Letzte Woche hat man vielleicht noch gemeinsam Ideen fürs Betriebsfest gesammelt, vorgestern zusammen in der Kantine gesessen. Und dann das: Die Werkbank der Kollegin steht verwaist im Raum, der Schreibtisch des Kollegen bleibt auf einmal leer. Schließlich die traurige Nachricht: Die Person, mit der man eben noch zusammengearbeitet hat, ist gestorben.
Eine Situation, die nicht nur für Trauer, sondern oft auch für Überforderung sorgt. Manchmal könnten die Kollegen die Nachricht erst gar nicht fassen, gerade wenn es sich um einen plötzlichen Todesfall handelt, sagt Doris Hamer. Sie ist Sozialpädagogin und begleitet bei der Beratungsstelle Charon der Hamburger Gesundheitshilfe Menschen bei Trauerfällen in Unternehmen. Gleichzeitig bedeutet der Tod eines Kollegen oder einer Kollegin aber auch, Termine müssen geändert, Kunden verständigt werden. Und wer übernimmt eigentlich die Aufgaben des Verstorbenen? „Man darf auch nicht unterschätzen, dass ganz viele vielleicht auch enger miteinander verbunden sind“, sagt die systemische Coachin und Trauerbegleiterin Petra Sutor, die Konzerne in Trauerfällen unterstützt. „Wenn dann jemand verstirbt, ist das ein Bruch.“ Der Arbeitsplatz sei allerdings ein Ort, der oft nicht mit Emotionen in Verbindung gebracht werde. Zu Unrecht, wie Sutor findet. „Wir Menschen ziehen unsere Emotionen, wie wir sind oder auch im Kontext zum Tod und zum Sterben sozialisiert sind, nicht mit dem Mantel an der Firmentür aus.“ Umso wichtiger sei es, dass Unternehmen nach einem Todesfall nicht einfach gleich zur Tagesordnung zurückkehren. Das beginnt schon bei der Überbringung der Todesnachricht. „Wenn Sie ein Team haben und das mitteilen müssen, rufen Sie alle, die da sind, zusammen“, rät Hamer.
Für Petra Sutor ist vor allem eines wichtig: Die Mitarbeiter direkt zu informieren, „damit der Flurfunk gar nicht erst losgeht“. In großen Unternehmen mit mehreren Standorten hält sie eine erste Benachrichtigung per E-Mail für sinnvoll. „Und dann im besten Fall auch sofort sagen, wir treffen uns vielleicht am nächsten Tag und gedenken gemeinsam.“ Wichtig ist eine Ansprechperson im Unternehmen, die die Fäden zusammenführt. Eine Aufgabe, die in der Regel dem Vorgesetzten zukommt – und oft einem Balanceakt gleicht. „Wenn ich als Vorgesetzter merke, ich kann das nicht, dann muss ich mir jemanden an die Seite holen“, so Sutor. Das könne etwa ein Mitglied der Personalabteilung sein oder auch eine externe Beratung. Letztendlich sei es aber wichtig, dass das Team im Gespräch miteinander herausfinde, was der beste Weg sei, um gemeinsam an den Verstorbenen zu erinnern, so Hamer. Das könne ein Kondolenzbuch sein oder eine Erinnerungskiste mit Fotos.
Doch auch hier gilt: Jeder trauert anders, so Hamer. „Einige Leute müssen sich auch ablenken und sagen, ich will jetzt erst mal normal weiterarbeiten.“ Und auch wenn der Arbeitsplatz des Verstorbenen irgendwann neu besetzt wird: „Es schadet nicht, wenn Vorgesetzte sich den Todestag im Kalender markieren“, rät Sutor. Für manche Mitarbeitende könne etwa auch der erste Todestag schwierig sein. „Und dann kann ich schauen, dass ich vielleicht an dem Tag nicht unbedingt die Weihnachtsfeier organisiere.“