Schwester Irmtraud stanzt die Hostien an einer 150 Jahre alten Maschine aus.Foto:Andreas Reiner Foto:  

Das Geschäft mit Hostien ist rückläufig. Doch im Oberschwäbischen trotzen Ralf Klumpp mit seiner Manufaktur in Ochsenhausen sowie die Franziskanerinnen vom Kloster Bonlanden diesem Trend. Vor Pfingsten und Fronleichnam läuft die Produktion auf Hochtouren.

Ochsenhausen/Bonlanden - An Wunder, nein, an die glaubt Ralf Klumpp nicht wirklich. Zumindest nicht an sogenannte Hostienwunder. Es kommt zwar tatsächlich vor, dass sich die weißen Oblaten verfärben. Bei seinen in Säcken verpackten Backabfällen passiere das mitunter: „Da suppt dann ein rötlicher Saft raus“, sagt der 52-Jährige. Um eine überirdische Verwandlung in „Bluthostien“ handle es sich dabei aber nicht: „Wenn Hostien feucht werden, bekommen bestimmte Hefearten einen Nährboden. Es ist also einfach ein biochemischer Vorgang.“ Als ganz profanes Geschäft betrachtet er seine Hostienbäckerei dennoch nicht, schließlich hat er einen Eid auf die Bibel abgelegt. Dem Codex Iuris Canonici, also dem Gesetzbuch der Katholischen Kirche entsprechend, backt er streng nach Vorschrift: „Eine Hostie darf nur aus Mehl und Wasser bestehen, so will es das uralte Reinheitsgebot“, sagt Klumpp. Und fügt hinzu: „Ich stehe spirituell hinter dem, was wir hier tun. Sonst hätte das Ganze keinen Sinn.“ Sein kleines Familienunternehmen, das in dritter Generation besteht, leitet er „in tiefer christlicher Tradition“.

Obwohl weder Zucker noch Zimt, sondern nur zwei Zutaten verwendet werden, duftet es in den Kellerräumen des Klumppschen Wohnhauses im oberschwäbischen Ochsenhausen appetitlich nach frischgebackenen Waffeln. Die Maschinen rattern, rauschen, rumsen. Klumpp und seine fünf Mitarbeiterinnen sind seit 6.30 Uhr am Werkeln. Bis zum frühen Nachmittag, dem Produktionsende, werden sie bis zu 180 000 Hostien hergestellt haben – „etwa 30 000 weiße Hostien und bis zu 150 000 Brothostien, in verschiedenen Größen“, so Klumpp. Der Unterschied? Die weißen Hostien, eine Minute lang bei 130 Grad gebacken, seien traditionell, „bleiben aber auch eher am Gaumen beppen“. Brothostien, zwei Minuten lang bei 200 Grad im Eisen, geraten durch den längeren Backvorgang und die höheren Temperaturen bräunlich – und erinnern eher an richtiges Brot. „Im deutschsprachigen Raum haben sich die Brothostien durchgesetzt.“ Vielleicht auch, weil sie nicht zusammenkleben – „und dadurch bei der Messe besser verteilt werden können“, erklärt Ralf Klumpp.

„Hostien sind ein würdiges Produkt“

Früher arbeitete der gelernte Lebensmitteltechnologe in der Nahrungsmittelindustrie: „Das war nichts für mich.“ Lieber ist er sein eigener Herr. Vor 15 Jahren stieg Klumpp in den väterlichen Betrieb ein, übernahm ihn schließlich und hat nun „statt ständigem Druck von den Discountern eine unheimlich angenehme Kundschaft“ – Klöster und Pfarrgemeinden aus Süddeutschland, der Schweiz, Österreich, Belgien, den Niederlanden, Finnland. An Privatkunden liefert der Kleinunternehmer nicht, das ist ihm zu heikel. Immer wieder komme es zu frevlerischen Handlungen: So würden Hostien etwa für Schwarze Messen missbraucht. Das will Klumpp verhindern. Zwar sind die Hostien in seinem Betrieb noch „ganz normale Oblaten“. Nach katholischem Glauben wandeln sich Brot und Wein erst dann in Leib und Blut Christi, wenn der Priester sie weiht. Trotzdem seien Hostien nicht irgendein, sondern ein „würdiges Produkt“. Anders gesagt: Mit Essen spielt man nicht – und mit Hostien erst recht nicht.

„Und er nahm das Brot, dankete und brach’s und gab’s ihnen und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis!“ heißt es in der Bibel. Mit diesen Worten gab Jesus den Christen beim letzten Abendmahl gewissermaßen den Auftrag, gemeinsam Brot zu brechen. Hostien spielen in den Kirchen also eine wichtige Rolle, beim evangelischen Abendmahl und noch mehr bei der katholischen Eucharistie. „Brot und Wein sind Symbol für die Lebenshingabe Christi. Das Brot, sprich die Hostie, steht dabei für Jesu Leib“, sagt Monsignore Christian Hermes, Stadtdekan und somit Stuttgarts oberster Katholik. Hostie und Wein seien Zeichen für die reale Präsenz Christi: „Wir glauben daran, dass Jesus dann unter uns ist.“ Gemeinsam mit dem Weinkelch sei die Hostie daher „das zentrale Element der Eucharistie“. Das Geschäft mit Hostien ist trotzdem rückläufig.