Frank Dehmer blickt zurück und kommt zu dem Ergebnis: so geht es nicht mehr weiter. Foto: Pressefoto Horst Rudel/Horst Rudel

Zwei Jahre nach seiner Wiederwahl hat der Rathauschef von Geislingen überraschend seinen Rücktritt angekündigt. Wen er dafür verantwortlich macht, sagt er deutlich.

Eigentlich ist es bei der Klausurtagung des Geislinger Gemeinderats am Samstag um eher harmlose Dinge gegangen: kleinere Projekte und die bessere Beteiligung von Bürgern. Dann aber endete die Veranstaltung mit einem Paukenschlag: der Oberbürgermeister Frank Dehmer kündigte seinen Rücktritt an. Zum 30. Juni 2025 werde er seine Entlassung beantragen, sagte der parteilose Kommunalpolitiker. Er habe sich diese Entscheidung wohl überlegt. Sie sei kein Schnellschuss. Dann ging das Gremium betreten auseinander.

 

Inzwischen hat Dehmer auch die Bürger informiert. Auf der Internetseite der Stadt veröffentlichte er am Dienstag eine ausführliche Erklärung. „Ich hätte gerne noch weitergemacht, aber irgendwann kommt jeder an seine Grenzen, und ich werde nicht darauf warten, bis ich diese überschritten habe und es zu spät ist“, sagte der 51-Jährige. Vor zwei Jahren war er mit 58,3 Prozent wiedergewählt worden.

Binder sieht „kein zerrüttetes Verhältnis“

Ausdrücklich lobte Dehmer die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern im Rathaus. Geballt seien Probleme über die Stadt hereingebrochen, aber man habe sich diesen Herausforderungen gemeinsam gestellt. Gleichzeitig habe er aber das Gefühl gehabt, dass der große Einsatz, den Verwaltung und Bürgermeister gezeigt hätten, nicht ausreichend gesehen werde – vor allem im Gemeinderat. „Wohlgemerkt“ meine er nicht das gesamte Gremium, aber einige Mitglieder, die sich nach der Neubesetzung des Gremiums in Folge der Kommunalwahl in diesem Jahr noch mehr in den Vordergrund gedrängt hätten. Namen nannte Dehmer allerdings nicht.

Vertreter des Gemeinderats zeigten sich überrascht über die Ankündigung – vor allem zu diesem Zeitpunkt. Nach seinem Empfinden habe sich das Verhältnis zwischen Gremium und OB zuletzt wieder verbessert, sagte der SPD-Stadtrat und Landtagsabgeordnete Sascha Binder unserer Zeitung. „Wir sind in schwierigen Fragen am Ende oft zu einstimmigen Entscheidungen gekommen.“ Als Beispiel nannte er die für viele schmerzhafte Fusion der beiden Gymnasien als Folge einer missglückten Schulsanierung. Dehmer sei deutlich entspannter gewesen. Er sehe kein grundsätzlich zerrüttetes Verhältnis.

Kein gutes Verhältnis zum Landrat

Dehmer erklärte hingegen, er sehe keine Möglichkeit, wie Gemeinderat und Verwaltung in absehbarer Zeit wieder zusammenfinden könnten. Dies hätten ihn die vergangenen Jahre gelehrt. Deshalb mache er nun den Weg frei, damit seine Heimatstadt einen kraftvollen Neustart anstreben könne.

Der CDU-Fraktionschef Kai-Steffen Maier bedauerte Dehmers Entscheidung. Er könne sie menschlich allerdings verstehen. Nicht immer sei von allen sachlich diskutiert worden. „Vielleicht hätten wir mal darüber reden sollen“, sagte Maier unserer Zeitung.

Vor zehn Jahren hatte Dehmer sensationell seinen Vorgänger Wolfgang Amann bei der OB-Wahl geschlagen. Doch seine Amtszeit war überschattet von zahlreichen vor allem strukturellen Problemen. Unter anderem musste die Schließung der Helfensteinklinik durch den Landkreis verkraftet werden. Dies belastete auch Dehmers Verhältnis zum Göppinger Landrat Edgar Wolff (Freie Wähler). Zwischenzeitlich unterstützte der OB auch die Ausgliederungsbewegung seiner Stadt aus dem Landkreis.

Wie es weiter geht

Er bedaure den Rücktritt, habe gleichwohl davor Respekt, erklärte Wolff gegenüber der Geislinger Zeitung. Nach der Bundestagswahl kommt auf die 30 000-Einwohner-Stadt nun also noch eine zweite Wahl im Jahr 2025 zu. „Wir werden die Zeit zur Beratung nutzen, ob wir die Suche nach einem eigenen Kandidaten starten“, sagte Maier. Es sei nicht seine Art, den Brocken einfach hinzuwerfen, sagte Dehmer. Deshalb wolle er bis zum 30. Juni im Amt bleiben.