Mit einem Festakt in Tübingen ist am Samstag der Hölderlinturm wiedereröffnet worden – es war zugleich der Startschuss ins Jubiläumsjahr mit 650 Veranstaltungen bundesweit. Foto: epd/Gerhard Baeuerle

Das Hölderlinjahr ist mit einem Festakt in Tübingen offiziell eröffnet worden. Auch der Ministerpräsident Winfried Kretschmann schwärmt von der Schönheit der Sprache Hölderlins.

Tübingen - Selbst den Ministerpräsidenten hat Friedrich Hölderlin in seinen Bann geschlagen: Zum Festakt zur Eröffnung des Jubiläumsjahres des Dichters in der Alten Aula in Tübingen ist Winfried Kretschmann (Grüne) eine Viertelstunde zu spät gekommen – die neue Ausstellung im Hölderlinturm, die er zuvor besuchte, sei so „gelungen und großartig“, dass er länger verweilen wollte und eben eine ganze Festversammlung warten ließ.

Überhaupt betonten alle Festredner die literarische und menschliche Sonderstellung Hölderlins, der am 20. März seinen 250. Geburtstag hat. In einer Zeit des Umbruchs nach der Französischen Revolution habe er nach dem Größeren, dem Tieferen gesucht, als man in sich selbst finde, sagte Monika Grütters, die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien. Dieses Universelle in Hölderlins Dichtung spreche die Menschen bis heute an – Hölderlins Gedichte seien überzeitlich und global. In 83 Sprachen wurde er übersetzt.

Jubiläum macht auch eine Krise der Literatur deutlich

Überhaupt ist kaum ein anderer Dichter von so vielen und von so vielen verschiedenen Seiten rezipiert worden. Es gehört zu seiner Tragik, dass er zu Lebzeiten wenig bekannt war, dann aber einen kaum zu überschätzenden Einfluss auf Literatur, Musik und Bildende Kunst nahm. Winfried Kretschmann forderte alle auf, sich von der Schönheit, der Kraft und durchaus auch der Zuversicht der Poesie Hölderlins inspirieren zu lassen.

Thomas Schmidt, der Koordinator des Hölderlinjahres und Kurator der Ausstellung im Turm, verwies dagegen auf die sinkende Bedeutung der Literatur in der Gesellschaft. Ihn beschäftige die Frage, wie man Erinnerungsorte in die Zukunft führe in einer digital geprägten Zeit, in der Literatur immer weniger stark identitätsstiftend wirke. Das starke Interesse am Hölderlinjahr mit 650 Veranstaltungen ist für Schmidt auch Ausdruck einer Krise: „Die literarischen Künste, die selbst der Fürsorge bedürfen, wollen sich in Hölderlins Poesie ihrer selbst vergewissern.“