Das Paar Monika und Barbara Prell hofft nicht nur auf die Ehe für alle, sondern auch, dass irgendwann auch ein Ruck durch die Kirche geht. Denn zu einer Ehe gehört für die gläubigen Christinnen auch das Ja-Wort vor Gott.
Zuffenhausen - Es ist eine blöde Frage, aber sie hören sie immer wieder: „Erlaubt das Gott denn?“ Barbara und Monika Prell antworten dann: „Gott erlaubt alles.“ Ein gleichgeschlechtliches Paar, das dazu noch gläubig ist, passt vielen Menschen nicht in ihr Weltbild, auch vielen Christen nicht. Eines, das gerne kirchlich heiraten würde, noch viel weniger. Doch die Prells glauben, dass Gott „keine Schubladen mag“.
Wenn man durch das Wohnzimmer von Barbara (53) und Monika (47) Prell geht, gelangt man in ihren Garten. Das Gras ist nicht gemäht, die kleine Wiese wild, ein Paradies für Bienen und Hummeln. So mögen sie ihn, ihren kleinen Garten. Hier sitzen sie gern unter dem roten Sonnenschirm, grillen mit Freunden. In ihrer Wohnung in Zuffenhausen hängen keine Regenbogenfahnen, sie tragen keine T-Shirts mit politischen Statements und sie gehen auch nicht auf den Christopher Street Day (CSD). „Das ist uns nicht wichtig“, sagt Monika Prell. Die Inhalte seien es natürlich, doch sie möchten sie nicht so laut formulieren.
Hoffnung, dass auch die Kirche umdenkt
Monika und Barbara Prell sagen, sie sind verheiratet. Wenn sie von einander sprechen, dann immer als „meine Frau“. Doch auf dem Papier sind sie nach jetzigem Recht eine eingetragene Lebenspartnerschaft. Wenn an diesem Freitag der Bundestag über die Ehe für alle abstimmt, werden sie gespannt die Nachrichten verfolgen. Wird sie beschlossen, können sie ihre Partnerschaft rechtlich, wenn man es so sagen will, zur Ehe aufwerten.
„Es ist eine sehr schöne Wendung. Wir haben die gleichen Pflichten, wir möchten auch die gleichen Rechte“, sagt Barbara Prell. Das Paar legt noch eine weitere Hoffnung in diese Veränderung. „Vielleicht ist das eine Eintrittskarte, auf dass auch die Landeskirchen sich aufmachen“, sagt die 53-Jährige.
Die Segnung geht ihnen nicht weit genug
Die Kreuze, die die beiden Frauen um den Hals tragen, sind keine Modeaccessoires. Sie sind gläubige Christinnen, evangelisch von Haus aus. Und sie wünschen sich eine Sache ganz besonders: eine kirchliche Trauung. Als vor knapp zwei Monaten die evangelischen Kirchengemeinden Zuffenhausen, Feuerbach und Oswald-Wolfbusch der Initiative Regenbogen beigetreten sind und damit auch die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare ermöglichen, haben sich die Prells gefreut. Doch das gehe ihnen noch nicht weit genug. „Die Möglichkeit der Segnung ist schön, aber mir stößt bitter auf, dass wir auch in der Kirche noch immer Menschen zweiter Klasse sind“, betont Barbara Prell.
Sie sagen, sie sind eine ganz normale Familie. Monika und Barbara Prell haben sich bei der Arbeit kennengelernt und sich ineinander verliebt. „Ich habe sie gesehen und gewusst: Das ist sie“, sagt Monika Prell. Ihre Lebenspartnerschaft haben sie bereits nach vier Monaten eintragen lassen. Sieben Jahre ist das nun her. „Das ist, wie ich leben möchte,“ unterstreicht Monika Prell.
Zu dieser Normalität gehört auch ihr Glaube. Den Gottesdienst besuchen sie nicht in der Zuffenhäuser Gemeinde, sondern in Stuttgart Mitte. Ihr spirituelles Zuhause haben sie vorerst in der Metropolitain Community Church (MCC) in Stuttgart gefunden. Die MCC trägt den Zusatz „Kirche für alle“, und als solche versteht sie sich auch. Die gleichnamige, weltweit agierende Dachorganisation für ein Netzwerk von protestantischen Freikirchen wurde 1968 in den USA in Los Angeles von dem evangelischen Theologen Troy Perry gegründet. In einer Zeit, als Homosexuelle von Kirchen große Ablehnung erfahren hatten, wollte Perry einen christlichen Zufluchtsort für sie schaffen.
„In den Bibelkreisen ist man immer der Sonderling“
In der MCC-Gemeinde können sich homosexuelle Paare trauen lassen. Für die Prells, die sich dort sehr willkommen fühlen und den Gottesdienst fast jede Woche besuchen, bleibt jedoch ein Aber: „Ich finde eine Kirche schöner“, sagt Barbara Prell. „Wir sind evangelisch und würden niemals aus der Kirche austreten. Für mich ist das meine Identität, darauf bin ich stolz“, ergänzt Monika Prell.
Manchmal stellt sich ihnen aber eine ganz weltliche Frage: „Wozu sollen wir Kirchensteuer zahlen, wenn man nur toleriert, aber nicht akzeptiert wird?“ Mit der Landeskirche haben sie es versucht, aber es hat sich selten gut angefühlt. „In den Bibelkreisen ist man immer der Sonderling. Manche Menschen können damit nicht so gut umgehen“, sagt Barbara Prell. Sich häufig erklären zu müssen, koste sie viel Kraft.
Nur in den Gottesdienst zu gehen, reicht beiden nämlich nicht. Mit Freunden, darunter sind auch heterosexuelle Paare, haben sie einen eigenen Bibelkreis. Dort sprechen sie auch über Alltagsthemen. Einig sind sie sich dabei, dass man zwar ein Gesetz durchboxen kann, nicht aber einen Sinneswandel in der Kirche. „Es muss noch viel passieren, aber das braucht Zeit und Geduld“, sagt Barbara Prell. Sie hofft, dass unterschiedliche Lebensentwürfe für die nächste Generation normal sein werden.