In der Münchner ADAC-Zentrale werden aus Kostengründen 400 Jobs gestrichen. Foto: dpa

Die durch den Radikalumbau von Deutschlands größtem Automobilclub entstandene Finanznot wird durch den Wegfall von bisher gewährten Steuerprivilegien größer. Nun muss beim ADAC gespart werden – 400 Arbeitsplätze fallen in der Münchner Zentrale weg.

München - Für Deutschlands größten Automobilclub ADAC beginnt eine Zeitenwende. Die Autofahrerlobby baut nicht nur erstmals in ihrer jüngeren Geschichte in der Münchner Zentrale 400 Stellen ab, sie muss ungeachtet ihres Radikalumbaus ab sofort und für mehrere Jahre rückwirkend auch Versicherungssteuer zahlen. Es geht um neue Ablieferungen an den Fiskus von rund 50 Millionen Euro jährlich, bestätigt ein Insider. „Der ADAC e.V. hat Ende Juli 2017 eine Steuerfestsetzung des Bundeszentralamts für Steuern in zweistelliger Millionenhöhe erhalten und fristgerecht bezahlt“, erklärt der Club offiziell. Diese Bundesbehörde ist seit 2010 für den ADAC zuständig. Davor waren es bayerischen Finanzbehörden, die den Club versicherungssteuerlich weitgehend verschont hatten.

Leistungen wie Unfall- und Pannenhilfe unterliegen einer Versicherungssteuerpflicht

Mit dieser Praxis ist es nun vorbei. Die Steuerzahlung diesen Sommer betraf dem Vernehmen nach rund 90 Millionen Euro für die Zeit von Frühjahr 2014 bis Ende 2015. Für die beiden Jahre 2016 und 2017 erwartet der Club einen weiteren Steuerbescheid über rund 100 Millionen Euro und dann jeweils rund 50 Millionen Euro in Folgejahren. Das Bundeszentralamt für Steuern ist anders als die bayerische Steuerbehörde der Meinung, dass der ADAC in Leistungen wie Unfall- und Pannenhilfe einer Versicherungssteuerpflicht unterliegt. Damit läuft der Radikalumbau des Clubs zumindest teilweise ins Leere. Denn ausgehend von einem Skandal um massive Manipulationen beim inzwischen gestrichenen ADAC-Automobilpreis Gelber Engel hat sich die Autofahrerlobby nach harter interner Diskussion einer Dreiteilung des Gebildes ADAC unterzogen. Es gibt nun neben einem Verein rechtlich davon strikt getrennte Wirtschaftstöchter mit Versicherungen und anderen kommerziellen Aktivitäten sowie völlig neu als dritten Teil eine ADAC-Stiftung als Dach für gemeinnützige Aktivitäten wie etwa die Flugrettung.

Mit diesem Konstrukt wollte der ADAC seinen Steuervorteil als Verein sichern. Dieser Status war mit dem unkontrollierten Ausweiten kommerzieller Geschäfte ernsthaft in Gefahr geraten. Nach der jüngsten Reform und Dreiteilung bestätigte das zuständige Registergericht in München Anfang des Jahres den Vereinsstatus des ADAC und das Aufatmen war groß. Weniger beeindruckt zeigte sich nun allerdings das Bundeszentralamt für Steuern. Dessen Entscheidung trifft den Club in einer prekären Situation. Denn die neuen Strukturen sind ohnehin kostspieliger als die alten, weshalb der ADAC bis 2020 rund 170 Millionen Euro sparen muss und sich dafür ein Programm namens „Pole Position“ verordnet hat. Dafür blutet auch das Personal. In der Münchner Zentrale sollen 400 von 2500 Stellen gestrichen werden. Insgesamt arbeiten bundesweit für den ADAC und seine Regionalclubs gut 9000 Beschäftigte.

ADAC will sich nicht äußern

Die neuen Steuerpflichten seien in den bisherigen Sparzielen bereits enthalten, betont ein Insider. Der ADAC selbst will sich dazu nicht äußern. Keinesfalls würden nun aber die Mitgliedsbeiträge steigen oder es werde an Mitgliedsleistungen gespart. Man wolle auch versuchen, ohne betriebsbedingte Kündigungen über die Runden zu kommen, was aber nicht garantiert sei.

Für den Automobilclub ADAC ist der anstehende Stellenabbau völliges Neuland. Vom heutigen Personal kann sich niemand daran erinnern, dass es jemals zu einem solchen Schritt gekommen ist. Die neuen Steuerpflichten unterstreichen aber nun die Sparzwänge. Schon das Jahr 2016 hatte dem Verein operativ ein Defizit von 2,4 Millionen Euro beschert. 2017 dürften die Steuerzahlungen das deutlich ausgeweitet haben. Daran können auch die Einnahmen von jährlich rund 1,2 Milliarden Euro Beiträge von den mittlerweile mehr als 20 Millionen ADAC-Mitgliedern nichts mehr ändern.