Demonstranten aus der rechten Szene gestikulieren und drohen Gegendemonstranten in Chemnitz Gewalt an. Foto: dpa

Der Verfassungsschutz des Bundes warnt davor, dass Rechtsextreme sich neu strukturieren und immer schwerer zu überwachen sind. Die Politik muss den Nährboden für rechte Gewalt beseitigen, meint Kommentator Chrstian Gottschalk.

Stuttgart - Deutschland wird immer stärker gefährdet. Der Verfassungsschutz warnt nun davor, dass gewaltbereite Rechte Gruppierungen eine wachsende Gefahr für die Republik bedeuten. Das ist, so paradox es klingt, auch eine gute Nachricht. Dem immer wieder erhobenen Vorwurf, auf dem rechten Auge blind zu sein, treten die Verfassungsschützer ein Stück weit entgegen, wenn sie diesen Rand der Gesellschaft verstärkt in den Blick nehmen. Nötig ist es allemal.

Arbeit der Ermittler findet vermehrt im Internet statt

Nun bedeutet das eine zu Tun, natürlich nicht, das andere zu lassen. Vor einem Jahr noch hatte der damalige Verfassungsschutzpräsident die Gewalt von Links in den Mittelpunkt gerückt, im Jahr zuvor war es die islamistische Gewalt. Beide Gruppierungen sind nicht verschwunden. Und auf beide trifft zu, was nun auch der Gewalt von Rechts attestiert wird: die Organisationsformen verändern sich. Das ist freilich kein Problem, welches die Verfassungsschützer t exklusiv haben. Auch die Arbeit der Polizei findet vermehrt im Internet statt, und nicht nur in dunklen Hinterhöfen. Dem Wandel des Verbrechens müssen alle Verbrecherjäger Folge leisten.

Noch viel wichtiger aber ist der Blick auf einen weitere Erkenntnis der Schlapphüte. Viele Rechtsextreme seien erst seit wenigen Monaten aktiv, heißt es dort. Das ist ein Alarmsignal. Den Zustrom zum rechten Rand zu stoppen, das müsste ein großes, gemeinsames, politisches Ziel werden. Behauptungen wie die der NPD, dass Deutsche fast täglich zu Opfern „ausländischer Messermänner“ werden, gehören daher nicht nur vom Bundesverfassungsgericht sanktioniert. Auch alle im Bundestag vertretene Parteien müssten klar dazu Stellung beziehen, anstatt mit ähnlicher Wortakrobatik den Nährboden für rechte Gewalt zu legen.

Christian.gottschalk@stzn.de