Ex-DFB-Chef Zwanziger (li.), Nachfolger Niersbach: alte Rechnungen? Foto: dpa

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sagt: Es ist alles geregelt. Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger behauptet: eben nicht! Kassiert sein Nachfolger Wolfgang Niersbach eine zu hohe Aufwandsentschädigung? Der Streit tobt, es wird weiter geholzt.

Stuttgart - Es ist nicht neu, dass sich Sport-Funktionäre im Verlangen nach Ruhm und Anerkennung öfter mal verdribbeln. Wer allerdings das Vergnügen hatte, in der Frankfurter Zentrale des Deutschen Fußball-Bunds das Präsidenten-Intermezzo von Theo Zwanziger mit zu gestalten, dem war keine Peinlichkeit mehr fremd. Der stets jovial auftretende Jurist aus Altendiez (Rheinland-Pfalz) wandelte sich mit zunehmender Amtsdauer zum besserwisserischen Narziss, der beratungsresistent von einem Fettnäpfchen ins andere tappte. Nach Kräften unterstützt von seinen Helfern im größten Boulevard-Blatt des Landes.

Dass ihn die Mächtigen des Fußballs nach sieben Jahren auf dem DFB-Thron – zwei davon als Doppelspitze neben Gerhard Mayer-Vorfelder – Ende 2011 nötigten, den Rückzug anzutreten, hat der Feinrhetoriker offenbar nie verwunden. Selbst sein Plan, wenigstens den ehemaligen Präsidenten des VfB Stuttgart, Erwin Staudt, als Nachfolger zu installieren, war krachend gescheitert.

Als wäre es ihm Genugtuung, holzt Zwanziger seither gegen alle, die ihm vor drei Jahren das Vertrauen entzogen. Jetzt grätschte er in diversen Interviews unerwartet seinen Nachfolger um und prangerte die Aufwandsentschädigung für DFB-Präsident Wolfgang Niersbach an. „Ich kann mir doch nicht bei Hunderttausenden Menschen, die unter Ehrenamt im Fußball etwas ganz anderes verstehen, aus der Kasse des DFB Vergütungen in einer deutlich sechsstelligen Größenordnung zahlen lassen“, kritisierte Zwanziger, „das ist Heuchlei. Der DFB ist schließlich ein gemeinnütziger Verband.“

Der reagierte sofort und forderte den Abtrünnigen zum Rücktritt aus der Exekutive des Weltfußball-Verbands (Fifa) auf – das letzte Amt, das Zwanziger nach seiner Demission bis heute geblieben ist. Die amtliche Begründung des DFB-Präsidiums: Zwanziger vertrete die Interessen des deutschen Fußballs nicht mehr angemessen. Die Präsiden wiesen die „offensichtlich persönlich motivierten und völlig haltlosen Aussagen auf das Schärfste zurück“ und distanzierten sich „geschlossen und in aller Form“.

Der ehemalige CDU-Politiker konterte empört („ich trete natürlich nicht zurück“) und empfahl seinen vermeintlichen Häschern, die „Rente“ für Niersbach doch einmal öffentlich zu nennen. „Dafür müssen andere Ehrenamtler lange stricken.“ Die Summe setzt sich nach DFB-Angaben zusammen aus der üblichen Aufwandsentschädigung für den Präsidenten, die auch Zwanziger bezogen habe, und aus einer erst jetzt bestätigten Betriebsrente, die für Niersbach als Extrawurst gebraten wurde. Als Ausgleich zum vormaligen Salär, das er als DFB-Generalsekretär bezogen hatte. Vorsichtigen Schätzungen zufolge bringt es der Chef des Deutschen Fußball-Bunds auf ein Jahresgehalt von rund 350 000 Euro. Theo Zwanziger fragt sich jetzt, „ob das gesetzlich zulässig ist“.

Es ist der unrühmliche Höhepunkt einer Auseinandersetzung, in der alte Wunden wieder aufbrechen. Wolfgang Niersbach kennt den deutschen Fußball und seinen Fachverband aus dem Effeff. Den Weltmeister-Titel 1990 erlebte er an der Seite von Teamchef Franz Beckenbauer als DFB-Pressesprecher. Gemeinsam mit dem Kaiser holte er die Fußball-WM 2006 nach Deutschland und sorgte mit für die perfekte Organisation. Später stieg der ehemalige Journalist zum DFB-Generalsekretär auf und zog geschickt die Fäden im deutschen Fußball.

Niersbach kritisierte, dass so kurz vor dem ersten WM-Spiel der deutschen Elf „diese absurde Diskussion angezettelt wurde“. Er habe bei seinem Wechsel vom Haupt- ins Ehrenamt größten Wert darauf gelegt, das alles völlig sauber und geregelt ablaufe. Seine Vergütung sei von Verbandsjuristen und externen Gutachtern geprüft und als absolut korrekt bestätigt worden.

Mehrfach soll Niersbach in der Vergangenheit versucht haben, Zwanziger vor Fehltritten und Alleingängen zu warnen. Ohne Erfolg. Der DFB-Präsident hatte im euphorischen Lob über seine einfühlsame Rede bei der Trauerfeier für den per Selbsttötung aus dem Leben geschiedenen Nationaltorhüter Robert Enke offenbar Maß und Ziel verloren. Er preschte bei jeder Gelegenheit an die Öffentlichkeit und machte selten eine gute Figur. Vor allem in der Affäre um Vorwürfe sexueller Belästigung zwischen Schiri-Obmann Manfred Amerell und seinem Schützling Michael Kempter zerschlug er ohne Not viel Porzellan. Niersbach wurde intern zu seinem größten Kritiker – und in den Augen Zwanzigers wohl zum Rädelsführer derer, die ihn sein Amt kosteten.