Bildung kommunaler Zweckverbände zur Errichtung und zum Betrieb von Klärschlammverbrennungsanlagen verzichten und stattdessen auf vertragliche Lösungen mit privaten Anlagenbetreibern setzen. „Vor diesem Hintergrund hat sich die Energie Baden-Württemberg AG entschlossen, den kommunalen Klärschlammerzeugern ein Angebot zu machen.“ Wo eine solche Anlage stehen könne, sei ebenso wie das Verfahren um die immissionsschutzrechtliche Genehmigung allein Sache der EnBW.
Punkt zwei: Für die Prüfung in Sachen Immissionsschutz sei das Regierungspräsidium (RP) zuständig. Wenn dieses zu der Auffassung gelange, dass die Auflagen bei der Verbrennungsanlage eingehalten würden, habe die EnBW einen Anspruch auf Genehmigung.
Punkt drei: Da durch gesetzliche Regelungen das Regierungspräsidium zuständig sei und nicht das Umweltministerium oder die Landesregierung, könne die Landesregierung nicht in das Genehmigungsverfahren eingreifen und werde sich zurückhalten.
Punkt vier: Da die Gemeinde Walheim mit Unterstützung der Nachbargemeinden Gemmrigheim, Kirchheim am Neckar und Besigheim gegen die Zulassung eines vorzeitigen Baubeginns durch das RP klage, hätten Gespräche auch keinen Sinn. Ohne diese Klage hätte man eventuell eine moderierte Bürgerbeteiligung durchführen können, so die Ministerin.
Punkt fünf:Der Ministerpräsident habe sich am Rande eines Termins in Lauffen Ende vergangenen Jahres schon die Argumente der Bürgerinitiative angehört.
Punkt sechs: Die Gegner der Klärschlammverbrennungsanlage könnten im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung zum Verfahren ihre Argumente vorbringen und sich über die Umweltgutachten informieren.
Walker will Klärschlammerzeugern bei der Entsorgung helfen
Zugleich lässt die grüne Umweltministerin zwischen den Zeilen durchblicken, dass sie eine Befürworterin der Klärschlammverbrennung und wohl auch der für Walheim geplanten Anlage ist. Man verfolge seit Jahren das Ziel, den Klärschlammerzeugern bei der Entsorgung umfangreiche Hilfestellungen anzubieten.
Ebenso wenig Erfolg hatte die Anfrage des Grünen Tayfun Tok an Barbara Bosch, die von Kretschmann berufene ehrenamtliche Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, deren Antwort zum Teil dieselben Textbausteine wie die des Schreibens von Walker enthält.
Vogt wirft Regierung Diskussionsverweigerung vor
Tobias Vogt fühlt nicht nur sich selbst durch diese Antwort brüskiert. „Es ist frustrierend, dass sich weder der Regierungschef noch die Umweltministerin jemals die Mühe gemacht haben, sich selbst ein Bild vor Ort zu machen und sich der Diskussion zu stellen. Stattdessen verschanzen sich die beiden hinter der formalen Zuständigkeit des Regierungspräsidiums, das der Regierung untergeordnet ist“, erklärte er. Die „grüne Politik des Gehörtwerdens“ habe sich als Farce herausgestellt. „Die Menschen in Walheim und Umgebung haben es nun schriftlich, dass die Grünen allenfalls dann zuhören, wenn es ihnen in den Kram passt“, kommentiert Vogt die Absage.