György Konrad (1933-2019) Foto: dpa/Markus Scholz

Er hat den Holocaust überlebt und seine Erinnerungen in die Vision eines geeinten Europas eingebracht. Nun ist der ungarische Autor György Konrád mit 86 Jahren in Budapest gestorben. In Zeiten allgemeiner Verunsicherung wird seine Stimme fehlen.

Budapest - „Meine Heimat ähnelt allmählich den mittelasiatischen postsowjetischen Alleinherrschaften“, schrieb György Konrád einmal in einem Essay über das von Viktor Orbán regierte Ungarn. Konrád war ein Intellektueller, der sich einmischt. Einem breiteren Bewusstsein dürfte der Friedenspreisträger und ehemalige Präsident der Berliner Akademie der Künste eher als brillanter Essayist vor Augen stehen denn als Romancier. Dabei geht Konrád in seinem Roman ‚Der Stadtgründer’ von 1975 gerade mit der Rolle der Intellektuellen hart ins Gericht, die in der sozialistischen Gesellschaft das Monopol des Wissens für sich beanspruchten und zur herrschenden Klasse aufgestiegen waren.

1933 als Sohn eines jüdischen Eisenwarenhändlers in Debrecen geboren und in der ostungarischen Kleinstadt Berettyóújfalu aufgewachsen, ist Konrád elf, als die Eltern zur Zwangsarbeit nach Österreich deportiert werden. Die Familie überlebt, während der Großteil der jüdischen Bevölkerung von Berettyóújfalu in Auschwitz umgebracht wird. Seine Erfahrungen gingen in den Romanzyklus ‚Budapester Trilogie’ ein, einem weit gespannten Panorama der jüdischen und europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts.

Noch zu Zeiten des Eisernen Vorhangs kämpfte Konrád für die Idee eines einigen Europas. Welch bittere Pointe, dass Orbánistan, wie Konrád das heutige Ungarn nennt, alles daran setzt, diesen Prozess umzukehren. Doch noch im letzten Jahr zeigte sich der unbeugsame Demokrat in einem Interview zuversichtlich, dass die EU auf die Ungarn eine weitaus stärkere Anziehung ausüben würde als Diktatoren. Nach langer Krankheit ist György Konrád nun mit 86 Jahren in Budapest gestorben.