Chuck Berry (1926-2017) Foto: Keystone

Ohne ihn hätte es Beatles und Rolling Stones nicht gegeben: Chuck Berry, der amerikanische Rock’n’Roll-Miterfinder und Pionier der elektrischen Gitarre, ist gestorben.

Stuttgart - Angesichts einer solchen musikalisch erfüllten Lebensspanne klingt es fast ein wenig merkwürdig, dass Charles Edward Anderson Berry ein Spätberufener war. Erst im gleichen Alter, in dem Mozart bereits starb, feierte Berry seine ersten Erfolge. Aber was für welche! „Maybellene“, „Roll over Beethoven“, „Sweet little sixteen“, Rock and Roll Music“ oder Johnny B. Goode“, Songs für die Ewigkeit, alle in knapper Folge Ende der fünfziger Jahre erschienen. Und alle hat er mit dem berühmten „Duckwalk“ auf der Bühne präsentiert, seinem legendären Tanz, bei dem die Legenden auseinandergehen, ob er ihn aufgrund eines Beinleidens erfunden hatte oder – wie er selbst einmal feixend erzählte – um von den Falten in seinem Anzug abzulenken.

Viele Monate im Gefängnis

Chuck Berrys Jugend ähnelt den Biografien vieler schwarzer Musiker aus den US-Südstaaten. Drei Jahre Jugendknast wegen eines bewaffneten Raubüberfalls, anschließend Schuften in einer Autofabrik, schließlich ist er als Pförtner bei einem Radiosender gelandet. Dort hat er einem Musiker eine E-Gitarre abgekauft, mit der Chuck Berry seine Songs bei seinen ersten Auftritten ausschließlich einem schwarzen Publikum präsentierte, ehe er Anfang der sechziger Jahre abermals für zwanzig Monate ins Gefängnis wanderte.

Umgekehrt ermöglichte ihm seine Herkunft aus der Mittelschicht, bereits auf der Highschool das Gitarrenspiel zu erlernen, wo er 1941 auch seinen ersten Auftritt hatte. Und später, bei den ersten Konzerten in Clubs in St. Louis, war bald die Hälfte des Publikums hellhäutig, weil sich rasch herumsprach, dass er eben keine typisch „schwarze“ Musik, sondern „weißen“ Hillbilly spielte und den Rock’n’Roll mit ins Leben rief. 1952 war das, vor 65 Jahren, und seitdem machte Chuck Berry, der zwar seit 1979 kein Studioalbum mehr veröffentlicht hat, aber in Europa noch vor vier Jahren einige Konzerte gab und im Restaurant Blueberry Hill in seiner Geburts- und Heimatstadt St. Louis bis vor Kurzem noch allmonatlich auf der Bühne stand, nichts anderes als Rock’n’Roll. Da ist sich mal jemand richtig treu geblieben.

Rolling Stones begannen mit Chuck-Berry-Songs

Die Zahl der prominenten Verehrer des Mannes zu nennen, der die Gitarre als prägendes Instrument in der Rockmusik einführte und 1986 als Gründungsmitglied in die Rock’n’Roll-Hall of Fame aufgenommen wurde, würde jeden Rahmen sprengen. Jimi Hendrix, die Beach Boys, Bruce Springsteen, AC/DC, Elvis sowie Simon and Garfunkel haben seine Lieder gecovert; die Beatles sagten, dass sie ohne ihn niemals angefangen hätten, Musik zu machen, und die Rolling Stones starteten ihre Karriere mit Chuck-Berry-Songs. Es ist nicht auszumalen, wie die Musik heute ohne Pioniere wie ihn, den 82-jährigen Jerry Lee Lewis, den 85-jährigen Little Richard oder den 89-jährigen Fats Domino aussehen würden, die ihn nun – auch das ist kaum zu glauben – allesamt überlebt haben.

Eines hat er ihnen dennoch voraus. 1977 sind die beiden Voyager-Raumsonden ins All geschossen worden. An Bord, für den Fall der Entdeckung durch intelligente außerirdische Lebensformen, ist auch eine goldene Bild- und Datenplatte mit Informationen über das irdische Dasein. Auf ihr findet sich – neben Mozart – auch Chuck Berry. Derzeit rund zwanzig Milliarden Kilometer entfernt von der Erde schwebt das Lied „Johnny B. Goode“ nun der Unendlichkeit entgegen.

Das Erbe des großen Rockmusikers Chuck Berry, der am Samstag im Alter von neunzig Jahren gestorben ist, überdauert also alle Ewigkeiten.