Schlange stehen vor der Stuttgarter Zulassungsstelle: Diese Erfahrung machen viele Bürger Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Eine Taskforce kümmert sich um die Lage in den Bürgerbüros. Doch an der Führerschein- und Zulassungsstelle bleibt die Lage angespannt. Die Stadt sucht händeringend Personal.

Das Fazit ist bitter. „Ich kann nicht stundenlang in Schlangen stehen. Ich muss Geld verdienen“, sagt ein Mann aus Stuttgart. Er betreibt eine Teileverwertung, kauft dafür regelmäßig Motorräder auf, die er dann häufig noch abmelden muss. Und da beginnt die Misere. „Die Situation an der Zulassungsstelle hat sich noch verschärft“, so der Gewerbetreibende. So stehe ihm kein separater Abmeldeschalter mehr für die regelmäßigen Besuche in der Feuerbacher Krailenshaldenstraße zur Verfügung. „Ich würde ja stattdessen gerne Termine machen, aber da kommt man nicht durch und hat teils monatelange Vorläufe“, sagt er. Und bestätigt damit die Erfahrungen, die viele Stuttgarter machen, wenn sie in der Krailenshaldenstraße vorstellig werden müssen.

 

Inzwischen hat sich vor dem Gebäude ein kleines Geschäftsfeld für verschiedene Beteiligte entwickelt. Ein Teil davon ist ja noch charmant – nämlich, dass dort bei schönem Wetter regelmäßig ein Eiswagen vorfährt, um die Wartenden bei Laune zu halten. Oder, wie es die Stadt formuliert, „um sowohl der Kundschaft als auch den Mitarbeitenden eine Abkühlung anbieten zu können“.

Doch das ist nicht alles. Diverse Zulassungsdienste werben direkt vor der Tür für ihren Service und bieten Entnervten an, den Gang für sie zu übernehmen. „Da wird man direkt angesprochen“, schildert ein Kunde. Die Preise lägen bei 80 bis 100 Euro. „Weil die Stadt es nicht schafft, den Leuten einen halbwegs vernünftigen Service anzubieten, sind hier jetzt die Geschäftemacher unterwegs“, kritisiert der Mann. Das könne doch nicht die Lösung sein.

Dagegen vorgehen kann man nicht. „Einige Zulassungsdienste akquirieren ihre Kunden auch dadurch, dass sie Wartende vor dem Gebäude gezielt ansprechen und den Zulassungsservice anbieten“, sagt Stadtsprecher Martin Thronberens. „Die Dienststelle hat hier keine Handhabe, um dagegen vorzugehen. Es liegt in der Entscheidung der Wartenden, ob sie die zusätzlichen Gebühren bezahlen wollen“, so Thronberens.

Online-Termine gibt es nicht überall

Die einzige Möglichkeit, solche Geschäfte im Keim zu ersticken, wäre eine grundsätzliche Verbesserung der Situation. Doch das ist schwierig. Bei der Digitalisierung kommt man nicht so recht voran. Und die Personallage bleibt angespannt. Auf ihrer Internetseite warnt die Stadt mögliche Besucher schon einmal vor. „Für Vorsprachen in der Kfz-Zulassungsstelle benötigen Sie nicht zwingend einen Termin. Sofern Sie jedoch ohne Termin erscheinen, müssen Sie sich möglicherweise auf erhebliche Wartezeiten, insbesondere am frühen Morgen, einstellen“, heißt es dort. Eine Garantie, dass man bedient werde, könne nicht geben werden. Und: „Bei hohem Publikumsaufkommen behält sich die Dienststelle vor, die Antragsannahme vorzeitig zu schließen oder zu unterbrechen. Um Wartezeiten zu vermeiden, empfehlen wir daher weiterhin eine frühzeitige Terminvereinbarung.“

Was die betrifft, ist für viele Bürger schon verwirrend, dass das Prozedere bei der Führerscheinstelle einerseits und bei der Zulassungsstelle andererseits sich unterscheidet, obwohl sie am selben Standort untergebracht sind. Bei der Zulassungsstelle kann man ohne Termin kommen, aber auch Termine telefonisch oder online vereinbaren. Der Vorlauf dafür beträgt derzeit etwa vier Wochen. „Dadurch, dass die Kfz-Zulassungsstelle zum Großteil wieder auf die Laufkundschaft umgestellt hat, bildet sich jeden Morgen vor Dienstbeginn eine größere Schlange an Wartenden. Im Laufe des Vormittages reduziert sich die Anzahl wieder“, so Thronberens. In den letzten Wochen und Monaten habe man die Wartenden aber bis auf „einige wenige Ausnahmen“ tagesaktuell bedienen können.

Hunderte Versuche am Telefon

Für die Führerscheinstelle braucht es dagegen zwingend einen Termin, den man nur telefonisch bekommen kann. Viele Betroffene beklagen, dass dafür oft Hunderte Versuche notwendig seien, manchmal trotzdem ohne Erfolg. Doch auch, wenn man durchkommt, braucht es noch viel Geduld. „Abhängig von der gewünschten Leistung werden Termine mit einem Vorlauf von etwa fünf bis 14 Wochen vergeben“, sagt Stadtsprecher Thronberens.

Die Stadt betont, für gewerbliche Kunden biete man einfachere Zugänge. „Für Zulassungsdienste und Autohäuser gibt es bei der Kfz-Zulassungsstelle seit Jahren einen speziellen Händlerschalter. Die gewerblichen Kunden legen täglich eine Vielzahl von Vorgängen zur Bearbeitung vor“, so Thronberens. Dadurch entlaste man die Privatkundenschalter. Die gewerblichen Kunden bekämen separate Termine zugeteilt, um ihre Vorgänge abgeben zu können. Für Privatkunden gebe es schon seit längerer Zeit keinen separaten Abmeldeschalter mehr. „Dafür können Privatkunden auch online abmelden, was leider nur selten genutzt wird“, heißt es bei der Stadt.

Lebhafter Personalwechsel

Die versucht, gegenzusteuern. Und zumindest beim Personal scheint die Lage nicht ganz so verzweifelt wie in manchen Bürgerbüros, mit denen sich mittlerweile eine Taskforce im Rathaus beschäftigt. In der Führerscheinstelle befinden sich zurzeit sechs Mitarbeitende in der Einlernphase. Vier weitere folgen am 1. September. Sie ersetzen allerdings großteils bereits seit längerem ausgeschiedene Mitarbeitende.

In der Zulassungsstelle sind derzeit 4,3 von 49,2 Stellen unbesetzt. Diverse Leute werden gerade neu eingelernt, weitere Zu- und Abgänge in den nächsten Wochen stehen schon fest. Es gibt also viel Wechsel – und eine Ausschreibung für beide Bereiche, die bis Mitte September läuft. „Es bleibt abzuwarten, wie sich die Bewerberlage entwickelt“, heißt es im Amt für Öffentliche Ordnung. Auf längere Sicht soll auch ein neues Gebäude die Bedingungen für beschäftigte und Kunden verbessern.

Bis dahin bleibt es wohl bei Warteschlangen. „Man muss das besser organisieren“, sagt ein Wartender frustriert, „was man anbietet, sollte auch funktionieren.“