Die Drogerie Brettschneider im Herzen von Oberstenfeld feiert 65-jähriges Jubiläum. Gründer Irmgard und Wolfgang Brettschneider waren Pioniere. Tochter Sabine Garbe hält die Idee ihrer Eltern aufrecht.
Als ihre Eltern Irmgard und Wolfgang Brettschneider in den Jahren des Wirtschaftswunders 1958 in der Oberstenfelder Bahnhofstraße 1 begonnen haben, waren sie wirkliche Pioniere in Gesundheitsfragen. Schon damals trugen die Eltern von Sabine Garbe die Idee einer Reform zur gesünderen Lebensweise weiter. Den Grundstein hatten einst Vorreiter wie der Gesundheitspfarrer Kneipp oder Turnvater Jahn gelegt.
Daraus hat sich schnell die Reformbewegung entwickelt. Die Inhaber der Reformhäuser haben sich 1930 zu einer Genossenschaft mit sehr strengen und hohen Qualitätsauflagen zusammengeschlossen.
Sabine Garbe hat all dies schon seit frühester Kindheit erlernt, bevor sie ab dem Jahr 2000 die Geschicke selbst bestimmte. Seither ist sie an sechs Tagen in der Woche in der Drogerie Brettschneider zu finden. Steht sie gerade nicht im Laden, ist sie im Büro, sorgt für Nachschub, bestellt den neuesten Duft oder eine interessante Geschenkidee, oder kümmert sich ganz profan um Buchhaltung und Gehälter der fünf in Teilzeit angestellten Mitarbeiterinnen. Für ihre eigenen Kinder und Enkel bleibt da nicht viel Zeit.
Wünsche und Bedürfnisse des täglichen Lebens
Neben dem reinen Reformbedarf deckt die Drogerie mitten im Herzen von Oberstenfeld alle Wünsche und Bedürfnisse des täglichen Lebens ab. „Zwischenzeitlich sind wir die einzige Anlaufstation für biometrische Passfotos im ganzen Oberen Bottwartal“, sagt Sabine Garbe über das große Spektrum ihres Angebots.
Dabei werden viele Kunden eher zufällig auf das interessante Angebot in der Ortsmitte aufmerksam. Wenn junge Mütter mit ihren Sprösslingen beim Kinderarzt im Obergeschoss des Geschäftshauses sind, entdecken sie im Schaufenster in der Kinderabteilung Piepmatz-Kindermützchen. Oft wird dann aus einem Zufallskauf eine langjährige Kundin, die sich über die neuesten Düfte informiert, schnell noch ein originelles Geschenk für einen nahenden Geburtstag entdeckt oder einen Tee für die Gesundheit mitnimmt.
Die Wünsche der Kunden sind vielfältig: Die Ladentür klingelt und ein weit über Oberstenfeld hinaus bekannter Maler, Dichter und Schriftsteller kommt vorbei und möchte seine Fotos diesmal selbst am Automat entwickeln lassen. Eine junge Frau hat sich das Wunderharz Propolis der Bienen bestellt, das ihr frisch gekühlt überreicht wird. Eine andere Kundin wird schnell fündig, als sie ein kleines Präsent für eine Feier sucht. Es scheint nichts in diesem Umfeld zu geben, was das Drogerie- und Reformhausteam nicht im Sortiment hat.
Langjährige treue Mitarbeiterinnen und Kunden
Apropos Team: Viele ihrer Mitarbeiter hat Sabine Garbe schon in die Rente verabschiedet. Erst jüngst wurde das 15-jährige Betriebsjubiläum von der Fachberaterin Martina Hinkel-Schilling gebührend gefeiert. Langjährige Treue – das gilt nicht nur für die rund 80 Prozent ihrer Stammkunden, sondern auch für das Mitarbeiterteam von Sabine Garbe selbst.
Doch Inhaberin wie Crew müssen flexibel sein. Das Sortiment hat sich im Laufe der Jahre immer wieder gewandelt. Hatten einst die Reformabteilungen selbst noch natürliche Bekleidung aus Naturfasern und viele andere Produkte im Sortiment, ist das ins Angebot der Drogerie hinüber gewandert. Und ganz oft werden Naturprodukte oder neue Ideen erfolgreich bekannt gemacht. Der Erfolg ist dann oft das Ende der Nische für Drogerie und Reformhaus. Übermächtige Discounter und Supermärkte werden angelockt und ziehen so Umsatz und Kunden ab.
Ein solches Beispiel ist die Erfolgsgeschichte des Manuka-Honigs aus Neuseeland. Dessen heilende und gesund machende Wirkung war schon den neuseeländischen Ureinwohnern – den Maoris – bekannt, und wurde von neuseeländischen Farmern übernommen, bevor die Wirkung auch größeren Kreisen bekannt wurde. Als dann schließlich Discounter und Supermärkte auf den Zug aufgesprungen sind, schloss sich dieser Nischenmarkt wieder.
Doch Sabine Garbe ist darüber nicht traurig. Aus ihrer Sicht hilft sie doch oft, einen wichtigen Gesundheitstrend einem breiteren Publikum nahezubringen. „Wir müssen eben flexibel sein“, sagt sie optimistisch über ihre Pionierrolle, um dann kurze Zeit später wieder von den Marktriesen verdrängt zu werden.
Ein weiterhin lebhaftes Einkaufsangebot
Die gute Beratung ihrer Kunden in Fragen zu Gesundheit und vielen anderen Themen steht für sie – wie für alle im Team – im Vordergrund. Und wenn aus dieser Zufriedenheit ein Kunde über Jahrzehnte zu ihr in die Drogerie und ins Reformhaus kommt, sieht sie für sich eine ihrer wichtigen Aufgabe erfüllt. Erst jüngst habe sie der Bürgermeister besucht und sie um ihre Mithilfe für ein weiterhin vielfältiges und lebhaftes Einkaufsangebot in Oberstenfeld gebeten, sagt Sabine Garbe bescheiden, doch stolz über ihre Rolle im kommunalen Leben.
Das Reformhaus in jüngere Hände legen
In Kürze wird Sabine Garbe 63 Jahre und kann sich gut vorstellen, die Geschicke der Drogerie und des Reformhauses in jüngere Hände zu legen. Mit ihrer Erfahrung würde sie auf Wunsch auch jederzeit weiterhin unterstützend mitwirken. Eine geregelte Übernahme – für Mitarbeiter wie für ihre Kunden – liegt ihr stark am Herzen. „Ich wünsche mir eine richtig gute Lösung für meine Angestellten wie für all die treuen, langjährigen Kunden“, sagt Sabine Garbe über ihre Zukunftspläne. Denn: „Da warten zwei kleine Enkel auf etwas mehr Oma-Zeit und noch so viele interessante Länder darauf, von mir entdeckt zu werden.“
Doch bis es so weit ist, kümmern sich Sabine Garbe und ihr Team weiterhin um die Anliegen ihrer Kunden und stehen für alle Reform- und Drogeriefragen beratend zur Seite. Ingo Nicolay