Streiten und wieder versöhnen - ein Muss in einer guten Partnerschaft Foto: dpa

Frauke T.  und Frank F. kennen sich seit Kindertagen. Sie waren ein Paar, haben eine Tochter. Eines Tages  passte es nicht mehr. Sie trennten sich. Nun sind die beiden wieder zusammen – und  froh darüber.

Ludwigsburg - „Das war ein fantastisches Wochenende. Wir haben uns super erholt, ich hatte eine Gesichtsbehandlung, Frank eine Rückenmassage“ – Frauke T. (51) und Frank F. (52) haben sich kürzlich eine Wellness-Auszeit am Bodensee gegönnt. Frank hat Frauke dazu eingeladen, einfach so.

Dass es sich die beiden gemeinsam gutgehen lassen, das kommt häufiger vor. „Wir sind schon einen langen Weg miteinander gegangen“, erzählt Frauke. „Ich liebe an Frauke das Gesamtkonzept“, sagt Frank.

Getrennt leben – und doch gemeinsam erziehen

Das Gesamtkonzept sieht seit etwas mehr als sieben Jahren so aus: Frauke lebt mit der gemeinsamen Tochter Miriam (15) in Hochdorf im Kreis Remseck, Frank wohnt in Waiblingen-Neustadt. Sie sehen sich mehrmals die Woche, gehen zusammen aus, machen Ausflüge. Helfen sich gegenseitig, wenn Not am Mann (Frank mäht Fraukes Rasen) oder an der Frau ist (Frauke wäscht Franks Sachen).

Das war nicht immer so. Kennengelernt haben sich die beiden 1969, da waren sie Nachbarskinder. Fraukes Familie war aus Lünen in Nordrhein-Westfalen ins Schwabenland gezogen, nach Neckarrems. In der Grundschule war Frank eine Klassenstufe höher, „aber wir haben jeden Tag miteinander gespielt“, erzählt Frank. Das ging so weiter, jahrelang, meist harmonisch. Frank war auch Fraukes Tanzstundenpartner, zum Abschlussball kamen sie als Paar.

Doch dann folgten „wilde Jahre“. Frauke zog zum Studium erst nach Karlsruhe, dann nach Berlin, Frank ging nach Pforzheim. Frank: „Wir haben uns komplett aus den Augen verloren.“ Warum das so war? „Wir haben uns auseinanderentwickelt, waren in verschiedenen Cliquen und hatten ganz unterschiedliche Interessen“, erzählt Frauke. Ende einer Sandkastenliebe.

Sie wurden zum zweiten mal ein Paar

Das Blatt wendete sich erst wieder an Fraukes 30. Geburtstag, den sie gemeinsam mit zwei Freundinnen, die im selben Jahr geboren wurden, mit einer rauschenden Party in Neckarrems feiern wollte. „Die eine Freundin hat Frank einfach angerufen und gefragt, ob er auch gerne kommen wolle, und lud ihn ein“, sagt Frauke. Frank, der zu dieser Zeit mit Motorrädern handelte, wollte – und kam auf einer Goldwing zum Fest. Frauke und Frank seilten sich schon nach kurzer Zeit von den Gästen ab, sie fuhren die halbe Nacht herum, redeten.

So wurde aus den beiden zum zweiten Mal ein Paar. 1997 kehrte Frauke endgültig aus Berlin zurück, es war alles entschieden. Ende 1999 kam Tochter Miriam auf die Welt. Um die Weihnachtszeit nur ein Jahr später entzweite die beiden jedoch das, was in vielen gescheiterten Beziehungen als „unüberbrückbare Differenzen“ bezeichnet wird. „Es ging einfach nicht mehr“, sagt Frauke. Miriam blieb bei Frauke. Frank zog aus der gemeinsamen Wohnung aus, heiratete wiederum ein Jahr später eine Frau mit zwei Kindern. Alles aus und vorbei. Sieben Jahre Funkstille.

Dann, zufällig, beim Einkaufen, begegneten sich Frauke und Frank wieder. Zunächst blieb es bei einem kurzen „Hallo“, später folgten sporadische Telefonate. Doch ganz so einfach war es dieses Mal nicht mit der Versöhnung – eher ein vorsichtiges Annähern auf Raten. Es gab Treffen, zunächst in längeren Abständen, auch zwischen Frank und seiner Tochter, die sich kaum kannten. Eine gemeinsame Radtour zu dritt am Muttertag brachte den Durchbruch.

„Plötzlich hat es bing gemacht“

„Plötzlich hat es bing gemacht“, erinnert sich Frauke – „und von da an hat Frank jeden Tag bei uns angerufen.“ Fragt man die beiden, ob es schwer für sie gewesen sei, wieder aufeinander zuzugehen, verneinen überraschenderweise beide. „Wir haben nichts aufgerechnet“, sagt Frank. „Es war trotz allem noch Vertrauen da, und wir haben uns auf eine ganz neue Art schätzen gelernt.“

Betrachtet man die nüchterne Statistik, dann sind Frauke und Frank eine – löbliche – Ausnahme, ihre bewegte Geschichte hat Seltenheitswert. Denn jede dritte Ehe in Deutschland wird geschieden, kaum eine Beziehung hält über längere Zeit. „Die Anforderungen, die Paare heute gegenseitig an sich stellen, sind meist viel zu hoch“, sagt der Dresdner Paartherapeut Matthias Stiehler (53), selbst seit 26 Jahren verheiratet.

Wer glaube, dass seine eigenen seelischen Wunden durch den Partner geheilt oder Defizite durch ihn ausgeglichen werden könnten, der sei auf dem Holzweg. Stiehler, der unter anderem den Ratgeber „Partnerschaft ist einfach“ geschrieben hat, ist sich sicher: „Eine solche Haltung muss zwangsläufig zu Enttäuschungen führen.“

„Gleichwertigkeitsbalance“

Stiehlers provokante These: „98 Prozent der Paare, die auseinandergehen, müssten sich nicht trennen.“ Wichtig sei eine „Gleichwertigkeits-Balance“, das heißt, es wirke sich positiv aus, wenn sich Partner „innerseelisch“ auf einer Ebene begegneten. Andererseits sei es unabdingbar, den anderen sein eigenes Leben leben zu lassen, ihm auch einen eigenen Freundes- und Bekanntenkreis zuzugestehen, aber auch das Miteinander zu pflegen. Sich gegenseitig den Alltag zu erleichtern, „das ist ein wesentliches Merkmal einer gelingenden Partnerschaft“. Darüber hinaus müsse die Beziehung immer wieder neu belebt, die Leidenschaft füreinander neu entfacht werden.

Bei Frauke und Frank funktioniert das nun seit geraumer Zeit wieder, „mit deutlich mehr Höhen als Tiefen“ (Frauke). Getrennte Wohnungen – aber viele Gemeinsamkeiten. Gegenseitige Unterstützung – aber kein Klammern. Den anderen atmen lassen. Trotzdem das Gefühl haben, sich aufeinander verlassen zu können. „Ich vermisse nichts“, sagt Frank, „im Gegenteil, es bleibt spannend und abwechslungsreich zwischen uns.“ Frauke ergänzt: „Wenn einem vorgegaukelt wird, mit der gemeinsamen Doppelhaushälfte komme auch das Glück, dann stimmt das nicht. Das Gegenteil ist der Fall – jedenfalls war das für uns so. Man zerreibt sich letztlich an Kleinigkeiten.“ Ihr jetziges Lebensmodell ermögliche hingegen „Ruhe und Frieden für beide“.

So kann Frauke getrost im Restaurant ihr Steak oder ihren Rostbraten „durch“ bestellen – aus Sicht der meisten Menschen ein Unding. Frank ordert sein Fleisch hingegen „blutig“ – „damit gleicht sich das wieder aus“, sagt er und lächelt dabei ganz verliebt.