Neben dem bestehenden Hochhaus an der Ludwigsburger Königsallee soll ein neues Heim entstehen. Foto: factum/Granville

Die Mietpreise explodieren. Studenten finden kaum noch bezahlbare Wohnungen. Vor allem in Ludwigsburg und Stuttgart-Vaihingen gibt es zudem viel zu wenig Wohnheimplätze. Lösung ist kaum in Sicht.

Ludwigsburg - Ihre Nerven liegen blank. Die Studentinnen der Pädagogischen Hochschule Silvia M. (22) und Andrea S. (20, Namen geändert) haben alles versucht: Anzeigen auf Onlineportalen durchforstet, Aushänge am Schwarzen Brett, Kleinanzeigen. Auf der Warteliste des Studierendenwerkes stehen sie seit Monaten. Doch sie finden keine Wohnung. „Ich muss jeden Tag von Esslingen herpendeln“, sagt Andrea S. Vom Studentenleben in Ludwigsburg bekommen die beiden kaum etwas mit.

So wie den zwei jungen Frauen geht esTausenden Studenten in den Region. Vor allem in Ludwigsburg ist die Lage besonders angespannt. Das räumt auch Melanie Westphal ein, die Sprecherin des Studierendenwerkes Stuttgart. „Auf der Warteliste stehen insgesamt 2300 Studierende“, sagt sie. 145 davon wollten nach Ludwigsburg. Doch die Wohnheime sind belegt: Insgesamt gibt es in der Stadt 886 Plätze, davon 674 im Studentendorf und 192 im Wohnheim, dazu kommen private Einrichtungen. Die Zahl der Studenten an den vier Hochschulen steigt rapide: Vor drei Jahren waren es noch gut 9000, aktuell haben sich mehr als 10 200 immatrikuliert.

Es fehlen 400 Wohnheimplätze in Ludwigsburg

Derzeit gibt es nur für neun Prozentder angehenden Akademiker in Ludwigsburg Wohnheimplätze. Noch dramatischer ist die Lage in der Landeshauptstadt, vor allem am Campus Vaihingen gibt es große Engpässe, obwohl dort 3300 Wohnheimplätze verfügbar sind. Eher entspannt hat sich die Lage hingegen in Esslingen: Für die dortige Hochschule mit Außenstelle in Göppingen seien die 900 Plätze ausreichend, erklärt Melanie Westphal.

Im Ludwigsburger Rathaus ist das Problem bekannt. „Die Klagen der Hochschulen bekommen wir immer wieder zu hören“, sagt der Sozialbürgermeister Konrad Seigfried. Man gehe von 400 fehlenden Plätzen in der Stadt aus, das habe auch das Studierendenwerk selbst erkannt. Die Stadtverwaltung versucht seit Jahren, mit der Kampagne „Heimvorteil“ durch Rabatte in Kneipen oder Geschäften Studenten dazu zu bringen, ihren Erstwohnsitz in Ludwigsburg anzumelden. Mit mäßigem Erfolg, obwohl die stadteigene Wohnungsbaugesellschaft WBL im Stadtteil Grünbühl sogar günstige Wohnungen angeboten hat.

Neubau soll 230 Plätze bringen

Das war aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Das Studierendenwerk will jetzt gegensteuern und einen Neubau auf dem Campus Königsallee mit 230 Plätzen errichten. „Es sind Vierer- und Sechser-Wohngemeinschaften geplant“, sagt die Sprecherin Melanie Westphal. Dabei wird auch ein Hochhaus aus den 60er Jahren einbezogen, wodurch weitere 70 Wohnmöglichkeiten entstehen. Ein zweites Projekt ist ein neues Wohnheim in Eglosheim an der Eduard-Spranger-Straße mit 59 Plätzen. Langfristig soll eine Flüchtlingsunterkunft in der Nähe der Pädagogischen Hochschule mit 120 Plätzen für Studenten genutzt werden. Zudem gibt es gewerbliche Investoren, die etwa auf dem Bleyle-Areal55 Einheiten planen.

Der Sozialbürgermeister Konrad Seigfried verweist auch auf private Initiativen: „Es gibt zum Beispiel in Pflugfelden zwei Gebäude, die als Geschäftsmodell an Studierende vermietet werden.“ Um die Lage zu entzerren, sind derzeit 30 Studenten der Filmakademie und 100 der Hochschule für Verwaltung und Finanzen nach Stuttgart ausgelagert: Sie sind im Wohnheim Rosensteinstraße einquartiert.

Kurzfristig helfen die Pläne nicht

In Stuttgart will das Studierendenwerk ebenfalls neu bauen. „Wir bevorzugen landeseigene Grundstücke“, erklärt die Sprecherin Melanie Westphal. Angesichts der steigenden Grundstückspreise sei es fast nicht möglich, günstigen Wohnraum auf gekauften Flächen zu errichten.

Es wird also an vielen Stellen etwas getan. Das Problem ist nur: Neubauten brauchen Zeit. Frühestens im Jahr 2020 könnten die jungen Menschen in Ludwigsburg tatsächlich einziehen. Für Silvia M. und Andrea S. wäre das viel zu spät: „Bis dahin ist unser Studium schon vorbei.“

Wie teuer sind Studentenwohnungen?

Freier Markt
Die steigenden Immobilienpreise machen Studenten die Wohnungssuche schwer. In Stuttgart hat sich laut Mietspiegel der Quadratmeterpreis seit 2011 auf 21 Euro verdoppelt: Damals zahlte man noch 300 Euro für eine Bleibe mit 30 Quadratmetern, nun sind es 600. In Ludwigsburg werden 15 Euro je Quadratmeter verlangt, so kostet die gleich große Wohnung dort 450 Euro.

Studierendenwerk Deutlich günstiger sind die Wohnheimplätze des Studierendenwerkes, das 65 000 Studenten rund um Stuttgart betreut. Zwischen 200 und 390 Euro betragen die Mieten, der Höchstwert ist für Einzelapartments zu bezahlen. Dabei handelt es sich allerdings um Warmmieten inklusive aller Nebenkosten – damit können die Bewohner langfristig kalkulieren und müssen nicht mit steigenden Strompreisen oder Müllgebühren rechnen.

Private Wohnheime Sowohl in Stuttgart als auch in Ludwigsburg gibt es private Betreiber. So bietet das Haus Athena des Marbacher Unternehmers Jürgen Kiefer auf der Ludwigsburger Karlshöhe 286 Zimmer zwischen 365 und 415 Euro an. Ein weiteres Gebäude ist das ehemalige Adolf-Reichwein-Haus in der Eduard-Spranger-Straße Eglosheim, der sogenannte Tower, betrieben von der Freiburger Firma Consell GmbH. Er umfasst 220 Einheiten.