Soll die EnBW zum Ökostromanbieter umstrukturiert werden, muss viel Geld in die Hand genommen werden. Nach internen Planungen geht die EnBW von etwa 1,5 Milliarden Euro aus. Einen Teil des Geldes hofft der Konzern vom Land zu bekommen. Foto: dpa

Der Umbau der EnBW zum Öko-Unternehmen kostet wohl mehr als 1,5 Milliarden Euro.

Stuttgart/Karlsruhe - Der Umbau des Karlsruher Energiekonzerns EnBW vom Atomstromer zum Öko-Unternehmen kostet nach internen Planungen mehr als 1,5 Milliarden Euro. Das Geld soll sowohl von Mitarbeitern als auch von den Großaktionären - dem Land Baden-Württemberg und dem Kommunalverband OEW - aufgebracht werden. Außerdem will der Konzern Beteiligungen vor allem im Ausland verkaufen. Als entscheidend werten Unternehmenskreise die Haltung der neuen grün-roten Landesregierung. Sie habe noch nicht entschieden, ob sie die EnBW zu einem größeren Stadtwerk zusammenschrumpfen oder den von EnBW-Chef Hans-Peter Villis angestrebten europaweiten Ausbau mittragen will.

Stromanbieter ist klamm - Großaktionäre sollen helfen

Durch den Atomausstieg und der folgenden Abschaltung von zwei seiner vier Meiler sowie die neue Brennelementesteuer ist der Konzern klamm. Zum Halbjahr hatte er einen Verlust von 590 Millionen Euro bekanntgegeben. „Wir wissen, was wir wollen, aber wir sind finanziell gehemmt“, erklärte ein Insider. Deshalb sollen die Großaktionäre beispringen. Rund 800 Millionen Euro sollen sie beisteuern, damit das Unternehmen wieder handlungsfähig wird.

Dies sei auch eine Frage der Gerechtigkeit gegenüber den Mitarbeitern, heißt es im Unternehmen. Beim Personal sollen durch Verzicht auf freiwillige Leistungen und Nichtbesetzung freiwerdender Stellen 250 Millionen Euro eingespart werden. Eine Strukturreform soll weitere 500 Millionen Euro bringen. Auch die Unternehmensführung will ihren Beitrag leisten.

Finanzminister Schmid  gegen Kapitalerhöhung

Der Vorstoß von Villis, den Spielraum durch eine Kapitalerhöhung zu erweitern, war bei Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) auf Widerstand gestoßen. Deshalb wird jetzt nach anderen Wegen gesucht. Die OEW, die wie das Land 46,5 Prozent der Anteile hält, könnte aus ihren Rücklagen dem Konzern eine Kapitalspritze in Form von stillen Beteiligungen geben. Dafür gibt es nach EnBW-Kreisen bereits positive Signale.

Das Land könnte seinen Anteil durch einen Verzicht bei den Ausschüttungen leisten. Allerdings sind diese Gelder bereits verplant. Damit sollen die Zinsen für den Kaufpreis von EnBW gezahlt werden. Der frühere CDU-Ministerpräsident Stefan Mappus hatte die Anteile kurz vor dem Atomausstieg vom französischen Energiekonzern EDF für knapp 4,7 Milliarden Euro übernommen.

Schrumpfung nicht mit EnBW-Chef Hans-Peter Villis

An die künftige Ausrichtung des Konzerns soll Villis auch seine Zukunft in der Führungsetage geknüpft haben. Eine Schrumpfung auf Stadtwerkgröße werde er nicht mittragen, heißt es aus Unternehmenskreisen. Von den Aktionären erwarte er bis Ende des Jahres eine Ansage, ob sie an ihm festhalten. Sein Vertrag läuft im Herbst 2012 aus.

Rendite aus Offshore-Windparks erhofft

Angesichts der Finanzsituation sieht die Planung vor, vor allem in Projekte zu investieren, die eine gute Rendite versprechen. Hier werden an erste Stelle Offshore-Windparks genannt. EnBW hat im Mai den ersten kommerziellen Park in der Ostsee eröffnet, ein zweiter ist projektiert, zwei weitere Lizenzen für Bauten in der Nordsee abgeschlossen. Gute Geschäfte sieht der Konzern auch in der Türkei, Tschechien, der Schweiz und Österreich.

Diese Auslandsgeschäfte könnten sich jedoch mit den Zielen der Landesregierung schneiden, die auf eine schnelle Energiewende in der eigenen Region setzt - vor allem mit dem Bau von Windparks. Angesichts der überschaubaren Mittel müssen die Aktionäre jetzt die Prioritäten setzen.

Damoklesschwert Kreditwürdigkeit

Als Damoklesschwert über der EnBW sehen Finanzexperten dessen Kreditwürdigkeit. Der Konzern könnte sein „A-Rating“ verlieren. Damit würde die Zinsbelastungen für die Schulden von mehr als acht Milliarden Euro steigen und die finanzielle Anspannung vergrößern. Um an Geld zu kommen, setzt EnBW deshalb auch auf Verkäufe. Im Gespräch sind der österreichische Versorger EVN sowie polnische Unternehmen.

Beim deutsch-schweizerischen Energiedienst könnten ebenfalls Anteile abgegeben werden. Die Mehrheit will EnBW allerdings behalten. Große Hoffnung setzt der Konzern auch auf eine Partnerschaft mit dem russischen Gazprom-Konkurrenten Novatek, über die noch in diesem Jahr entschieden werden soll.