Markus Babbel trainierte bereits den VfB Stuttgart und die TSG Hoffenheim Foto: Pressefoto Baumann

Der VfB ist immer noch ein toller Verein, sagt Ex-Trainer Markus Babbel vor dem Duell mit 1899 Hoffenheim (15.30 Uhr/ Sky). Zugleich sieht er die Gefahr, dass der Verein zur grauen Maus mutiert.

Der VfB ist immer noch ein toller Verein, sagt Ex-Trainer Markus Babbel vor dem Duell mit 1899 Hoffenheim (15.30 Uhr/ Sky). Zugleich sieht er die Gefahr, dass der Verein zur grauen Maus mutiert.

Stuttgart - Herr Babbel, wie geht’s? Man hat lange nichts gehört von Ihnen.
Danke, mir geht es gut. Ich bin viel unterwegs und schaue mir viele Spiele an.
Wo leben Sie gerade?
Ich pendle zwischen München und Mannheim.
Mannheim?
Ich habe private Verbindungen dorthin.
Was macht die Jobsuche?
Ich bin in einer Wartestellung, schaue mir viel an und bin up to date. Es muss halt zu 100 Prozent passen – dann greife ich wieder an.
Der Hamburger SV war kein Thema?
Nein, von dort hat sich niemand bei mir gemeldet.
Wo zieht es Sie denn hin: in die Bundesliga? Oder doch lieber nach England?
Die Bundesliga, aber auch die zweite Liga ist je nach Verein immer hochinteressant. Dasselbe gilt für England. Die Liga dort begeistert mich seit meiner Kindheit, außerdem habe ich ja selbst lange dort gespielt. Es gibt aber noch mehr als Deutschland und England. Ich bin offen für alles. Aber es muss passen.
Könnten Sie sich auch etwas anderes vorstellen? Co-Trainer beim FC Bayern zum Beispiel?
(Lacht) Ich sehe mich schon eher als Cheftrainer. Aber bei bestimmten Größen könnte ich mir auch vorstellen, ins zweite Glied zu rücken.
Bei Pep Guardiola?
Nein, zurzeit ist das kein Thema.
Haben Sie seit Ihrem letzten Engagement in Hoffenheim irgendwo hospitiert?
Ich habe bei Borussia Mönchengladbach und Eintracht Frankfurt reingeschnuppert. Und kürzlich war ich mit dem FC Bayern in New York. Das war hochspannend.
In welcher Funktion waren Sie da unterwegs?
Eher so im repräsentativen Bereich. Der Verein wollte bei seiner Büro-Eröffnung ein paar Ehemalige dabeihaben, und da wurde ich neben anderen wie Giovane Elber und Paulo Sergio gefragt. Ich kenne das Geschäft als Spieler und als Trainer. Nun war es auch mal interessant, das Ganze aus der Marketing-Perspektive zu sehen.
Kommen wir von den erfolgsverwöhnten Bayern zum erfolglosen VfB. Wann waren Sie zuletzt in der Mercedes-Benz-Arena?
Am zweiten Spieltag, gegen Köln.
Dann dürfte Sie ziemlich erschreckt haben, was Sie von Ihrem Ex-Club zu sehen bekamen.
So schlecht habe ich den VfB gar nicht gesehen. Die Spielkontrolle, der Spielaufbau waren in Ordnung. Was eben gefehlt hat, war die Gefahr vor dem Tor. Grundsätzlich habe ich gegenüber letzter Saison aber Fortschritte ausgemacht. Die Handschrift von Armin Veh ist erkennbar.
Trotzdem steht der VfB schon wieder am Tabellenende. Seit Jahren geht es kontinuierlich bergab. Welche Gründe sehen Sie?
Es war ein schleichender Prozess. Zunächst musste man mit Alexander Hleb, Mario Gomez, Sami Khedira & Co außergewöhnliche Spieler ziehen lassen. Solche Jungs zu ersetzen, das ist nicht immer einfach. Hinzu kam, dass das Gehaltsgefüge nach den Erfolgen peu à peu angehoben wurde. Dann blieben die Erfolge aus – und es ging Stück für Stück bergab. Der VfB braucht jetzt dringend mal wieder eine ruhige Saison.
Trauen Sie das der Mannschaft in dieser Spielzeit zu?
Sie hat Qualität – aber sie muss sie auf den Platz bringen. Sonst kann es wieder eine enge Kiste werden. Die Bundesliga ist nicht schlechter geworden, die Konkurrenz hat enorme Qualität. Schauen Sie sich Paderborn an. Die musst du erst einmal schlagen.
Wie wird der Verein inzwischen außerhalb Stuttgarts gesehen?
Der VfB ist der VfB, ein toller Verein. Er muss sich vor niemandem verstecken. Trotzdem ist es wichtig, dass er mal wieder ein Ausrufezeichen setzt. Sonst besteht schon die Gefahr, dass er irgendwann zur grauen Maus mutiert.
Was erwarten Sie vom Spiel gegen Ihren anderen Ex-Club, die TSG Hoffenheim?
Ein spannendes, vielleicht auch torreiches Spiel, mit einem hoffentlich guten Ende für den VfB.
Ihr Herz hängt noch immer am VfB?
Auf jeden Fall. Es ist immer schön, zum VfB zu kommen. Zum einen, weil ich dort eine wahnsinnig tolle Zeit hatte, zum anderen, weil noch sehr viele Kontakte bestehen. Zu Fredi Bobic, Jochen Schneider, Armin Veh. Unter ihm bin ich 2007 Meister geworden, er hat mich gefördert, um Trainer zu werden. Da ist eine sehr große Verbundenheit vorhanden.
Auf Hoffenheim sind Sie nicht mehr so gut zu sprechen?
Es hat, ohne jemandem einen Vorwurf machen zu wollen, nicht funktioniert. Ich habe nicht zum Verein gepasst und der Verein nicht zu mir.
Dort geht es aufwärts, seit Sie nicht mehr tätig sind.
Markus Gisdol hat Ruhe in den Verein gebracht. Er schafft es, das große Potenzial auch umzusetzen. Er leistet wirklich gute Arbeit.
Kann die TSG dem VfB dauerhaft den Rang ablaufen?
Schwer zu sagen. Hoffenheim hat auf jeden Fall den Vorteil, dass wesentlich mehr Ruhe herrscht als in Stuttgart, um etwas aufzubauen. Wie schnell es gehen kann, zu den vorderen Clubs aufzuschließen, zeigt das Beispiel Borussia Mönchengladbach. Prinzipiell haben beide die Chance, eine ähnliche Entwicklung zu nehmen.
Als Trainer im Wartestand gewinnt man einen anderen Blick auf das Geschäft. Was haben Sie Neues gelernt in dieser Zeit?
Ich beobachte die jüngste Entwicklung ein wenig mit Sorge. Es geht nicht mehr um Nachhaltigkeit, es geht nur noch um Hopp oder Topp. Wenn du gewinnst, wirst du gefeiert, wenn du verlierst, ist alles scheiße. Es werden kaum noch Zwischentöne ausgemacht. Insofern war der WM-Titel das Schlimmste, was passieren konnte.
Das müssen Sie erklären.
Schlimm ist vielleicht der falsche Ausdruck. Aber für jeden Trainer in der Bundesliga, der Weltmeister-Liga, hängen die Trauben jetzt sehr hoch. Jeder Fan fühlt sich als Weltmeister und erwartet jetzt auch von seinem Verein den maximalen Erfolg. Wenn man sieht, dass in Hamburg schon nach drei Spieltagen der Trainer entlassen wird, ist das sehr bedenklich. Der Geduldsfaden wird immer dünner.
Trotzdem zieht es auch Sie zurück ins Geschäft. Wann lassen Sie sich Ihr nächstes Vereins-Tattoo stechen?
(Lacht) Ich weiß nicht, ob noch was dazukommt. Ich werde ja auch nicht jünger – und mit zunehmendem Alter schmerzt das Stechen umso mehr.