Wenn donnernde Böllerschüsse durch die Dunkelheit dröhnen, und sich vermummte Gestalten im Fackellicht versammeln, dann wissen die Hofener, dass die fünfte Jahreszeit begonnen hat. Mit einem Fackelmarsch, Feuerwerk und Guggamusik sind die Scillamännle und zahlreiche Gäste vom Kelterplatz zur Burgruine gezogen, um das Greadeffele zu wecken und damit offiziell in die Fasnet zu starten.
Die Schüsse, die Mitglieder der Schützengesellschaft Freischütz-Mühlhausen abfeuerten, waren nicht zu überhören. Lautstark haben die Hofener Narren - die Maskenträger mit Kindergruppen, die Scillamusik und die Tanzgarden - sowie zahlreiche Hästräger aus anderen Fasnetsvereinen vor rund zwei Wochen mit dem Greadeffele-Wecken den Auftakt in die diesjährige Session gefeiert. Bis zum Aschermittwoch am 5. März gehen die tollen Tage. „Diesmal ist es eine recht lange Kampagne“, sagt Thomas Baur vom Präsidium der Scillamännle.
Bevor Pauline Louis, das Greadeffele der diesjährigen Hofener Fasnet, aus ihrem dunklen Gefängnis befreit wurde, hatten die Hogamale ihren düsterem Auftritt. Die Geschichte der dämonischen Hakenmänner gibt es an vielen Orten und wurde auch in Hofen erzählt, um Mädchen und Jungen vom Ufer des Neckars fernzuhalten, der früher unmittelbar an den Häusern vorbeifloss. Der Hogamale, so hieß es, treibe vor allem am Ortsrand auf Höhe der Hofener Burg sein Unwesen und ziehe Kinder, aber auch junge Frauen mit seinem Haken in die dunklen Tiefen des Neckars.
Seit 2014 sind die dunklen Gestalten fester Bestandteil der Hofener Fasnet und wachen das ganze Jahr über das Greadeffele in ihrem Verlies, die sie nun wieder für die närrische Zeit in die Obhut der Scillamännle übergaben.

Die Mär vom Greadeffele stammt aus dem Heimatbuch „Hofen a.N, und seine Burgruine nach Geschichte und Sage“ von Theophil Andreas Faßnacht, der von 1878 bis 1889 Pfarrer in Hofen war. Er spricht von einem „gespenstischen Spukwesen, der gefürchtete Grünpantoffel, vom Volksmund gewöhnlich im Diminutiv das „Grüntöffele“ genannt“. Das hochmütige Edelfräulein wurde der Sage nach wegen Üppigkeit, Hartherzigkeit und anderer Delikte „verwunschen“. „Es kommt herüber und rumort bald wie ein echter Poltergeist mit infernalem Lärmen, bald in seiner hoffnungsfarbigen Fußbekleidung daherschlurfend (...) in den Gängen herum und erfüllt die Seele des Kühnen und mehr noch die des Hasenfußses mit Grausen“, schreibt Pfarrer Faßnacht.
Närrische Lebenslust
Die Sage haben die Hofener Scillamännle aufgegriffen. Seit dem Jahr 1988 werden sie vom Greadeffele begleitet, das aber nicht als böses Burgfräulein, sondern als lebenslustiges Symbol der Narrenzunft daherkommt. Pauline Louis, die für diese Saison in die Rolle des Greadeffeles schlüpft, ist schon„seit ihrer Geburt“, wie sie sagt, bei den Scillamännle dabei. In der Familie der 21-Jährigen, die sonst Maskenträgerin ist, hat die Fastnacht schließlich Tradition. Schon ihre Mutter Ines war vor 25 Jahren als Greadeffele unterwegs. Die Scillamännle, die Naturverbundenheit, Bodenständigkeit und Brauchtum symbolisieren, gibt es schon länger. Das Gründungsjahr des Fasnetsverein ist 1985, doch schon einige Jahre davor grassierte der Narrenvirus unter den Hofenern, die aber unorganisiert erst als Waldhexen, dann als Kapellabronzer bei Umzügen mitliefen. 1984 trafen sich dann 17 junge Burschen im Gasthaus zum Ochsen und erschufen eine einheitliche Maskengruppe, die Scillamännle-Maskenträger, von denen es mittlerweile rund 65 gibt. Es sollte keine furchterregende Maske sein, sondern etwas, das mit der Umgebung, der Geschichte und der Historie von Hofen zu tun hat.
Wie der Scillawald unweit von Hofen. Schon seit Jahrhunderten wächst dort die Scillablume, die unter strengem Naturschutz steht, und nirgendwo sonst auf Stuttgarter Markung so üppig gedeiht. Der Blaustern, wie die Blume auch genannt wird, ist eine der ersten, die den Frühling ankündigen. Die Farben der Scillablume finden sich im Häs wieder: Grün, Blau, Lila und Flieder. Dazu tragen die Hofener eine freundliche und verschmitzt dreinblickende Maske, die aus Lindenholz geschnitzt ist und von einem großzügig wallenden Kopftuch in den Blütenfarben umkränzt ist.
Die heiße Phase der traditionellen Hofener Fasnet beginnt am 27. Februar, dem Schmotzigen Donnerstag, mit der Schülerbefreiung und dem Hemdglonker-Umzug, bei dem die Teilnehmer weiße Nachthemden und Nachtmützen tragen. Höhepunkt und zugleich Finale ist der große Fasnetsumzug durch die Straßen und Gassen am Faschingsdienstag, 4. März, zu dem 80 Gruppen mit rund 2000 aktiven Teilnehmenden erwartet werden.
Von Eva Herschmann
MÜHLHAUSEN FEIERT DIE FASNET
In Hofen startet der Schmotzige Donnerstag, 27. Februar, um 10.30 Uhr, in der Grundschule Hofen mit der Schülerbefreiung. Um 18 Uhr findet der Hemdglonker Umzug statt. Am Samstag, 1. März, um 15 Uhr, beginnt der Kinderfasching in der Turnhalle der Grundschule Hofen, der Eintritt kostet 3 Euro. Bereits ausverkauft ist der Scillaball, der abends ab 19 Uhr in der Grundschule gefeiert wird. Am Rosenmontag, 3. März, stürmen die Hofener zusammen mit den anderen Fasnetsvereinen aus dem Stadtbezirk um 13.30 Uhr das Rathaus in Mühlhausen. Die „RoMo-Party“ in der Grundschule steigt ab 19 Uhr, Karten kosten 8 Euro.
Der Fasnetsumzug am Faschingsdienstag startet um 13 Uhr, der Unkostenbeitrag für die Zuschauenden beträgt 3 Euro. Bewirtet wird schon ab 10 Uhr auf der Party in der Hogamale-Bar im Hinterhof der Gaststätte Ochsen, ab 11 Uhr im „Narrendorf“ auf dem Kelterplatz und ab 14.30 Uhr in der Turnhalle der Grundschule. Karten für die Veranstaltungen sowie Umzugsbuttons gibt es bei den Vorverkaufstellen Gasthaus Ochsen, Hairfashion Silke Mezger, Blumenbinderei und Bäckerei Rau in Hofen. Auch bei der 1. Narrenzunft Donner-Hexen 2005 Stuttgart-Mühlhausen geht es während der tollen Tage hoch her. Am 1. Februar steigt die 20. Donnernacht. Die Brauchtums-Narrenparty mit vielen Zünften, Garden, Guggenmusikern und Gesellschaften in der Turn- und Versammlungshalle Mühlhausen, beginnt um 18 Uhr.
Am Samstag, 8. Februar, von 13.30 Uhr bis 18 Uhr, erwartet die kleinen Narren beim Kinderfasching in der TuVH ein bunter Nachmittag voller Musik, Spaß und Faschingszauber. Karten für 2 Euro gibt es im Vorverkauf bei der Metzgerei Schlag. Am Freitag, 28. Februar, 19.11 Uhr, machen sich die Donner-Hexen und mit ihnen rund 80 närrische Gruppen aus nah und fern - mit einem Feuerwerk zum 14. Nachtumzug durch Mühlhausen auf, und auch hier bezahlt das staunende Publikum entlang der Strecke zwischen Arnoldstraße und Revaler Straße einen Unkostenbeitrag in Höhe von 3 Euro. Anschließend steigt die große Narrenparty in der TuVH Mühlhausen und im Narrendorf drumherum.
eha