In der LEA Ellwangen leben derzeit rund 420 Flüchtlinge – hier ein Bild vom März dieses Jahres. Foto: dpa

Langfristig sollen im Südwesten nur noch vier Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben. Gleichzeitig wollen die Behörden abe flexibel bleiben.

Stuttgart - Baden-Württemberg reagiert auf die aktuell rückläufige, aber schwer kalkulierbare Zahl von Flüchtlingen mit einem Unterbringungskonzept, das ein flexibles Nachsteuern ermöglicht. Dies geht aus einem Entwurf hervor, den Landesinnenminister Thomas Strobl am Mittwoch der Öffentlichkeit vorstellte. Danach soll die Zahl der Erstaufnahmeeinrichtungen – derzeit sind 15 in Betrieb – in den kommenden Jahren deutlich reduziert werden: Neben einem Ankunftszentrum in Heidelberg ist in jedem der vier Regierungsbezirke jeweils nur noch eine LEA vorgesehen, und zwar in Karlsruhe, Ellwangen, Sigmaringen und Freiburg. Daneben will man in Tübingen und Giengen an der Brenz Unterbringungskapazität vorhalten für den Fall, dass wieder mehr Flüchtlinge kommen.

Im vergangenen Oktober hat Baden-Württemberg 1500 Flüchtlinge aufgenommen. Im selben Monat des Vorjahres waren es noch 17000 gewesen. Für das gesamte Jahr 2016 rechnen die Behörden mit 33.000 bis 35.000 Flüchtlingen, das ist gerade mal ein Drittel der 98.000 Asylsuchenden, die im Jahr 2015 ins Land gekommen waren. Doch Strobl will vorsorgen: „Ein Wiederansteigen ist angesichts der weltweiten Fluchtbewegungen nicht vollkommen auszuschließen.“ Das Ziel sei deshalb ein flexibles, atmendes System, das sich an den konkreten Zugangszahlen orientiert. Die finanziellen Auswirkungen lassen sich laut Innenministerium noch nicht beziffern.

Von 34 000 auf 16 000 Plätze

Ab dem Jahr 2020 stünden damit bis zu 8000 Plätze bei einer Regelbelegung und bis zu 16.000 Plätze bei einer maximalen Belegung zur Verfügung. Aktuell beträgt die Kapazität rund 34.000 Plätze. Im Ankunftszentrum in der Heidelberger Patrick-Henry-Village sind nach dem neuen Konzept künftig bis zu 3500 Plätze vorgesehen, in Karlsruhe können 1000, in Ellwangen 700, in Sigmaringen 1250 und in Freiburg bis zu 800 Flüchtlinge unterkommen. In der Übergangszeit bis 2020 werde das Land die Kapazität „behutsam“ zurückfahren, heißt es. Von nun an nicht mehr benötigt werden unter anderen die Plätze in der Stuttgarter Ehmannstraße, in Ulm sowie in Rottenburg-Ergenzingen. Diese Standorte sollen „schnellstmöglich“ aufgegeben werden.

Ellwangen protestiert

Die vorgesehene LEA in Herrenberg werde nicht realisiert, heißt es in dem Konzept. Ein Neu- beziehungsweise Umbau der Liegenschaften scheide wegen der hohen Kosten auch in Schwäbisch Hall sowie in Mannheim aus. Die Kunst sei, so viel Kapazität vorzuhalten, dass eine erneute Flüchtlingswelle bewältigt werden kann, ohne dass der Rechnungshof teure Leerstände moniert, heißt es im Innenministerium. Das neue Konzept soll nun mit den Vertretern der betroffenen Kommunen besprochen werden. In Ellwangen, dessen LEA über 2019 hinaus in Betrieb gehalten werden soll, erntete die Landesregierung bereits Protest. OB Karl Hilsenbek sagte, er fühle sich überrumpelt, da die Stadt in die Pläne bisher nicht einbezogen worden seien. Der Ellwangener CDU-Abgeordnete und Fraktionsvize im Landtag, Winfried Mack, forderte das Land gegenüber unserer Zeitung auf, den Vertrag mit der Stadt einzuhalten. Danach dürfen dort maximal 1000 Flüchtlinge wohnen, und die Lea soll Ende 2019 aufgegeben werden. Mack: „Eine Verlängerung ist nur in gegenseitigem Einvernehmen möglich.“ Beide müssten deshalb nun miteinander reden.

In Schwetzingen, das als Alternative zu dem bestehenden Ankunftszentrum in Heidelberg geprüft werden soll, regt sich ebenfalls Protest. Das Kasernengelände sei dafür nicht vorstellbar, sagte OB René Pöltl. Karlsruhes OB Frank Mentrup hingegen zeigte sich erfreut über den Verbleib einer LEA in seiner Stadt. Dass darüber hinaus eine Einrichtung für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge wie etwa Mütter etabliert werden soll, sei eine „sehr gute Nachricht“.