Natürlich gibt es eine jenseitige Welt. Die Frage ist nur: wie weit ist sie von der Innenstadt entfernt, und wie lange hat sie offen.“ So definierte einst Woody Allen das, was in Deutschland „City“ genannt wird. Und die Aussage zeigt, wie man sich diesen Ort vorstellt. Voller Leben und Möglichkeiten für Freizeit, täglicher Versorgung und Dienstleistungen: in Innenstädten braucht es Geschäfte, Sportangebote, Theater, Museen, Friseure, Praxen und mehr. Nicht zuletzt wollen Menschen sich dort treffen, flanieren, spazieren gehen, austauschen.
Die City, das ist die Seele einer Stadt, wo alles zusammenläuft, sie ist Dreh- und Angelpunkt, der dafür sorgt, dass sich Menschen in einer Kommune wohlfühlen, heißt es beim Städtetag. Innenstädte müssten zu Erlebnisräumen werden, in denen die Menschen sich gern aufhalten, ist auf dem Portal „Zukunft des Einkaufens“ zu lesen. „Geschäfte mit modernen Konzepten, ansprechende Restaurants, Cafés und Räume zum Verweilen. Dienstleister wie Ärzte, Banken und Behörden bilden das Rückgrat einer lebendigen Innenstadt. Alle können digitale Technologien nutzen, Angebote und Services bis zu den vernetzten Kunden zu bringen.“ Denn das Verhalten von Kundschaft und Klientel hat sich im digitalen Zeitalter verändert, es wird virtuell: Online wird zunehmend eingekauft, aber auch auf das Amt gegangen, wo das möglich ist. Keiner will in einem Rathaus warten, wenn man Anträge auch zuhause am Rechner stellen kann.
Doch es sind weder Technologien noch Angebote allein, die Innenstädte zu Orten machen, an denen Menschen gerne sind und länger bleiben wollen. Dazu gehört eben auch, dass eine Kommune Ambiente hat: Sie muss Geschichten erzählen und Menschen begeistern können. „Die emotionale Ansprache aller Menschen in einer Stadt und derjenigen, die sie besuchen, ist unerlässlich für eine lebendige und lebenswerte Stadt“, so das Team von „Zukunft des Einkaufens“. Nach der Coronapandemie zeigt sich, dass zwar so manche Geschmack am Homeoffice gefunden haben und so manches am Computer oder Tablet erledigen. Aber die Veranstaltungsmacherinnen und -macher bemerken gleichzeitig, dass der Wunsch nach Live-Events stärker ist denn je. Gab es noch Zurückhaltung unmittelbar nach dem Ende der Pandemie, sind nun die Säle wieder voll.
Auch Sven Hahn, der die City-Initiative Stuttgart (CIS) leitet, bestätigt, dass eine Stadt ein Ort des Erlebens und des Erlebnisses sein muss. Das Anliegen des City-Managers: Die Stuttgarter Innenstadt soll sowohl für Händler, Gewerbetreibende und Kulturschaffende als auch für Besucher und Gäste ein angenehmer, lebendiger und attraktiver Ort sein. Dafür, so betont er, brauche es die ganze Bandbreite von kleinen spezialisierten inhabergeführten Geschäften bis zu großen Kaufhäusern, vom Imbiss bis zum Sterne-Restaurant, von Bildungsinstitutionen bis Kultureinrichtungen in verschiedenen Ausprägungen.
Der Handel ist wichtig, aber es geht um viel mehr

Richtig sei, dass der Handel als Grundfunktion zukünftig insgesamt weniger Fläche habe, unter anderem auch aufgrund der digitalen Möglichkeiten, aber er werde nie verschwinden. Auch Büros werde man weiterhin benötigen – trotz aller Möglichkeiten, zuhause zu arbeiten. Also brauche es Anreize. „Menschen kommen aus vielen verschiedenen Gründen in die Stadt.“ Leben doch in den Kerninnenstädten weniger Menschen als drumherum. So waren zum Beispiel im Februar 2024 rund 610 000 Personen in Stuttgart gemeldet. Laut Verwaltung wohnen im Stadtbezirk Mitte knapp 23 000 Menschen, während es dort ungefähr 100 000 Arbeitsplätze in Handel, Dienstleistungen, Verwaltung und Politik gibt.
Also müsse auch das Thema Mobilität stetig weiterentwickelt werden in einer Gesellschaft im demografischen Wandel, so Hahn. „Man muss es Besucherinnen und Besuchern angenehm machen, anzureisen.“ Denn Einige kommen von außerhalb, vor allem am Wochenende sieht man in der Landeshauptstadt Kennzeichen auch aus der Schweiz und Österreich. „Dafür braucht es eben auch Parkplätze.“ Die Allerwenigsten, ob von nah oder fern, kämen nur zum Einkaufen wie einst. Aufenthalte würden gerne mit Kultur, Sport, Gastronomie und anderen Angeboten verbunden. „Daher sind auch Zwischennutzungsprojekte und Initiativen wie Bouldern oder Trampolinhallen gut, sie bringen Leben in die Zentren und die Stadtgesellschaft.“ Allen Akteuren, ob Theaterintendant, Festivalmacherin, Hotelchef, Ladenbetreiberin oder Restaurantbesitzer, sei daher längst klar, dass sie an einem Strang ziehen müssten. Allein am Cityring würden im Einzelhandel jährlich zwei Milliarden Euro umgesetzt. „Alle profitieren voneinander. Alle sind kreativ, bringen innovative Ideen ein.“
Diese Ideen wollten allerdings auch umgesetzt werden. Da sei die Verwaltung gefragt, um schneller und weniger bürokratisch zu handeln, etwa in Sachen Planungen und Immobilien. Hier betrieben eher Privatinvestoren Stadtentwicklung, wie manch ansehnliches Bauprojekt zeige. Doch derlei gehöre auch zum Ambiente wie saubere Parks und Grünflächen. Hahn lobt in diesem Zusammenhang das Ordnungsamt der Landeshauptstadt, da laufe die Zusammenarbeit etwa für Events im öffentlichen Raum sehr gut und pragmatisch.
Ganzheitliche Konzepte für die City funktionieren nicht nur in Großstädten
Dass Veranstaltungen, ob Konzerte, Aktionstage, Vereins- oder Stadtfeste, unerlässlich sind, um Innenstädte zu beleben, gilt freilich nicht nur für Stuttgart, sondern für alle Kommunen. Beim traditionellen Haft- ond Hokafescht in Kirchheim unter Teck beispielsweise bieten im Sommer zwei Tage lang Vereine und Organisationen unterschiedliche Formate an, von Leckereien über Kulturelles bis zum Kinder- und Jugendflohmarkt. Die Altstadt sei das Herz der Wohlfühlstadt, betont Hanna Müller von der Stadtverwaltung Kirchheim unter Teck. Der Veranstaltungskalender sei prall gefüllt, die Stadt liebe es, Gäste zu begrüßen. „Auf dem Markt oder zu einem Kaffee unter mächtigen Kastanien trifft man sich gern. In den individuellen Geschäften stehen die engagierten Inhaber für fachkundige Beratung bereit und am Wochenende ist Gelegenheit, zwischen den charmanten Fachwerkhäusern ausgelassen bei zahlreichen Festen und Veranstaltungen das Leben zu feiern.“