In Baden-Württemberg werden Lehrer gesucht. (Symbolfoto) Foto: dpa

Wegen Lehrermangels tritt die Kultusministerin bei zentralen Bildungsvorhaben wie dem Ausbau der Ganztagsschulen und der Inklusion auf die Bremse. Dafür hagelt es Kritik von allen Seiten.

Stuttgart - Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hat mit ihrer Ankündigung, zentrale Bildungsprojekte wegen Lehrermangels auf Eis zu legen, Kritik ausgelöst. Verbände, Gewerkschaften und Kammern reagierten am Mittwoch entsetzt. Sie forderten die grün-schwarze Landesregierung auf, mehr Lehrerstellen zu finanzieren. Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) sieht im laufenden Verfahren zum Haushalt keine Möglichkeit mehr, der Kultusministerin mehr Geld geben. Sie sieht nun die Regierungsfraktionen am Zug. Doch eine schnelle Lösung des Konflikts zeichnete sich zunächst nicht ab.

Eisenmann hatte am Dienstag angekündigt, den geplanten Ausbau der Ganztagsschule und der Inklusion ab dem Schuljahr 2017/2018 aussetzen zu wollen, weil Lehrer fehlten. Bei der Inklusion geht es um die Einbeziehung behinderter Schüler in den regulären Unterricht. Zudem werde die Einführung des Faches Informatik ab Klasse 7 in weiterführenden Schulen auf Eis gelegt, sagte Eisenmann. Die Grünen sehen Eisenmann in der Pflicht, die Projekte umzusetzen.

Keine Unterstützung aus der grün-schwarzen Koalition?

Finanzministerin Sitzmann räumte zwar ein, dass das Kultusministerium 2017 rund 1000 Stellen abbauen müsse. Es bekomme aber auch fast 600 Stellen mehr. Das sei von der Haushaltskommission beschlossen und von den Regierungsfraktionen bestätigt worden. „Über die Priorisierung der neuen Stellen hat die Kultusministerin selbst so entschieden. An mir wird es nicht scheitern, diese Stellen anderswo einzusetzen.“ Insgesamt bekomme das Kultusministerium etwa ein Drittel der strukturellen Mehrausgaben für 2017, das seien 46 Millionen Euro.

Vize-Regierungschef Thomas Strobl (CDU) und CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart sagten, dass die CDU Vorschläge zur Gegenfinanzierung eingebracht habe. Darüber sei mit den Grünen aber keine Einigkeit erzielt worden. „Wenn man gemeinsam entscheidet, muss man auch gemeinsam die Konsequenzen tragen“, sagte Strobl. Der Etatentwurf soll am Dienstag ins Kabinett und im Dezember in den Landtag eingebracht werden. In den Beratungen sind noch Änderungen möglich.

SPD-Fraktionschef Andreas Stoch, der Eisenmanns Vorgänger als Kultusminister war, sagte der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart, die Ministerin bekomme offensichtlich in der grün-schwarzen Koalition keine Unterstützung. Stoch wandte sich zugleich gegen Eisenmanns Vorwürfe, dass die Misere auf die grün-rote Vorgängerregierung zurückzuführen sei, weil diese die Projekte nicht durchfinanziert habe. Eisenmann hatte geklagt, das Kultusministerium müsse im nächsten Jahr 1074 Stellen einsparen. Die Zahl setze sich zusammen aus 633 Stellen, die bereits Grün-Rot beschlossen habe, und aus 441 Stellen, die im Rahmen der Haushaltskonsolidierung nötig seien.

Nach Stochs Angaben war die Streichung der 633 Stellen aber mit der klaren Maßgabe verbunden, dass es dann keinen Qualitätsverlust im Unterricht gebe. Damals sei man noch von sinkenden Schülerzahlen ausgegangen - nun stiegen sie aber wieder an. „Wir hätten bei der Aufstellung des Haushalts 2017 entschieden, dass keine Stellen gestrichen werden.“ FDP-Bildungsexperte Timm Kern sagte, es sei gut, dass Eisenmann die Probleme öffentlich thematisiere. „Nicht allein die Kultusministerin, auch die Grünen als Koalitionspartner stehen jetzt in der Pflicht, Lösungsvorschläge zu unterbreiten.“

„Geld wächst nicht auf Bäumen“

Der Landeschef des Verbandes Bildung und Erziehung, Gerhard Brand, teilte mit: „Lehrerstellen dürfen nicht gestrichen, sondern müssen zusätzlich eingerichtet werden.“ Die Landeschefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Doro Moritz, sagte, die Kultusministerin könne sich nicht einfach über beschlossene Reformprojekte hinwegsetzen

Landesarbeitgeberpräsident Rainer Dulger sprach von einer falschen Weichenstellung für die Zukunftsfähigkeit des Landes. Auch Andreas Richter von den Industrie- und Handelskammern meinte: „Das Land hat sich Digitalisierung auf die Fahnen geschrieben. Das passt nicht zusammen damit, den weiteren Ausbau des Informatikunterrichts schleifen zu lassen.“

Rückendeckung bekam Eisenmann indes von CDU-Generalsekretär Manuel Hagel. „Klar ist: Geld wächst nicht auf den Bäumen und die Haushaltsdisziplin genießt oberste Priorität“, erklärte Hagel. „Wir sind froh, mit Frau Ministerin Eisenmann eine profilierte Bildungspolitikerin zu haben, die Tag und Nacht alles dafür tut, Baden-Württemberg wieder zur Nummer 1 im Bildungsbereich zu machen und dabei die Finanzen nicht aus dem Blick lässt.“