Gary Peacock 1981 beim Jazz-Festival in Montreux als Mitglied des Chick Corea Quartetts Foto: picture alliance//MAX VATERLAUS

Der Kontrabassist Gary Peacock war eine prägende Figur des Modern Jazz. Nun ist er mit 85 gestorben und hinterlässt nicht nur viel Musik, sondern auch manche Zen-Weisheit.

Stuttgart - Die Töne schienen elastisch zu federn, wenn Gary Peacock die Finger über seinen Kontrabass flanieren ließ. Er verwob sie zu einem melodischen, unwiderstehlichen Groove, der zum Mitwippen zwang. Piano-Trios waren Peacocks Spezialität, und eines stach heraus: 1977 lud er den Pianisten Keith Jarrett und den Drummer Jack DeJohnette in ein New Yorker Studio ein, um das Album „Tales of Another“ einzuspielen. Es war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft und einer Band, die bald Keith Jarret Standards Trio genannt wurde, weil sie auf ihren Tourneen so viele Jazz-Klassiker zu Gehör brachten.

Zugleich war Peacock ein Anhänger der Befreiung des Jazz, inspiriert vom Free Jazz-Pionier Ornette Coleman: Dessen Musik sei „ein Wendepunkt“ für ihn gewesen, sich „einem viel größeren musikalischen Universum zu öffnen“.

Zum Bass kam er in Deutschland

Peacock begann als Pianist und wechselte, als in einer Band der Bassist ausfiel. Das war 1956, er war in Frankfurt stationiert und spielte mit Musikern wie dem österreichischen Saxofonisten Hans Koller und dem Posaunisten Albert Mangelsdorff. Im Los Angeles der späten 50er Jahre musizierte Peacock dann mit Barney Kessel und Art Pepper und mit dem Trompeter Don Ellis, eher er eine Partnerschaft mit dem Pianisten Paul Bley einging, mit dem er eine besondere Form des musikalischen Dialogs pflegte.

1962 zog Peacock nach New York, wo unter anderem in Bill Evans’ Trio spielte und den Drummer Paul Motian kennenlernte, einen weiteren Weggefährten. 1964 sprang er für Ron Carter im Quintett des Trompeters Miles Davis ein, der ihn beeindruckte, weil er seine Mitspieler ermutigte, vertraute Pfade zu verlassen: „What I want to hear is what you don’t know“, habe er Davis sagen hören, erzählte Peacock 2017 dem Kunstmagazin „The Arts Fuse“.

Der Drogenkonsum forderte Tribut

Er spielt auch mit dem Avantgarde-Saxofonisten Albert Ayler, dem Schlagzeuger Tony Williams und vielen anderen, ehe die Folgen seines Drogenkonsums ihn zu einer Auszeit zwangen. Peacock ging 1969 nach Japan, lernte den Zen-Buddhismus kennen und den Pianisten Masabumi Kikuchi, einen weiteren Bruder im Geiste.

Nun ist Gary Peacock 85-jährig gestorben. Dies bestätigte seine Familie in einer Erklärung gegenüber der US-Radiosendergruppe NPR. Nicht nur Keith Jarrett trauert um einen prägenden Kontrabassisten des Modern Jazz, der 2007 dem Magazin „All About Jazz“ sagte: „Wenn du morgens aufwachst und feststellst: Oh mein Gott, ich bin ein Anfänger!, dann bist du auf einem guten Weg. Wenn du aufwachst und sagst: Oh, ich hab das drauf, ich kann alles machen, was ich will – hmm, ich weiß nicht.“