Im Heizkraftwerk Gaisburg hat die EnBW von Kohle auf Gas umgestellt. Bis 2035 soll es von Wasserstoff als Energieträger abgelöst werden. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Sozialdemokraten warnen davor, bei der Energiewende allein auf Wasserstoff zu setzen. Er sei zu teuer oder nicht in genügender Menge verfügbar.

Die Landeshauptstadt will bis 2035 klimaneutral sein, das hat der Gemeinderat vor Kurzem beschlossen. Ein wichtiges Element dabei ist die Umstellung des Fernwärmenetzes auf klimaneutralen Heizstoff. Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) propagiert den Zwischenschritt von Kohle zu Gas und ab 2035 zu klimaneutral erzeugtem Wasserstoff. Die Sozialdemokraten im Stuttgarter Gemeinderat melden erhebliche Zweifel an und befürchten, dass die Wärmeversorgung vieler Haushalte auf diesem Weg wegen eines Wasserstoff-Mangels nicht machbar oder aber unbezahlbar ist. Gemeinsam mit Grünen und dem Linksbündnis fordern die Genossen, dass die EnBW ihren Plan zur Dekarbonisierung vorlegt.

Im Entwurf zur Novellierung des Landes-Klimaschutzgesetzes finde sich, anders als zum Beispiel in Hamburg, keine Pflicht für diesen Plan, moniert der Klimaschutz- und Energiesprecher der SPD, Michael Jantzer. In ihrem gemeinsamen Antrag drängen die Fraktionen darauf, dass die Stadt in der Anhörung zur Novelle den Fahrplan fordert. Notfalls, so Jantzer, könnte auch der EnBW-Aufsichtsrat in diesem Sinne tätig werden.

Eine Gegnerschaft zu dem Energiekonzern will die SPD nicht aufbauen – im Gegenteil. Um das Klimaziel zu erreichen, sei eine starke Ausweitung der Fernwärme nötig, dazu müsse man „einen Weg der Zusammenarbeit finden“, so Jantzer, und zwar unabhängig von dem noch laufenden Klageverfahren der Stadt, die auf die Übernahme des Wärmenetzes pocht. Vor Gericht ergab sich eine Art Patt. Die Kommune könne von der EnBW des Rückbau des Netzes fordern, so der vorerst letzte Stand. Klimaschutztechnisch wäre das ein Rückschritt. Beide Parteien haben die Revision beantragt.

Beim Thema Wasserstoff verweist Jantzer auf die jüngste Untersuchung des Öko-Instituts Freiburg im Auftrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz. Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung mit Wasserstoff zu betreiben stellten die teuerste Option dar, so die Experten. Stuttgart könne andere Wärmequellen erschließen, zum Beispiel im Neckar an drei Stellen im Stadtgebiet große Wärmepumpen einbringen. Das könne auch eine Aufgabe für die Stadtwerke Stuttgart sein, so Jantzer, die vom Gemeinderat mit 100 Millionen Euro zusätzlichem Eigenkapital für die Energiewende ausgestattet worden sind. Dass sich die Stadtwerke um Flächen für Windräder bemühten, könne nur ein erster Schritt sein. Jantzer hat errechnet, wie viele nötig wären, um Stuttgart klimaneutral zu bekommen: 150 große Räder müssten aufgestellt werden. Das zeige die gewaltige Dimension der Klima-Entscheidung.