Teile einer Tunnelbohrmaschine am Fildertunnel, aufgenommen am 14. Mai 2014. Foto: dpa

Der Zwischenagriff für den Fildertunnel bei Degerloch gilt unter Kennern als vom Tisch. Nachfragen dazu werden trotzdem in schöner Regelmäßigkeit gestellt. Diesmal vom grünen Landtagsabgeordneten Nikolaus Tschenk.

Degerloch - Nikolaus Tschenk wollte auf Nummer sicher gehen. Ende April hat der grüne Landtagsabgeordnete für die Filderbezirke dem baden-württembergischen Verkehrsminister verschiedene Fragen zu Stuttgart 21 gestellt. Eine Frage betrifft Degerloch. Die Landesregierung solle berichten, „ob die Bahn nach wie vor Pläne verfolgt, entlang der Bundesstraße im Bereich Sigmaringer Straße Degerloch/Möhringen einen Tunnel-Zwischenangriff einzurichten“, ist zu lesen.

Unter Kennern rechnet wohl keiner mehr damit

Der Zwischenangriff bei Degerloch würde den Tunnelbau beschleunigen. Doch unter Kennern rechnet wohl keiner ernsthaft mit ihm, zumal sich die Bauherren für eine andere Methode entschieden haben. Der Fildertunnel soll komplett unterirdisch und fast durchgängig mit einer Vortriebsmaschine gegraben werden. Dafür braucht es keinen Zwischenangriff.

Tschenk sagt, was ein Grüner eben sagt: „Wir begleiten S 21 kritisch.“ Die Aussagen der Bahn seien „nicht unbedingt verlässlich“. Deshalb frage er lieber nach. Der Verkehrsminister Winfried Hermann antwortete, gestempelt am 19. Mai: „Die Deutsche Bahn AG prüfe zurzeit, ob die Flächen auch für einen Tunnel-Zwischenangriff genutzt werden sollen. Eine finale Einscheidung hierzu sei noch nicht gefallen.“

Der Bauherr will dürfen, wenn er denn wollte

Die Sätze stehen nicht versehentlich im Konjunktiv. Sie stammen von der Bahn. Denn die Aussagen eines Sprechers des Kommunikationsbüros für Stuttgart 21 stimmen fast wortgleich überein. Die finale Entscheidung sei noch nicht gefallen, es werde gerade geprüft. Zudem sagt er: „Man will und kann die Planungssicherheit des Planfeststellungsbeschlusses nicht aufgeben.“ Heißt: Der Bauherr will dürfen, wenn er denn wollte. Und dass er darf, ist amtlich. Damit ist und bleibt der Zwischenangriff ein offenes Hintertürchen.

Für Brigitte Kunath-Scheffold ist das nichts Neues. Sie gehört auch zu denjenigen, die davon ausgehen, dass sich die Sache mit dem Zwischenangriff erledigt hat. Die Degerlocher Bezirksvorsteherin hat keine anderen Informationen. Im Februar hatte der Bezirksbeirat Besuch von Volker Weiß, Projektabschnittsleiter der Deutschen Bahn. Weiß hatte den Zwischenangriff für höchst unwahrscheinlich erklärt – aber nicht ausgeschlossen. In Degerloch wird in schöner Regelmäßigkeit nach dem Zwischenangriff gefragt. „Wir hoffen“, sagt Brigitte Kunath-Scheffold. Dass der unwahrscheinliche Fall nicht eintritt. „Die schlimmste Befürchtung des Bezirksbeirats sind die Beschwernisse hinsichtlich Verkehr und Lärm“, sagt sie.

Der Fildertunnel ließe sich von mehreren Seiten angehen

Die Großbaustelle wäre auf einem Feld zwischen Degerloch und Möhringen, von dort aus würde ein Tunnel bis zur Mitte des eigentlichen Fildertunnels getrieben werden; so ließe sich der 9,5 Kilometer lange Fildertunnel von mehr Seiten angehen. Beim Zwischenangriff fielen etwa 900 000 Kubikmeter Erde an, das entspricht einem Berg mit einem Durchmesser von 200 Metern und einer Höhe von 90 Metern. Unzählige Lastwagen wären unterwegs.

Weil Brigitte Kunath-Scheffold und ihre Bezirksbeiräte gern gut informiert sind, haben sie heute, Mittwoch, einen Außentermin. Sie besichtigen die S-21-Baustelle am Fasanenhof. „Bei der Gelegenheit können wir dann auch den Sachstand Degerloch erörtern“, sagt Brigitte Kunath-Scheffold.

Wirklich schlauer ist der grüne Landtagsabgeordnete Tschenk nicht. Aber er sagt, er wisse jetzt: Der schlimmste Fall könnte eintreten. Der Zwischenangriff wäre aus seiner Sicht „eine schlechte Konsequenz aus einem schlechten Projekt“, sagt Tschenk. Er wird deshalb wohl weiter auf Nummer sicher gehen.