Ein Unfall bei Stuttgart-Vaihingen sorgte bis in die Nacht für ein Verkehrschaos Foto: 7aktuell.de/Moormann

Auch ohne Streik ist der S-Bahn-Verkehr am Mittwochabend ins Chaos gestürzt worden. Ein Oberleitungsschaden traf drei Linien ins Herz, die Bergungs- und Reparaturarbeiten zogen sich bis in die Nachtstunden hin.

Stuttgart - Es passiert kurz vor dem Bahnhof in Vaihingen. Ein Blitz, ein Knall, dann ist die S-Bahn S 2 nach Filderstadt außer Gefecht – und 400 Fahrgäste sitzen erst einmal fest. Bei dem Zwischenfall am Mittwoch gegen 17.20 Uhr wurde eine Oberleitung abgerissen, und die setzte den Zug unter Hochspannung. Dahinter kamen zwei Züge der Linien S 3 und S 1 auch nicht mehr weiter – die steckten am Halt Universität beziehungsweise ein paar Hundert Meter weiter hinten im Tunnel fest.

Die Lage war zunächst verwirrend: „Erst hieß es, dass die Oberleitung binnen drei Minuten an zwei verschiedenen Stellen heruntergerissen sei“, sagt ein Bahnsprecher, „das hat sich dann aber nicht bestätigt.“ Die Feuerwehr rückte mit zwei Löschzügen und Spezialfahrzeugen aus. Weil bei dem havarierten Zug zunächst ein Brand gemeldet wurde und die Gleise durch Feuerwehrleute belegt waren, ließ die Bahn-Leitstelle aus Sicherheitsgründen auch die Gäubahntrasse sperren. Zum Ärger von Fahrgästen in einem vierten Zug. Diese Bahn musste vom Dachswald wieder zurück zum Westbahnhof rollen.

Während sich die Evakuierung der S 2 bei Vaihingen nach der Abschaltung des Stroms als weitgehend problemlos erwies, kam es bei der dritten Bahn, die sich mit 500 Reisenden noch im Tunnel vor dem Halt Universität befand, zu einer brenzligen Situation. Den Fahrgästen in der Linie S 1 Richtung Herrenberg wurde die Wartezeit zu lang. Einige Reisende öffneten selbstständig die Notentriegelung der Türen und verließen den Zug. „Als unsere Beamten im Tunnel eintrafen, waren einige Leute draußen“, sagt Bundespolizei-Sprecher Jonas Große. Das war nicht ungefährlich. Die Betroffenen, die offenbar über zwei Stunden gefangen waren, kamen dann aber in Begleitung der Rettungskräfte sicher zur Haltestelle. Die Bundespolizei musste die mehrere Kilometer lange Tunnelstrecke hinunter zur Schwabstraße zu Fuß kontrollieren, „um sicherzustellen, dass dort niemand unterwegs war“, so Große.

Die S-Bahn-Linien S 1 bis S 3 waren bis in den späten Abend unterbrochen. Ein Bahnsprecher hoffte, dass der Schaden bis gegen 22.30 Uhr behoben werden könne. Die S 1 verkehrte nur zwischen Herrenberg und Vaihingen sowie Kirchheim/Teck und Hauptbahnhof. Die S 2 pendelte zwischen Rohr und Filderstadt sowie Schwabstraße und Schorndorf. Die S 3 verkehrte nur zwischen Backnang und Bad Cannstatt. Tausende Fahrgäste mussten umsteigen – auf Ersatzbusse oder Stadtbahnlinien der SSB. Wer zum Flughafen wollte, hatte ihren Ärger mit massiven Verspätungen.

Die Kunde vom Bahninfarkt löste am Abend heftige Kritik des Grünen-Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel aus: „Es rächt sich immer mehr, dass über viele Jahre nicht ausreichend in die Infrastruktur der S-Bahn investiert wurde, alles ist hoffnungslos veraltet und störanfällig.“ Dies gelte auch für Aufzüge und Rolltreppen. Gastel forderte die Bahn-Verantwortlichen auf, „schnellstmöglich ein Konzept für die Sanierung der Infrastruktur vorzulegen und umzusetzen“.