Christian Streich hat in Freiburg viel Spaß an Platz eins in der zweiten Fußball-Bundesliga. Foto: dpa

Der SC Freiburg erfindet sich nach dem Abstieg mit seinem alten Trainer neu und steht vor dem abermaligen Sprung in die Bundesliga. Der Sportclub kann am Freitag in Paderborn die Rückkehr ins Fußball-Oberhaus perfekt machen.

Freiburg - Christian Streich hat so seine Eigenarten. Zum Beispiel diese: was er sportlich nicht beeinflussen kann, interessiert ihn auch nicht. Wie am vergangenen Samstag. Da radelte der Zweitliga-Coach des SC Freiburg nach dem Auslaufen mit seiner Mannschaft munter an der Dreisam entlang, während in Nürnberg der 1. FC Union Berlin die Breisgauer mit einem Erfolg fast zum Bundesliga-Aufstieg geschossen hätte. Streich war’s schnuppe.

Er trat lieber in die Pedale, und nicht mal auf seinem Smartphone hätte er vom Coup der Eisernen erfahren. „Ich hab das Handy sowieso aus“, verriet Streich, „es ist nur dabei, dass ich nicht irgendwo im Wald lieg’, wenn ich auf dem Ranzen lande.“ Sicherheit geht vor. Nicht nur bei Streich, sondern auch beim SC Freiburg. Es könntequasi das Leitbild des Vereins sein. Hektik und Panik gehören nicht auf das Clubgelände an der Schwarzwaldstraße.

Und genau in dieser Besonnenheit mag das Erfolgsrezept liegen, weshalb der Sportclub an diesem Freitag (18.30 Uhr) beim SC Paderborn mit einem Sieg den Aufstieg perfekt machen kann. Denn an der Dreisam sind sie nach dem Bundesliga-Abstieg in der Vorsaison, dem vierten seit 1992, ruhig geblieben. „Auch wenn der Abstieg unheimlich geschmerzt hat“, wie sich Streich mit Grausen an den letzten Spieltag im Oberhaus erinnert, als seine Mannschaft mit dem 1:2 in Hannover noch von Rang 14 auf Platz 17 abstürzte.

Kein panischer Aktionismus

Im beschaulichen Universitätsstädtchen verfielen sie aber – wie so oft – nicht in panischen Aktionismus. Der Präsident Fritz Keller, der Sportdirektor Jochen Saier und der Sportliche Leiter Klemens Hartenbach hielten wie selbstverständlich am Trainer fest – entgegen aller Mechanismen im Profifußball. „Wir sind ja nicht wegen Christian Streich abgestiegen, sondern weil das immer mal passieren kann“, begründet Keller das Treuebekenntnis.

Dem Trainer trauten sie jedenfalls zu, den notwendigen Umbruch zu schaffen. Ein gutes Dutzend bundesligaerfahrener Kräfte hatte den SC nach dem Saisonende verlassen, darunter Roman Bürki (Dortmund), Jonathan Schmid (1899 Hoffenheim) oder Admir Mehmedi (Leverkusen). Nur – und das ist wohl der Vorteil im Badischen – diese Situation kennen sie. In schöner Regelmäßigkeit müssen die Freiburger ihre Topakteure ziehen lassen. Für Streich, Saier und Hartenbach war es also nichts Neues, einen Transferüberschuss in zweistelliger Millionenhöhe zu erwirtschaften und dabei eine Mannschaft zu formen, die selbst dem potenten RB Leipzig Konkurrenz macht. „Wir haben ein Team zusammengestellt, das nachhaltig sein soll, über diese Saison hinaus“, sagt Fritz Keller. Der nun mögliche Aufstieg sei gewissermaßen nur ein Zufallsprodukt.

Einer, der für eben jene Nachhaltigkeit steht, ist der Torjäger Nils Petersen. Den 27-jährigen Strafraumkünstler wollte man unbedingt halten. Und buhlte mehr um ihn, als vielleicht um einen der anderen abwanderungswilligen Kandidaten. Eine weise Entscheidung. Der Stürmer ist neben Bochums Simon Terrode mit 20 Toren treffsicherster Schütze in Liga zwei.

Willkommenskultur stimmt

Doch Petersen, der gerade seinen Vertrag verlängert hat, ist nur ein Teil im Offensivspektakel (70 Tore). Neben ihm überzeugt der Standardexperte Vincenzo Grifo (14 Saisontreffer), der vom FSV Frankfurt kam, und hinten sichert der Sechser Amir Abrashi (Grasshoppers Zürich) gekonnt ab. Und weil dieses Mal die Transferpolitik nahezu perfekt aufging, sogar die Winterzugänge Florian Niederlechner (FSV Mainz 05) und Pascal Stenzel (Borussia Dortmund) schlugen ein, durfte das sonst so beliebte Programm „Jugend forscht“ ausnahmsweise mal in der Schublade bleiben. „Unsere Willkommenskultur in der Mannschaft hat gestimmt, deshalb fühlen sich alle so wohl“, sagt Keller.

Allerdings: nicht alles war im Breisgau eitel Sonnenschein. Zu Beginn der Rückrunde setzte es in vier Spielen drei Niederlagen. Doch die Mentalitätsmonster des Seitenlinien-Derwischs Streich hielten dem Druck stand. Seit zehn Spielen sind sie inzwischen ungeschlagen, neun davon haben sie gewonnen, darunter einige, bei denen der SC die schlechtere Elf war. „Wir machen zurzeit das, was wir am besten können: gegen den Ball arbeiten“, sagt Streich. Und auch darum sind sie fast am Ziel: Drei Punkte fehlen nur noch, um aus eigener Kraft in die Bundesliga zurückzukehren. Am besten der SC holt sie in Paderborn. Sicher ist sicher.