Michael Gaedt von der Kleinen Tierschau in den 1990ern bei seinen Zuschauern Foto: Kraufmann

Die sechs allerallerletzen Auftritte im Theaterhaus sind ausverkauft. Mit ihrem Ende macht Die Kleine Tierschau nun ernst. Keinen Spaß verstehen die Comedy-Veteranen, wenn jemand behauptet, ihr Abschied nach 35 Jahren sei nur Show. Zu zweit ist’s für immer vorbei – gibt’s ein Comeback als Trio?

Stuttgart - Blicken wir zurück in die 1980er Jahre, in die Dekade der Neuen Deutschen Welle, des Waldsterbens und der geistig-moralischen Kohl-Wende: Noch ahnte keiner, dass sich in Deutschland das englische Wort für Komödie, also der Begriff Comedy, mal durchsetzen würde für „platte Gags, Nonsens von der blödestes Sorte, Scheiß und Schwachsinn“. So hat Dirk Herrmann 1985 im Stuttgarter Stadtmagazin „Ketchup“ Die Kleine Tierschau beschrieben, gleichzeitig aber auch den Hut vor dem schrillen Trio von der Ostalb gezogen, weil es ebenso „anspruchsvolle Nummern, akkurat gespielte Musikstücke oder sportliche Höchstleistungen“ beherrsche. Der heutige StN-Redakteur Dirk Herrmann lobte die ungekrönten Könige der schwäbischen Kleinkunstbühnen in den Himmel: „Die Tierschau hat eine neue Art von Unterhaltung gefunden, die es bisher kaum gibt.“

Da sah der junge Journalist darüber hinweg, dass der kaum ältere Gaedt zum Interview eine Stunde zu spät kam – nicht „om elfe“, wie vereinbart, sondern erst nach Mitternacht, nicht im Fresco in der Staatsgalerie (das hatte montags zu), sondern im Fröhlich in der Liederhalle. Man sprach über die aufregende Zeit der Schulfreunde, die 1981 zum ersten Mal aufgetreten waren. Alfred Biolek hatte das Trio in Köln von der Straße aufgelesen und in seine TV-Show geholt. Der Gestalter Kurt Weidemann hatte die Tierschau für sein privates Fest engagiert, wo sie Schrankböden ausbauten, um darauf steppen zu können. Und überall waren die Auftritte der Schwabencombo „als Alternative zum guten Geschmack“ ausverkauft. „Manchmal flutscht’s halt“, sagte Gaedt.

Seit 2009 ist die Kleine Tierschau ein Duo

Hat sich’s nach 35 Jahren endgültig ausgeflutscht? Seit einem Jahr befinden sich Michael Gaedt und Michael Schulig, die seit 2009 nach gerichtlichen Auseinandersetzungen ohne Ernst Mantel zu zweit auftreten, auf ihrer Abschiedstournee. Die endet im Theaterhaus, wo einst ihr kometenhafter Aufstieg begann, vom 6. bis zum 10. Januar mit sechs allerletzten Auftritten. Es gibt keine Karten mehr. Am Sonntag, 10. Januar, hängen die beiden noch eine Zusatzshow am Nachmittag ran – auch die ist ausverkauft. Und alle singen mit: „Lieber doof sein als Gaby heißen“, „Sie hatte gestern keinen Sex – und das seit Jahren“, „Campari pur.“

Danke für 35 Jahre Blödsinn!

Und was ist mit den vielen Fans, die keine Karte mehr für die Comedy-Stars ihrer Jugend erwischt haben? „Die haben Pech gehabt“, antwortet der 58-jährige Gaedt, „wir haben ja auch Pech, dass wir mit der Tierschau aufhören.“ Zumindest er freut sich sehr, das zum großen Finale Tausende ins Theaterhaus strömen – „all die treuen Begleiter, mit denen wir unsere Erfolge und Misserfolge über Jahrzehnte geteilt haben.“

Nicht immer ging’s aufwärts, mitunter geriet die Spaß-Maschinerie ins Stocken. Wenn Gaedt zurückdenkt an so manchen Spruch, den er gerissen, an so manche Nummer, in die er sich verirrt hat, dann ist ihm „vieles peinlich“. Für eines aber schämt er sich nicht: „fürs Altwerden.“ Der Vater einer 19-jährigen Tochter, der von einem Auftritt im Hamburg eine „Bild“-Journalistin, seine Frau, mitgebracht hatte, versichert, er genieße es, älter zu werden. Man werde gelassener, müsse sich nicht mehr so ärgern, „denn man kennt die Abkürzungen“.

Als Schrotti macht Gaedt weiter in de „Soko Stuttgart“

Zum als endgültig angekündigten Ende verrät der Mann mit der gelben Brille, wie es zum Bandnamen kam. Beim ersten Auftritt 1981 im Laboratorium in Stuttgart habe „der Randy“ (das war der langjährige Lab-Chef) an der Kasse gefragt, wie das Trio denn heiße. Bei der spontanen Antwort – „Kleine Tierschau“ – blieb es bis heute.

Im neuen Jahr will Michael Schulig ein „Schulungszentrum für Freizeitgestaltung“ eröffnen. Der andere Michael freut sich, dass sein Vertrag als Schrotti mit der ZDF-Serie „Soko Stuttgart“ verlängert worden ist und dass er im Sommer eine Oper inszenieren kann (wo ist noch geheim). Gaedt weiß, dass er mit 58 Jahren nicht mehr die Zeit hat, „noch einmal eine Marke wie die Tierschau aufzubauen“. Aber auf den Bühnen des Landes wird er als Solist weiterhin mitmischen, auch auf denen von Bollywood: „Meinen Beruf gebe ich nicht auf.“

Ist ein Comeback der Kleinen Tierschau wirklich ausgeschlossen? Seine Antwort lässt aufhorchen: „Zu zweit garantiert.“ Und zu dritt? Gibt’s doch noch eine Versöhnung mit Ernst Mantel? Gaedt hört sich alterweise an: „Sag’ niemals nie.“