Die Wilhelma gewährt Einblicke, die Kinder sonst nicht erhalten. Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

Einmal im Jahr darf man in der Wilhelma hinter die Kulissen blicken – zum Beispiel in das gewaltige Lager, in dem die Nahrung für die 11 000 Tiere lagert. Oder auch ins Zimmer des Tierarztes.

Überlaufen von Besuchern war der Zoologisch-Botanische Garten beim „Wilhelma-Tag“ am Sonntag nicht. Die große Hitze verhinderte einen übermäßigen Zustrom. „Sobald es Temperaturen von 30 und mehr Grad hat, gehen die Leute eben doch lieber ins Schwimmbad als in den Zoo“, sagte Wilhelma-Pressesprecher Florian Pointke, der dennoch ein positives Fazit ziehen wollte: „Wir haben von all unseren Stationen durchweg positive Rückmeldungen. Von den Besuchern wurde das Programm gut angenommen. Wir hatten ein entspanntes, aber wissbegieriges Publikum.“ 

Morgenhygiene der Elefanten Schon vor der Öffnung der Pforte am Haupteingang um 8.15 Uhr warteten die ersten Gäste auf Einlass. Sei es, um auch wirklich jede Minute des „Wilhelma-Tages“ auskosten zu können, oder auch nur, um schon vor der großen Mittagshitze einen Großteil des reichhaltigen Aktionsprogrammes absolviert zu haben. Für viele der erste Anlaufpunkt war um 9 Uhr das Elefantenhaus. Der Morgenhygiene von Pama und Zella zuzusehen, entlockte den Besuchern mehrfach ein „aaahh“ und „ooohh“. Besonders als sich die beiden asiatischen Elefantenkühe im Wasserbecken ganz zur Seite fallen ließen und für eine paar Sekunden komplett unter der Wasseroberfläche verschwanden. Ganz gebannt vom Geschehen verfolgten die Geschwister Hugo (11), Margot (9) und Edgar (7) zusammen mit ihrer Mutter von der ersten Besucherreihe aus, wie die beiden Tierpfleger mit einem ordentlichen Wasserstrahl aus dem Schlauch zusätzlich die empfindlichen Hautpartien der Elefanten massierten. „So ein Elefanten-Bad hab ich noch nie gesehen“, erlebte Margot etwas für sie ganz Neues, und als „sehr witzig“ empfand es Hugo, wie sich die beiden Dickhäuter im Anschluss ans Bad an den dicken Verstrebungen ihres Geheges die Beine abschrubbten, als ob sie da etwas kratzen würde. 

Fütterungen mit Hintergrundwissen

Pama, die etwas Ältere der beiden auf die 60 Jahre zugehenden Wilhelma-Oldtimer, bekam zum Abschluss dann noch ein extra Schaumbad für ihre Füße. „Das behandeln wir täglich. Sie hat Probleme mit ein paar Abszessen am Fuß“, erläutert Tierpfleger Benjamin, der die Waschprozedur mit den beiden Elefanten zweimal täglich durchführt. „Gerade im Sommer, wenn es so heiß ist, genießen die das“, weiß der Pfleger, dass er seinen Schützlingen mit dem Badegang etwas Gutes tut – und die Wilhelma-Besucher dabei bestens unterhält.

Tierfütterungen in den verschiedensten Gehegen standen am Sonntag natürlich auch auf dem Programm. Das kann man allerdings jeden Tag in der Wilhelma erleben, doch anders als an normalen Tagen konnten die Besucher am „Wilhelma-Tag“ auch mal hinter die Kulissen schauen und einen Einblick gewinnen, wo denn die Verpflegung für die über 11 000 Wilhelma-Tiere gelagert und aufbereitet wird. Die sogenannte Futterküche ist das Reich von Christina Winckler. Seit 1989 arbeitet sie für die Wilhelma, und seit sechs Jahren leitet sie zusammen mit fünf Mitarbeitern dieses Revier. Es sieht dort aus wie in einem Großhandel, mit schier endlos vielen gefüllten Säcken an Fertigfutter und einem ständigen Kommen von frischen Materialien wie Fleisch, Fisch oder Obst und auch Pflanzenkost. „Bis auf Heu und Stroh bereiten wir hier alles auf. Das ist eine körperlich anstrengende Arbeit“, sagt Christina Winckler über die Tätigkeit in der Futterküche. Stolz ist sie, als sich neulich nach einer Besucherführung jemand als Vertreter des Wirtschaftskontrolldienstes zu erkennen gab und bescheinigte, dass es hier „sauberer als in manch einem Restaurant“ sei. „Und so sieht das hier immer aus“, ist für die Chefin der Futterküche Hygiene oberstes Gebot. 

Blick in die Krankenstation

Nicht weit davon entfernt empfing die Krankenstation die Besucher. Tierarzt Dr. Tobias Knauf-Witzens informierte über die Arbeit seiner Abteilung in und auch außerhalb der Wilhelma. Öfter, als man vielleicht denken könnte, werden die tierärztlichen Kümmerer des Zoos auch von der Polizei zu Einätzen fernab der Wilhelma gerufen wie neulich beim Einfangen eines Nando, einem australischen Laufvogel, auf der B 29. Am „Wilhelma-Tag“ demonstrierte Knauf-Witzens den Gästen den Einsatz von Blaspfeilrohren. „Damit können wir über eine Entfernung von 20 bis 25 Metern unsere Betäubungspfeile bei den Tieren anbringen, bei mit dem Gewehr abgefeierten Pfeilen geht das sogar bis zu 60 Meter weit“, erklärte der Tierarzt.

Der kleine Nicolaus staunte nicht schlecht, als der Doktor punktgenau ein Brett mit dem Blasrohrpfeil getroffen hatte. „Ich will mal Tierarzt werden. Das ist sehr spannend“, hat der Sechsjährige seine Berufswahl schon fest vor Augen. Und Nicolas‘ Mutter freut es, mit welch großem Interesse ihr Sohn bei der Sache ist. „Mit genügend Eis-Pausen halten wir den langen Tag durch. Es ist ja so viel anzuschauen“, sagt die Stuttgarterin, die nicht nur die Kinder beglückt sieht. „Es ist auch für uns Erwachsene eine tolle Sache. Schön, dass der Wilhelma-Tag nach der Corona-Zwangspause nun wieder angeboten wird.“

Die Wilhelma ist nicht nur ein Tierpark

Dass viele die Wilhelma lediglich als Tierpark wahrnehmen, ärgert Mitarbeiterinnen wie Fenja Baumgärtner insgeheim schon ein wenig. „Die meisten denken, wir sind nur ein Zoo, aber die Pflanzenwelt spielt hier auch eine große Rolle“, sagt die Wilhelma-Gärtnerin, die am Aktionstag zusammen mit einigen Kollegen eine Sonderausstellung zu Isektivoren (insektenfangende Pflanzen) betreute. Und wenige Meter weiter konnten die Besucher auch Pflanzen kaufen, was im normalen Wilhelma-Betrieb ja nicht zum Alltag gehört. „Für den Wilhelma-Tag haben wir Überbestände aussortiert. Das kommt unseren Gewächshäusern zugute, wenn dort wieder mehr Licht und Luft reinkommt“, sagt Gärtnerin Eva Augart über die Sonderverkaufsaktion. Die Einnahmen aus dem Verkauf von Kakteen, Eukalyptus und vielen weiteren Zierpflanzen kommen einem Schutzprogramm von gefährdeten Magnolienarten in Ecuador zugute. „Schön, dass wir damit ein botanisches Projekt unterstützen“, so Augart.

Ihren eigenen Strauch bastelten Mara (6) und Erik (3) am Stand der Wilhema-Auszubildenen, die dort Werbung für ihre Zunft machten und den kleinen Gästen beim Eintopfen von Pflanzensetzlingen halfen.