Nur ein Beispiel: vor der Matthäuskirche sind Stufen – am Seiteneingang ist seit langem eine Rampe mit niedriger Steigung. Foto: factum/Bach

Die Evangelische Kirche will ihre Gemeinden dafür sensibilisieren, dass benachteiligte Menschen besser eingebunden werden. Das fängt bei den Stufen vor Kirchentüren an und hört bei der Lautsprecheranlage noch lange nicht auf.

Ditzingen/Gerlingen - D as Wort Inklusion heißt wörtlich übersetzt Zugehörigkeit – und meint das Gegenteil von Ausgrenzung. Damit ist gemeint, dass jeder Mensch teilhaben kann am gesellschaftlichen Leben – ob er nun in irgendeiner Form benachteiligt ist oder nicht. Wobei der Nachteil bei weitem nicht nur eine geistige Behinderung sein muss, wie seit langem definiert. Schwerhörigkeit ist mit dem erweiterten Inklusionsbegriff ebenso gemeint wie eine Geh- oder Sehbehinderung. „Es ist die Kunst des Zusammenlebens“, verdeutlichte Thomas Stürmer vom Diakonischen Werk Württemberg (DWW) jüngst in der Synode des Kirchenbezirks Ditzingen, in der Vertreter aller 13 Kirchengemeinden im Strohgäu vertreten sind. Er zeigte auf, wie breit das Spektrum ist, und er stellte Material vor, in dem Probleme und Lösungsmöglichkeiten gezeigt werden.

Diakonisches Werk geht an die Basis

Das DWW tourt zur Zeit durch die Bezirke, um für das Anliegen Inklusion zu werben. „Wir müssen uns über Barrieren Gedanken machen“, sagte Stürmer, „vor allem über Barrieren im Kopf. Wir müssen Menschen respektieren wie sie sind.“ Es gehe letztlich um Würde und um Nächstenliebe – beispielsweise, Blinden keine Hindernisse in den Weg zu legen. Am Wichtigsten sei es, Begegnung zu ermöglichen. Stürmer gab aber auch eines zu: „Wir wollen Inklusion in einer Gesellschaft, in der Leistung zählt.“ Und: „Wir kommen an Grenzen, wenn wir versuchen, alle Türen für alle offen zu halten.“ Das DWW wolle Menschen in den Gemeinden für diese Gedanken erreichen und bestärken, weitere Schritte zu tun. „Es geht nicht um große Aktionen oder Ideen“ – sondern darum, den Gedanken Inklusion im Alltag gegenwärtig zu haben.

Von den Teilnehmern der Konferenz wurden viele Beispiele genannt: In Hemmingen, so schilderte die Synoden-Vorsitzende Beate Ulmer aus ihrer Heimatgemeinde, habe man die Eingangstür ins Gemeindehaus für Rollstuhlfahrer und Rollatorennutzer erhöhen lassen. Auch die Klinikpfarrerin Anna-Lena Frey nannte ein Beispiel: „Es geht auch andersherum – Kirche geht auch dorthin, wo Menschen sind, die nicht wegkommen.“ Das sei zum Beispiel ein Gottesdienst an der Klinik Schillerhöhe, deren Patienten Frey seelsorgerlich betreut. Dort feiert die örtliche Matthäusgemeinde immer wieder Gottesdienst.

Einen Eingang mit Rampe gibt es seit Jahrzehnten

Vor der Matthäuskirche sind zwar viele Stufen – ein Eingang mit einer Rampe befindet sich aber seit Jahrzehnten an der Seite. „Derjenige, der die Besucher begrüßt, schließt die Tür auf“, berichtet der langjährige Kirchengemeinderat Hansjörg Hauser. Auch vor der Petruskirche in der Gerlinger Stadtmitte sind Stufen – einen ebenen Eingang aber habe man vor einigen Jahren bei der Innenrenovierung geschaffen, berichtet der Pfarrer Jochen Helsen. Es seien übrigens nicht nur Ältere mit Rollator oder Rollstuhlfahrer, welche die Rampe nutzen, ergänzt Hauser, sondern auch junge Leute – wenn sie mit dem Kinderwagen kommen. Der Rampeneingang werde ein bis zwei Mal bei jeder Veranstaltung im Gemeindesaal benutzt.

Die Landeskirche fördere die Inklusion in den nächsten fünf Jahren auch finanziell, berichtete der Vertreter des DWW. Insgesamt werden 1,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Es gehe aber nicht nur um Geld, sondern auch um Beratung. Ein Anfang ist mit einer Broschüre gemacht, in der verschiedenste Handlungsfelder dargestellt und mit Checklisten Tipps gegeben werden für einfache, aber wirksame Hilfen – von der Überwindung von Stufen über Erleichterungen bei Veranstaltungen, beispielsweise bei der Ausschilderung oder Ausleuchtung, bis zu den Notwendigkeiten beim Sprechen über Mikrofon.