Daimler drängt mit seiner Nutzfahrzeugsparte stärker nach Afrika: Durch mehr lokale Präsenz wolle man das Potenzial der Region. Foto: Daimler

Bislang investieren vor allem chinesische Firmen in Afrika. Immer häufiger nehmen nun auch deutsche Unternehmen den Kontinent ins Visier. Doch sie kämpfen nach wie vor mit großen Hürden.

Stuttgart - Lange spielte Afrika für die deutsche Wirtschaft kaum eine Rolle. Während chinesische Unternehmen seit der Jahrtausendwende verstärkt auf die afrikanischen Märkte drängen, blieben hiesige Firmen zurückhaltend. Doch der Trend scheint sich zu wandeln: In den vergangenen zehn Jahren haben sich die deutschen Investitionen nahezu verdoppelt. Auch der Handel erlebte einen Aufschwung, heißt es vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft. Und immer mehr deutsche Großunternehmen kündigen an, jenseits des weit industrialisierten Südafrikas investieren zu wollen.

So hat Bosch vor einigen Wochen angekündigt, sein Engagement in Afrika auszuweiten – auch im Bergbausektor wolle man künftig tätig werden. Und das, obwohl Experten nach dem drastischen Verfall der Rohstoffpreise ein schwaches Jahr für Afrikas Minen erwarten. Immerhin: Die Wirtschaftsforscher vom Internationalen Währungsfonds und der Weltbank gehen für die kommenden zwei Jahre von einem Wachstum von 4,25 und 5,1 Prozent aus. Damit bleibt die Region trotz der Probleme im Bergbau auch für deutsche Investoren attraktiv – zumindest dann, wenn die nicht auf schnelle Renditen angewiesen sind.

Bosch und Daimler weiten ihr Engagement in Afrika aus – auch jenseits des weit industrialisierten Südafrikas

„Afrika ist ein Kontinent der Chancen“, sagt Markus Thill, Repräsentant der Bosch-Gruppe in Afrika. Er spricht von einer wachsenden Bevölkerungszahl, einem niedrigen Altersdurchschnitt und einer steigenden Kaufkraft. „Langfristig sehen wir dort sehr großes Potenzial.“ Schon jetzt beschäftigt Bosch rund 800 Mitarbeiter auf dem Kontinent. Seit ziemlich genau 100 Jahren ist das Unternehmen in Afrika präsent – mittlerweile mit Niederlassungen in zehn afrikanischen Ländern. Und das Geschäft läuft offenbar gut: 2014 habe das Unternehmen einen Umsatz von rund 350 Millionen Euro in Afrika gemacht, 2015 wuchs der Umsatz zweistellig, heißt es von Bosch. Hat man sich bislang in Afrika vor allem auf Zulieferungen für die Automobilindustrie, auf Verpackungstechnik, Sicherheits- und Energietechnik konzentriert, sollen künftig alle Geschäftsbereiche des Unternehmens erschlossen werden, sagt Thill.

Auch Daimler drängt mit seiner Nutzfahrzeugsparte verstärkt nach Afrika. Erst kürzlich eröffnete das Unternehmen zwei neue Regionalzentren in Kenia und Südafrika. „Wir sind wild entschlossen, den afrikanischen Kontinent nicht allein unseren Wettbewerbern zu überlassen“, sagt Daimler-Vorstand für Nutzfahrzeuge, Wolfgang Bernhard, mit Blick auf chinesische und indische Unternehmen. Nur etwa ein Prozent der Daimler-LKWs werden derzeit in Afrika verkauft – langfristig werde man die Marktanteile aber ausbauen.

Korruption, Instabilität, mangelnde Energieversorgung – diese Faktoren prägten lange das Negativ-Image der afrikanischen Märkte

Immer wieder stand Afrika in der Vergangenheit bei Investoren auf dem Plan – tatsächlich wurden Investitionen aber nur selten realisiert. „Afrika hatte jahrelang ein schlechtes Image, gerade in Europa“, sagt Markus Thill. Korruption, politische Instabilität, mangelnde Energieversorgung – vor allem solche Herausforderungen für Investoren prägten lange das Negativ-Image. Seit wenigen Jahren ändere sich das, sagt Thill.

Der Ditzinger Maschinenbauer Trumpf ist eben wegen solcher Hürden bislang eher verhalten, was ein Engagement in der Region angeht. Dies hänge auch mit gegenwärtigen Entwicklungen und Krisen zusammen, etwa dem Ausbruch des Ebola-Virus oder dem Erstarken des Terrorismus, teilte das Unternehmen mit. „Trumpf bewegt sich mit seinen Hochtechnologie-Produkten im Werkzeugmaschinen- und Laserbereich vergleichsweise am Ende der Wertschöpfungskette, was zunächst das Vorhandensein von Basisindustrien für die nachgelagerte Produktion voraussetzen würde“, sagt ein Unternehmenssprecher. Bislang ist man daher vor allem in Südafrika und in Ägypten aktiv – in Zentralafrika gibt es bislang einfach zu wenig Industrie.

Afrikanische Länder haben großen Aufholbedarf – das birgt Chancen für Unternehmen

Andere Unternehmen aus der Region sind optimistischer – und ziehen den Großen nach: So kündigte der Stuttgarter Kabelhersteller Lapp erstmals an, neben einer Niederlassung in Südafrika nun auch ein Zentrum in Westafrika aufbauen zu wollen. Die Planungen stünden aber noch am Anfang, sagt ein Sprecher der Lapp Gruppe unserer Zeitung. „In Afrika sehen wir aber auf jeden Fall großes Potenzial – auch, weil viele der Länder großen Aufholbedarf haben.

Zum Beispiel im Bereich der Elektrizitätssysteme. Rund 70 Prozent der Menschen in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara fehlt eine stabile Stromversorgung. Etwa 80 Milliarden Euro Investitionen werden in den kommenden 20 Jahren in diesem Bereich wohl nötig sein, heißt es vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft. „Es ist jetzt eine dringende Aufgabe von Afrika, die Energieversorgung aufzubauen“, sagt auch Bosch-Afrikaexperte Thill. „Das birgt ja auch wieder Chancen für uns.“

Energieversorgung und Infrastruktur als chancenträchtige Bereiche

Darauf setzt auch der Heidenheimer Maschinenbauer Voith. Seit Jahren ist der Konzern an Wasserkraftprojekten in Afrika beteiligt. „Energieerzeugung durch Wasserkraft spielt eine zentrale Rolle bei der positiven Entwicklung des Kontinents“, sagt eine Unternehmenssprecherin.

Genau in Bereichen wie der Energieversorgung und der Infrastruktur sieht auch Stefan Liebing vom Afrika-Verein die größten Chancen für deutsche Unternehmen. „China ist hier seit Jahren aktiv – wir sind da sehr spät dran“, sagt Liebing. Und fordert ein Umdenken: „Deutsche Unternehmen wollen oft Produkte verkaufen – in Afrika wartet man aber auf Lösungen.“ Auch die deutsche Politik sei künftig stärker gefordert – zum Beispiel in der finanziellen Absicherung von Risiken in der Vorlaufzeit von Projekten. Zu spät sei es dafür noch nicht, sagt Liebing – zumal Chinas Wirtschaft derzeit schwächele, und dadurch auch die Investitionen in Afrika zurückgingen. „Der afrikanische Kontinent ist eigentlich der verbleibende Kontinent, der noch die Erschließung neuer Geschäftsfelder möglich macht“, sagt Liebing.

Hintergrund: Investitionen in afrikanische Märkte

Afrika als Zukunftsmarkt:

Nur knapp zwei Prozent der deutschen Exporte gehen bislang in die afrikanischen Länder südlich der Sahara.

Die deutschen Maschinenlieferungen sind seit 2005 um 65 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro gestiegen. Insgesamt machen Maschinen und Anlagen aus Deutschland 20 Prozent der Exporte nach Afrika aus.

Südwest-Firmen sind in Afrika bislang dennoch sehr zurückhaltend: Nur 1,7 Prozent der Ausfuhren gingen im Jahr 2014 auf den Kontinent.

Bislang investiert vor allem China stark in den afrikanischen Markt: Im Tausch gegen Marktzugänge und Rohstoffe versorgen die Chinesen immer mehr afrikanische Staaten mit Krediten und initiieren Großprojekte zum Aufbau von Infrastruktur.

Das größte wirtschaftliche Potenzial Afrikas sind bisher die Rohstoffe –und zunehmend auch deren Verarbeitung.