Flößerfest in Murr hält Tradition lebendig

Wenn in Murr der Frühling Einzug hält, rückt ein Ereignis in den Mittelpunkt des Gemeindelebens, das weit über ein gewöhnliches Dorffest hinausgeht. Das Flößerfest, seit vielen Jahren fester Bestandteil des Veranstaltungskalenders, ist ein Fest der Gemeinschaft und eine Hommage an ein fast vergessenes Kapitel der Ortsgeschichte: die Flößerei auf der Murr.

Im 15. Jahrhundert wurde die Murr zu einer Lebensader des Holzhandels. Auf 48 Kilometern Länge war sie für die Flößerei ausgebaut. Vom Schwäbischen Wald bis zur Mündung in den Neckar transportierten Flößer das wertvolle Holz, das dann unter anderem für den Aufbau der Residenzstadt Ludwigsburg Verwendung fand. 1469 wurde diese Nutzung erstmals urkundlich erwähnt. Ein bedeutender Wirtschaftszweig entwickelte sich, der das Leben der Menschen in der Region über Jahrhunderte prägte.

Die Flößereirechte, anfangs im Besitz der Herzöge von Württemberg, wurden später von der Stadt Marbach übernommen. Doch mit dem Aufkommen der Eisenbahn im 19. Jahrhundert begann der Niedergang der Flößerei. 1872 wurde der Betrieb endgültig eingestellt.

Erbe neu belebt

Übrig geblieben sind Relikte wie das alte Floẞhaus und Erinnerungen, die im Gedächtnis der Gemeinde langsam zu verblassen drohten - bis der Handels- und Gewerbeverein Murr (HGV) beschloss, dieses Erbe neu zu beleben.

Mit dem ersten Flößerfest im Jahr 2008 schlug Murr ein neues Kapitel der Erinnerungskultur auf. Was klein begann, ist heute ein jährlicher Fixpunkt im Frühling geworden - ein großes Fest unter freiem Himmel, das Menschen aus Murr und Umgebung auf den Dorfplatz lockt.

1469

In dem Jahr wurde die Flößerei auf der Murr erstmals erwähnt.
Mit dem Flößerfest wird so eine jahrhundertealte Tradition gewürdigt.

Große Sorgfalt

Organisiert wird das Fest vom HGV, dessen Mitglieder nicht nur die Organisation übernehmen, sondern mit großer Sorgfalt auch den Zunftbaum vorbereiten - das Herzstück des Festes.

Dieser Baum ist mehr als nur Dekoration. Er trägt Schilder der ortsansässigen Zünfte und Handwerksbetriebe, ein Symbol für die wirtschaftliche Vielfalt der Gemeinde. Bis vor wenigen Jahren wurde der Baum noch mit reiner Muskelkraft aufgestellt - mithilfe sogenannter Schwalben, langen Holzstangen, die früher zum Aufrichten von Strommasten dienten. Doch die Stangen waren gealtert, das Wissen um ihre Handhabung schwand. Inzwischen übernimmt ein Kran diese Aufgabe - aus Sicherheitsgründen, aber ohne den symbolischen Wert zu schmälern.

Das Flößerfest ist mehr als eine historische Reminiszenz. Es ist ein Tag, an dem sich das Dorf trifft, feiert und zusammenkommt. Es gibt musikalische Begleitung, vom Grill duftet es nach Wurst und Fleisch, und der Fassanstich ist jedes Jahr ein Höhepunkt. Und auch die Kleinen werden sich nicht langweilen. Das Flößerfest ist nicht einfach ein Folklore-Event. Es ist Ausdruck einer tiefen Verbundenheit mit der eigenen Geschichte. In einer Zeit, in der viele regionale Eigenheiten im Einheitsbrei verschwinden, schafft Murr Flößerfest ein mit seinem Stück kulturelle Identität. Es erinnert daran, dass auch ein kleiner Fluss wie die Murr einst große Bedeutung hatte - und dass Traditionen dann lebendig bleiben, wenn sie gemeinsam gepflegt werden. red