Aus der Preisgerichtssitzung im September 2023 war kein klarer Gewinner hervorgegangen. Und nun steht nach einer Überarbeitungsphase und einer erneuten Sitzung der Jury auch der Sieger des städtebaulichen Wettbewerbs im Hallschlag fest. Das Quartier der GWG-Gruppe, das auch als „ehemalige Daimlersiedlung“ bekannt ist, wird nach den Plänen von Astoc Architects and Planners aus Köln in Zusammenarbeit mit Glück Landschaftsarchitektur aus Stuttgart umgestaltet. Der einst als Brennpunkt verschriene Cannstatter Stadtteil mausert sich immer mehr zum Vorzeigeviertel. Derzeit umfasst die ehemalige Daimlersiedlung in der Rostocker Straße und der Bottroper Straße mehr als 800 Wohnungen. Künftig könnten durch den Bau von zusätzlichen Wohngebäuden auf bisherigen Parkplätzen noch einmal bis zu 270 Wohneinheiten hinzukommen, darunter auch geförderte Mietwohnungen. Für Bernd-Marcel Löffler, den Cannstatter Bezirksvorsteher, ist das Projekt eine große Chance für den Bezirk zwischen der Löwentorstraße im Nordosten der Bahnstrecke Stuttgart-Untertürkheim – Kornwestheim im Nordosten und der Neckartalstraße, Haldenstraße und dem Sparrhärmlingweg im Süden. „Es ist eine tolle Entwicklung, es entsteht mehr moderner Wohnraum, ich bin begeistert“, schwärmt Löffler.
Die Aufgabenstellung verlangte von den Architekten, das Gesamtquartier an der Rostocker Straße/Bottroper Straße in Stuttgart im Hinblick auf Klimaneutralität, Biodiversität, die Mobilitätswende und den nachbarschaftlichen Zusammenhalt neu zu konzipieren und die Grün- und Freiflächen aufzuwerten. Der Siegerentwurf überzeugte durch seine Ideen für ein Quartier, das lebenslanges Wohnen ermöglicht. Einerseits beinhaltet er passende Wohnungsgrundrisse für verschiedene Mietergruppen, andererseits ist auf den Gemeinschaftsflächen vom Kindergarten über Coworking-Räume bis hin zu Seniorenwohngruppen für jedes Alter das passende Angebot dabei. „Die geplanten Gebäude fügen sich sehr gut in den Bestand und die Eigenschaften des Geländes ein und bieten eine hohe Flexibilität in der Weiterentwicklung“, erläutert Frederik Lutz, der Leiter Projektentwicklung, Bauträger und Vertrieb der GWG-Gruppe.
„Wir sind uns sicher, dass die neue, attraktive Gestaltung des Quartiers und vor allem der Freiflächen einen Mehrwert für die Mieterinnen und Mieter darstellen wird.“ Perspektivisch sei mit einer Realisierung des ersten Bauabschnitts ab 2028/2029 zu rechnen. Es tut sich was im Hallschlag, und das schon seit einigen Jahren. Nachdem sich im Quartier vieles zum Positiven entwickelt habe, entspreche der schlechte Ruf des Hallschlags längst nicht mehr den Tatsachen, erklärt Bernd-Marcel Löffler. Ein Grund dafür ist auch, dass das Quartier seit 2007 im Bund-Länder-Programm Soziale Stadt bedacht wird, mit dem die städtebauliche Aufwertung und die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts in Stadt- und Ortsteilen gefördert wird. „Die Förderung hat das Bild des Hallschlags nachhaltig verändert“, sagt der Cannstatter Schultes. An der Altenburger Steige seien vor ein paar Jahren sogar schicke Eigentumswohnungen entstanden. Ein klares Indiz dafür, dass sich das Image des Hallschlags gewandelt habe. Auch die Sanierung des Römerkastells und die Medienwelt, die sich dort und rund um das historische Gemäuer angesiedelt habe, hätten Strahlkraft, seien aber nur ein Baustein von vielen, so Löffler.
Travertinpark: Biotop und Grabungsschutzgebiet
Auch der Travertinpark ist ein Teil des neuen Hallschlags. Das Areal, das 2010 eröffnet wurde, ist seit Herbst 2014 – nach einer 14-monatigen Umgestaltung des Kernbereichs des Parks – komplett für die Öffentlichkeit zugänglich. Das Gelände ist als besonders geschütztes Biotop und Grabungsschutzgebiet ausgewiesen, bietet schöne Ausblicke und Einblicke in die geologische Vergangenheit des südlichen Hallschlags, der nachweislich zu den am frühesten besiedelten Gebieten auf der heutigen Stuttgarter Gemarkung zählt. „Der Hallschlag hat eben auch seine grüne Seite“, sagt Bernd-Marcel Löffler.
Bunt sei das Quartier, in dem rund 8000 Menschen leben, außerdem, so der Bezirksvorsteher. „Wir sind ein Stadtteil mit einer großen Vielfalt an Kulturen und einer Aufbruchstimmung in der Bevölkerung.“ Seit 2020 existiere das Projekt „Nachhaltig im Hallschlag“, bei dem unterschiedlichste Protagonisten – Kirchen, Einrichtungen, Organisationen, interessierte Bürgerinnen und Bürger – sich austauschen, vernetzen und nach konkreten Möglichkeiten suchen, nachhaltiges und umweltfreundliches Wohnen und Lebens im Wohngebiet Hallschlag umzusetzen. Der „Wandernde Mittagstisch“, der daraus entstanden ist und bei dem einmal im Monat Ehrenamtliche und Hauptamtliche für ihre Mitbürger und Nachbarn an wechselnden Orten im Hallschlag kochen, gewann im vergangenen Jahr den mit 3000 Euro dotierten „#Jetztklimamachen-Preis“ der Stadt Stuttgart. Eva Herschmann