Nada Popek hat das 1968 eröffnete Zum Zum an der Bolzstraße bis zum Abriss im Jahr 2004 geführt. Foto: Thomas Hörner

Das Zum Zum hat Stadtgeschichte geschrieben. Über drei Jahrzehnte lang führte Nada Popek diese Imbiss-Institution. Mit 85 Jahren ist die Gastro-Legende gestorben. Weggefährten erinnern an eine spannende Zeit des Stuttgarter Nachtlebens.

Das Zum Zum mit orangefarbenem Neonlicht, dunkel gekachelten Fußböden und braun gestreiftem Cord der Bänke hat es nie ins Magazin „Schöner Wohnen“ geschafft, aber in die Herzen vieler Stuttgarterinnen und Stuttgarter, die heute zwischen 40 und 80 Jahre alt sind. Nada Popek gewährte ihnen Heimat für die Länge einer Currywurst, von deren Soße noch heute geschwärmt wird. Das Stadtmagazin „Lift“ ernannte die Kroatin in den 1990ern gar zur „Mutter Teresa der Szene“. An Heiligabend lud die Wirtin, die einst nach Deutschland gezogen war, um Germanistik zu studieren, Obdachlose zu Göckele und Glühwein ein – niemand musste dafür bezahlen.

 

Das „Magische Dreieck“ weckt noch heute sentimentale Gefühle

Mit dem Palast der Republik im früheren Toilettenhäuschen und dem Unbekannten Tier im Metropolgebäude bildete das 1968 eröffnete und 2004 abgerissene Zum Zum ein Dreieck, das man magisch nannte. Das Schnellrestaurant an der Bolzstraße war die Kalorienzufuhr für Eilige, aber auch ein Rettungsanker für Nachtschwärmer, die zwischendurch Kraft tanken mussten, um weiter feiern zu können. Über den Pommes rot-weiß schwebte oft ein Duft von Melancholie.

Nada Popek (rechts) im Jahr 2023 mit ihrer Gastro-Kollegin Laura Halding-Hoppenheit. /privat

„Nada hatte ein großes Herz“

Vom magischen Dreieck ist heute nur der Palast übrig geblieben. Dessen Chef Stefan Schneider erinnert sich gern an seine frühere Nachbarin Nada Popek, bei der er viel Unterstützung fand, als er 1992 nebenan als Chef in der ehemaligen Bedürfnisanstalt die Republik der Nacht ausrief. „Sie sagte immer, lasst die Jungen machen“, berichtet Schneider, „sie hat natürlich auch von unseren Gästen profitiert.“ Als die nun verstorbene Gastro-Legende ihn vor etwa einem Jahr im Palast besuchte, habe sie von ihrer Zum-Zum-Zeit geschwärmt, die für sie „die beste ihres Lebens“ gewesen sei.

„Nada hatte ein großes Herz!“ – so würdigt Wirtin und Stadträtin Laura Halding-Hoppenheit die verstorbene Kroatin und sagt: „Sie hat in der Stadt was bewegt, weil sie die Buntheit von Stuttgart gelebt und gefördert hat.“ Arme Schlucker waren da, die umsonst was bekamen, aber auch „feine Leute, die in einer Gaststube keinen Wert auf eine hochnäsige Gesellschaft legten“. Zu den Gästen zählten Schauspieler wie Bruno Ganz oder Ben Becker, aber auch Ingrid Steeger und Boris Becker, so ist’s überliefert, waren da. Taxifahrer freuten sich, wenn die Zentrale einen Aufruf über Funk schickte: „Nummer soundso zum Zum Zum.“

Milanka Grubor wurde mit einem Arm zum Star des Nachtlebens

Was der Name Zum Zum bedeutet? Nada Popek hat es unserer Zeitung einmal so erklärt: „Zum guten Essen, zum guten Bier.“ Die Brauerei Dinkelacker eröffnete 1967 nach New Yorker Fastfood-Vorbild das erste Zum Zum in Esslingen – hier liegt die Wiege für eine neue Imbisskultur bei internationalen Schwaben. Ein Jahr später kam Stuttgart an der Bolzstraße dazu. 1974 wurde die Kroatin Geschäftsführerin vis-à-vis vom Palast-Kino, das als Metropol im vergangenen Herbst neu eröffnet wurde.

Eine ihrer Mitarbeiterinnen ist bis heute unvergessen: Milanka Grubor hat mit nur einem Arm Currywürste geteilt und verkauft. In den 1990ern war die „Einarmige“, wie man sie in der Partyszene liebevoll nannte, ein Star des Stuttgarter Nachlebens. „Dabei hat Milanka nur Teilzeit gearbeitet“, sagte Nada Popek.

Milanka Grubor verkaufte nach ihrem Unfall auch mit nur noch einem Arm Currywürste im Zum Zum. /privat

2012 hat die Chefin auch das zweite Zum Zum in Stuttgart geschlossen

Für die Chefin war klar, dass sie ihre Milanka nicht rauswarf, als diese bei einem Unfall unter einen Zug kam und einen Arm verlor. Stuttgarts Party-People staunten, wie schnell und raffiniert die Serbin Knoblauchzehen nur mit einem Arm schälte und schnitt. Damit hätte sie bei „Wetten, dass . . .?“ auftreten können.

Irgendwann gehörte das Zum Zum zum alten Eisen. Erst verlor die Filiale an der Bolzstraße den Kampf gegen die Abrissbirne („gegen ein Schicki-Micki-Viertel haben wir keine Chance“, sagte Nada Popek ernüchtert damals), 2012 wurde auch die „Zweigstelle“ mit dem selben Namen an der Hirschstraße beim Dreifarbenhaus geschlossen. Das Zum Zum war für viele Stuttgarterinnen und Stuttgarter ein wichtiger Ort ihrer Kindheit und Jugend, der sie stark gemacht hat und noch heute sentimentale Erinnerungen weckt. Nada Popek lebte bis zu ihrem Tod in Degerloch. Beerdigt wird sie an diesem Donnerstag in Zagreb im Grab ihrer Familie.

Im Hotspot des Magischen Dreiecks ging es oft drunter und drüber. Einmal tanzten Besucherinnen nackt auf dem Tresen des Schnellrestaurants, so erzählte man sich. Nada Popek brachte nix aus der Fassung. „Wir haben sie halt wieder angezogen“, kommentierte sie damals den Vorfall, der es bis in die Zeitung brachte. So pragmatisch war man im Zum Zum, in Stuttgarts aufregenden Partyjahren.