Ein passionierter Vermittler der Kunst: Tilman Osterwold Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Vor allem die großen Publikumsausstellungen im Kunstgebäude haben ihn bekannt gemacht. Nun ist Tilman Osterwold überraschend gestorben.

Stuttgart - Es gab eine Zeit, in der permanent Krach in der Stuttgarter Kunstszene angesagt war. Bevor das Kunstmuseum Stuttgart gebaut wurde, mussten sich die Städtische Galerie und der Württembergische Kunstverein die Räumlichkeiten im Kunstgebäude teilen. Während man heute allüberall kooperiert und Netzwerke bildet, knirschte es damals regelmäßig im Kunstgebäude und führte sogar in den überregionalen Medien immer wieder zu verwunderten Berichten. Einer, der sich mitten im Kriegsschauplatz bewähren und manchen Händel mit dem Galerieleiter Johann-Karl Schmidt ausfechten musste, war Tilman Osterwold. 1973 übernahm der promovierte Kunsthistoriker die Leitung des Württembergischen Kunstvereins, den größten Kunstverein der Republik, und machte das Kunstgebäude mit seinen kunst- als auch kulturhistorischen Ausstellungen zu einer Pilgerstätte für die interessierte Stadtgesellschaft. Er verschaffte Stuttgart auch internationale Aufmerksamkeit mit Sonderausstellungen wie „Exotische Welten“ oder 1982 „Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft“. So leidenschaftlich er seiner Tätigkeit nachging, nach zwanzig Jahren warf er schließlich doch das Handtuch und löste seinen Vertrag auf – wegen „Verschleißerscheinungen“, wie er damals sagte.

Er war weiterhin im Kulturleben präsent

Nun ist Tilman Osterwold überraschend gestorben. Bevor Corona das Kulturleben lahmlegte, konnte man ihn und seine Frau Gabriele Osterwold, die viele Jahre die Grafothek in der Stadtbibliothek Stuttgart geleitet hatte, regelmäßig im Stuttgarter Kulturleben treffen. Auch in der Galerie Abtart in Stuttgart-Möhringen schauten sie regelmäßig vorbei – und haben dort in den vergangenen Jahren auch gemeinsam mehrere Ausstellungen kuratiert, ob zu „Flower Power“ oder Religiosität heute. Osterwold war ganz und gar zu Hause im Stuttgarter Kulturleben, auch wenn er gebürtiger Hamburger war. Das Studium führte ihn nach Innsbruck, danach war er zunächst in Hamburg und in Duisburg am Lehmbruck-Museum tätig.

Bis zuletzt an Projekten gearbeitet

Auch nach seiner Zeit am Württembergischen Kunstverein war er viel unterwegs, lehrte als Honorarprofessor und leitete von 2003 bis 2006 das Zentrum Paul Klee. In den vergangenen Jahren publizierte er auch noch oder schwang mal den Hammer bei einer Auktion für einen guten Zweck. Sogar vor wenigen Tagen saß Tilman Osterwold noch an seinem Schreibtisch und widmete sich seinen Kunststudien. Er wurde 78 Jahre alt.