Offshore-Parks im großen Stil: Ein schwäbischer Windmüller will die Nordsee erobern.

Wolfschlugen/Bremerhaven. Am Ende zählt die Rendite. Wer bei einem Flug im Privatflieger von Willi Balz (50) abstürzt, liest als letzte Worte: Eigenkapitalrendite 18,2 Prozent. Der Chef der Windreich AG mit Sitz in Wolfschlugen hat auf den Flügel seiner Maschine, die Platz für acht Passagiere bietet, die Leistung des Windparks Wolgast ausrechnen lassen. Unterm Strich stehen 18,2 Prozent. Man sieht die Zahl, wenn man aus dem Fenster des Fliegers blickt. "Windmüller sind die Milliardäre der Zukunft", sagt Willi Balz.

Am vergangenen Donnerstag hat sich der Bundestag von der Kernkraft verabschiedet. Bis 2020 soll der Anteil des Stroms aus erneuerbaren Energien von derzeit 18 Prozent auf 35 erhöht werden. Balz glaubt, dass nun die Stunde des Winds schlägt. "Fotovoltaik war nichts, ist nichts und wird auch nichts mehr", behauptet er.

Bis 2030 sollen im Meer vor den deutschen Küsten so viele Anlagen entstehen, dass dort innerhalb eines Jahres so viel Strom produziert werden kann wie in 20 Atomkraftwerken - diese bringen es auf eine Leistung von rund 25000 Megawatt. "Ein ehrgeiziges Ziel", sagt Uwe Leprich, Energieexperte an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) des Saarlands. Denn bisher geht der Ausbau der Offshoreanlagen langsam voran. Die Windparks, die bisher am Netz sind, bringen zusammen lediglich 150 Megawatt Leistung. Experten bezweifeln, dass sich der Zeitplan der Regierung realisieren lässt. Als wichtigsten Grund dafür nennt das Marktforschungsunternehmen wind:research die hohen Kosten, die ein Windpark in Anspruch nimmt.

Pro Park werden 1,6 Milliarden Euro investiert

Die Windreich AG rechnet für einen Park mit 80 Anlagen Õ 5-Megawatt Leistung mit Investitionskosten von 1,6 Milliarden Euro. Allein die Genehmigung der Fläche kostet an die 100 Millionen. Einen Teil des Kapitalbedarfs holt sich das Unternehmen am Anleihemarkt. Das Unternehmen legt eine Anleihe auf mit einem Volumen von 75 Millionen Euro und einer Laufzeit von fünf Jahren, Zeichnungsbeginn ist der heutige Montag. Das Papier wird an der Stuttgarter Börse im Segment Bond-M gehandelt. Die Ratingagentur Creditreform bewertet die Bonität der Windreich AG als "stark befriedigend" (BBB+).

Willi Balz hat sich einen Tag frei genommen. Sonst arbeitet er lieber. "16 Stunden am Tag. Da schaffe ich weg, wofür andere eine Woche brauchen." Für die Anleihe macht er eine Ausnahme und führt seine Anlagen vor. Er dreht am Modell-Windrad in seinem Büro im Firmensitz über dem Rewe in Wolfschlugen, später fliegt er nach Bremerhaven und zeigt die riesigen Hallen, in denen die Areva Wind GmbH die Anlagen für die Windreich AG baut. Die einzige Schwachstelle seines Unternehmens sei die Öffentlichkeitsarbeit, sagt er: "Die Menschen wissen gar nicht, was wir hier leisten." Eigentlich ist ihm das egal. Nur jetzt nicht. Da möchte er die Anleger überzeugen. "Nur Offshorewind kann die Energiemengen produzieren, die man in Zukunft braucht."

Darum sichert sich der ehemalige Immobilieninvestor seit Jahren Flächen vor der Nordseeküste. "Mein Fehler im Onshorebereich war, dass ich nicht aggressiv genug Flächensicherung betrieben habe", sagt er. Die Windreich AG ist bereits seit 1999 am Markt aktiv und hat bisher rund 600 Windkraftanlagen errichtet. Den Fehler vom Festland will er auf dem Meer nicht wiederholen. Für drei Windparks hat die Windreich AG die Genehmigungen, eine vierte stehe kurz bevor, sagt Balz. In Planung befinden sich insgesamt 22 Flächen. Ab 2012 möchte Balz jedes Jahr einen Park bauen. Gemessen an der installierten Leistung spricht ihm das Marktforschungsunternehmen wind:research einen Marktanteil von 35,3 Prozent zu. Mehr als dem Wettbewerber Bard (9,8 Prozent).

Global Tech 1 soll 2013 ans Netz gehen

Irgendwann, so die Vision der Windreich AG, könnten die Anlagen von der Nordsee zu einem gigantischen Nordseekraftwerk zusammengefasst werden. Balz träumt von einer eigenen Strommarke. "Bisher bekommt der Verbraucher allenfalls grauen Strom, selbst wenn er grünen bezahlt", sagt er. Seine eigene Strommarke wäre eine Garantie für sauberen grünen Strom.

Zunächst jedoch sieht das Geschäftsmodell die Planung und Umsetzung der Parks vor. Das heißt: Die Wind AG stellt die Parks fertig - entweder allein oder in einem Investorenverbund -, um sie anschließend zu verkaufen. Der erste Park, Global Tech 1, soll 2013 ans Netz gehen. Er umfasst 80 Windkraftanlagen und soll jährlich 1,6 Milliarden Kilowattstunden Strom liefern. Der zweite Windpark, MEG 1, ist bereits genehmigt und befindet sich in der Umsetzungsphase. Allein für die ersten beiden von 22 Projekten beläuft sich die Investitionssumme auf über drei Milliarden Euro.

Der Jahresüberschuss der Windreich AG brach im vergangenen Jahr von 14 Millionen auf 2,3 Millionen ein. "Da spiegelt sich natürlich der Ausbau unseres Offshoregeschäfts wider", sagt Matthias Hassels, Finanzvorstand der Windreich AG. Der Umsatz hingegen stieg um 31 Prozent auf 120 Millionen Euro.